
Philipp Amthor
(Foto: imago images/Future Image)
Es ist ein rätselhaftes Unternehmen, für das sich Philipp Amthor nebenher engagiert hat. Und es gab einen Streit bei Augustus Intelligence, über den der CDU-Politiker letztlich gestolpert sein könnte.
Philipp Amthor steht unter Druck. Medienberichten zufolge soll er jahrelang Lobby-Arbeit für das US-Unternehmen Augustus Intelligence geleistet haben. Es geht um Vorwürfe der Bestechlichkeit und Vorteilsnahme, möglicherweise hat er gegen das Abgeordnetengesetz verstoßen. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat eine Untersuchung angekündigt. Aus dem Amri-Untersuchungsausschuss musste sich Amthor bereits zurückziehen. Kritik an seinem Verhalten kommt aus allen Parteien - bis hin zu Forderungen, er solle sein Mandat abgeben. Doch was ist das eigentlich für ein Unternehmen, für das der 27-jährige Nachwuchspolitiker seine Karriere aufs Spiel gesetzt hat? Und wie sind die Informationen darüber an die Öffentlichkeit gelangt?
"Sichere Lösungen für Künstliche Intelligenz" wolle Augustus Intelligence bereitstellen, heißt es auf der Webseite des Unternehmens. Die Vision sei es, zum "führenden Gateway" für KI-Lösungen zu werden. Zudem finden sich dort 20 Stellenausschreibungen für die Niederlassungen in New York und Paris. Als Adresse ist der 77. Stock des One World Trade Centers in New York angegeben. Ansonsten verrät die Webseite wenig. Zwei weitere Unternehmen haben ihre Büros in derselben Etage des Hochhauses an der Südspitze Manhattans als ihre Adressen angegeben: die Werbeagentur Undertone und Studio 71, eine Tochter des Medienkonzerns ProSiebenSat.1.
Chef von Augustus ist Wolfgang Haupt. Der 33-Jährige hat nach eigenen Angaben an der privaten Universität Witten-Herdecke und in Harvard Medizin studiert. Auf seinem Profil im sozialen Netzwerk Linkedin gibt er an, bereits mehrere Unternehmen gegründet zu haben. Darunter etwa "StopThirst.org", das laut Webseite Wasserfiltersysteme in Syrien, Jordanien, Westafrika und Panama installiert hat. Außerdem ist zu lesen, dass er Mitgründer eines "personalisierbaren, Direct-to-consumer-Kofferunternehmens" sei. Im Februar war Haupt zu Gast bei "Choose France 2020", einer Investorenkonferenz in Versailles. In einem Statement vor laufender Kamera sagte er damals mit eindringlicher Stimme: "Künstliche Intelligenz verändert die Welt. Jene, die sie beherrschen, werden an der Spitze sein." Außerdem kündigt er an, 50 Millionen Euro in Frankreich zu investieren und 50 neue Jobs zu schaffen.
Ein rätselhaftes Büro in München
Laut des "Spiegel"-Berichts, der Amthor in Bedrängnis gebracht hat, beschäftigte Augustus im März 2020 insgesamt 80 Mitarbeiter und gab an, Datenzentren in den USA zu betreiben, sowie Software zur Gesichts- und Objekterkennung verkaufen zu wollen. Zudem sei Spracherkennungssoftware in Planung. Die Firma stünde damit in direkter Konkurrenz zu milliardenschweren Tech-Konzernen wie Google, Amazon oder Microsoft. Begibt man sich auf die Suche nach Produkten von Augustus, ist das einzige Ergebnis eine Anwendung namens Satisfaction.ai, die einen Chatbot für Kundendienste zur Verfügung stellt. Entwickelt hat die Software einem Bericht des "Handelsblatts" zufolge ursprünglich jedoch ein Startup namens XBrain, das von französischen und belgischen Entwicklern 2012 im Silicon Valley gegründet wurde. Demnach gehört XBrain seit 2020 zu Augustus.
Auf der Webseite von Satisfaction.ai gibt es ein paar Informationen über Augustus, die auf der Firmenhomepage nicht zu bekommen sind. Augustus sei ein "transnationales Unternehmen" mit Niederlassungen im kalifornischen Menlo Park, München und Paris. In sozialen Netzwerken lässt sich nur eine Person dem Büro in Frankreich zuordnen. Das ist auch gleichzeitig die einzige Person, die bei Linkedin überhaupt eine Verbindung zu Augustus angibt. Für das in der Gründer- und Startup-Szene wichtige soziale Netzwerk ist das angesichts der Selbstdarstellung von Augustus als "transatlantisches Unternehmen" mindestens bemerkenswert.
