Walter-Borjans im "Frühstart" "Wir brauchen eine Fortschrittserzählung"
01.10.2021, 11:26 UhrDie Jamaika-Gespräche der Union mit Grünen und FDP nimmt SPD-Chef Walter-Borjans offenbar nicht besonders ernst. Die Union wisse ja noch nicht einmal, von wem sie geführt werde.
Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans freut sich auf die Sondierungsgespräche mit den Grünen und der FDP. "Die Sonntage haben es ja im Moment in sich. Der eine war noch Wahl-Sonntag, jetzt haben wir Sondierungs-Sonntag", sagte Walter-Borjans im "Frühstart" von ntv. Bis zum vergangenen Sonntag habe jeder Wahlkampf gemacht und sein Programm vertreten. Jetzt gehe es darum, eine Vertrauensbasis zu schaffen und gemeinsame Schnittmengen zu finden.
"Wir wissen übereinstimmend, dass wir eine Fortschrittserzählung brauchen", so der SPD-Chef über die drei Parteien. "Wir wollen für eine Spitzen-Infrastruktur in Deutschland sorgen, wir brauchen bessere Bildung, wir brauchen schnellere Verfahren." Das alles werde viel kosten. "Und das weiß die FDP genauso wie wir, dass man das nur mit Mehreinnahmen ohne Kreditaufnahme lösen kann, und darüber müssen wir reden." Zu den Grundsätzen der SPD gehöre es, die ganze Gesellschaft anzusprechen. "Klimaschutz ist extrem wichtig in den nächsten Jahren. Aber wenn der nicht auf dem Boden eines Sicherheitsgefühls der Menschen erfolgt, dann werden die nicht mitgehen. Das heißt, das soziale Element, faire Löhne, bezahlbare Mieten, sichere Renten, wird ein wichtiges Thema sein."
Die Jamaika-Verhandlungen in Konkurrenz zu den Ampel-Sondierungen nimmt Walter-Borjans offenbar nicht besonders ernst. "Dass CDU/CSU im Moment locken, erheitert manch einen, da die ja nicht mal wissen, in welcher Kombination sie auftreten, ob sie ein oder zwei Parteien sind." Die Union habe auch nicht abschließend geklärt, ob der Kanzlerkandidat auch der ist, der "vorne anstehen soll". Das sähen auch die möglichen Partner, die jetzt angesprochen werden. Deswegen bleibe er gelassen und warte die eigenen Gespräche ab.
Dass das Amt des Bundespräsidenten zum Spielball der Sondierungen werden könnte, hält Walter-Borjans für nicht angemessen. "Jetzt zu sagen, und dann ist ein Beitrag, den die SPD leisten kann, die Abgabe des Bundespräsidenten, das wird dem Amt nicht gerecht." Er selbst habe Frank-Walter Steinmeier seinerzeit ermuntert, seine Bereitschaft für eine Wiederwahl zu erklären. Gerüchten zufolge wäre die SPD bereit, das Bundespräsidialamt den Grünen anzubieten, wenn man damit im Gegenzug das Bundeskanzleramt sichern könne. Ähnliche Überlegungen gibt es dem Vernehmen nach bei der Union.
Das vielfach kritisierte Gruppenbild der SPD-Bundestagsfraktion, bei dem von den über 200 Mitgliedern des Bundestages kaum jemand eine Maske trug, verteidigte Walter-Borjans. "Für das Foto ist nur kurz die Maske abgenommen worden. Doch Vorsicht ist weiter geboten, die Pandemie nicht vorbei."
Quelle: ntv.de, cwi