Auch bezüglich des Büros in München bleiben Fragen offen. Im Handelsregister findet sich tatsächlich eine "Augustus Intelligence GmbH", deren Geschäftsführer ein Mann namens Daniel Braun sein soll. Eine Person mit dem gleichen Namen gibt bei Linkedin an, für die Unternehmensberatung Roland Berger tätig zu sein. Das würde zu den Verbindungen von Augustus Intelligence passen, die dem "Spiegel"-Bericht zufolge den Ex-Chef von Roland Berger, Charles-Edouard Bouée, zum "President in charge of Business Affairs" gemacht hatten. Die "Augsburger Allgemeine" hat sich an der angegebenen Adresse im Münchener Stadtteil Maxvorstadt umgesehen. Ein Briefkasten, Klingelschild oder gar Büro von Augustus war dabei aber offenbar nicht zu finden.
Neben Bouées Namen taucht in einer älteren Version der Augustus-Homepage auch der Name des ehemaligen deutschen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg auf. Er ist demnach "President in charge of General Affairs" und hält dem "Spiegel" zufolge als Aktionär 1,7 Prozent der Anteile. Neben Amthor, der als Aufsichtsrat fungierte und statt eines Gehalts Anteilsoptionen erhielt, ist es der zweite Name eines prominenten deutschen Politikers bei Augustus.
Guttenberg soll es dem Bericht zufolge auch gewesen sein, der zwei Managern der Firma im Dezember vergangenen Jahres die Kündigung ausgesprochen habe. Der Vorwurf gegen Marco Pacelli und Ed Crump lautete demnach: Sie hätten eine Konkurrenzfirma aufgebaut. Seither überziehen sich beide Seiten mit Klagen. Guttenberg soll die beiden als "Diebe" und "Feinde" bezeichnet haben. Die beiden Ex-Manager nennen ihren ehemaligen Arbeitgeber demnach "erpresserisch und betrügerisch". Und dieser Streit könnte letztlich auch Amthor zum Verhängnis geworden sein.
"Kein Produkt und weder substanzielle Kunden noch Einnahmen"
Aus einer Klage, die vor einem New Yorker Gericht eingereicht wurde, zitiert der "Spiegel": "Ziehen Sie den Vorhang beiseite", dann werde sichtbar, dass die Geschäftspraktiken von Augustus Intelligence von "Betrug, Illegalität und Korruption durchdrungen" seien. Augustus Intelligence sei eine "illegitime Organisation", schreiben die Anwälte der beiden Ex-Manager. Es gehe bei der Firma darum, dass sich, "ihr hochrangiges und politisch vernetztes Führungspersonal bereichern und sich vor Konsequenzen für ihr Gebaren schützen kann". Die Kläger schreiben zudem, die angeblich innovativen Produkte, mit denen Augustus geworben habe, seien "aus öffentlich verfügbaren Programmiercodes zusammengehauene" Demoversionen gewesen. "In Wahrheit", so zitiert der "Spiegel" die Klage der Ex-Mitarbeiter, "hatte die Firma das behauptete Funding nicht, hatte auch kein Produkt und weder substanzielle Kunden noch Einnahmen."
Nicht wenige Beobachter vermuteten anfangs, dass die Hinweise auf Amthors Nebenjob aus der CDU gekommen sein könnten - von einem Konkurrenten etwa, der Amthor schaden wollte. Das hätte dazu gepasst, dass der Politiker wenige Tage vor Bekanntwerden der Vorwürfe geäußert hatte, dass er Vorsitzender des CDU-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern werden wolle. Es wäre eine aussichtsreiche Position für einen künftigen Posten als Ministerpräsident - der jüngste in der deutschen Geschichte. Auf den ersten Blick könnte das Begehrlichkeiten geweckt haben.
Aber wer in der CDU hätte ein Interesse, Amthor ernsthaft zu schaden? Gerade im Landesverband MV hat die Partei nicht viele prominente Politiker mit einer ähnlich steilen Karriere zu bieten. Und so heißt es auch aus CDU-Kreisen, dass der Hinweis zu Amthors Nebenjob nicht aus der Partei gekommen sei - zumal man dort ja gar keinen Zugriff auf die Dokumente gehabt haben könne, die das Ganze belegen. Vielmehr sei die Information von Augustus gekommen. Dort habe es Streit gegeben, weiß man bei den Christdemokraten. Und das wiederum passt zum Krach zwischen Guttenberg und den beiden Ex-Managern.
Denn es ist zumindest denkbar, dass Crumps und Pacelli nach ihrem Rauswurf Rachegelüste hatten. Und es ist auch nicht auszuschließen, dass sie wussten, dass ihr "Peiniger" Guttenberg möglicherweise eines Tages zurück in die Politik will und sie ihn mit Korruptions- und Betrugsvorwürfen empfindlich treffen und dem Unternehmen insgesamt schaden könnten. Umso mehr gilt das natürlich für den Aufsichtsrat der Firma, der gleichzeitig aktiver Politiker ist: Philipp Amthor.
Quelle: ntv.de