Talk über Union bei Lanz ntv-Experte Bremer: "CDU will nicht regieren"
01.10.2021, 04:51 Uhr
"Laschet und die CDU sind abgewählt worden", sagt Heiner Bremer.
(Foto: imago images/teutopress)
Die Koalitionsverhandlungen sind im vollen Gange, Grüne und FDP drängen in die Regierung - nur wer ist der Dritte im Bunde? Die Union sollte es nicht sein, findet ntv-Experte Heiner Bremer. Peter Ramsauer von der CSU sieht das anders und denkt sogar über eine Fortsetzung der GroKo nach.
Bei der CDU hängt der Haussegen mächtig schief. Den Eindruck bekommt man zumindest, wenn man das Agieren der Partei in den letzten Tagen betrachtet. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet gratuliert Wahlsieger Olaf Scholz per Brief, der erst Tage nach der Wahl ankommt. Auf der Fraktionssitzung am Dienstag wird Fraktionschef Ralph Brinkhaus nur für ein halbes Jahr gewählt. Und noch immer hat die Partei Schwierigkeiten, öffentlich über ihre Wahlniederlage zu reden. Das macht bei Markus Lanz auch dem stellvertretenden Unions-Fraktionschef Thorsten Frei zu schaffen. "Die SPD hat die meisten Stimmen bekommen, und wenn Sie so wollen, dann hat sie damit auch die Wahl gewonnen", sagt er in der Sendung.
Ex-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer von der CSU verklausuliert noch mehr: "Niemand steht an allererster Stelle. Scholz hat einen Vorsprung. Wenn er das sagt, ist das legitim." Aber der Vorsprung betrage ja schließlich nur anderthalb Prozent. Das mag ntv-Politikexperte Heiner Bremer nicht gelten lassen. Der ehemalige FDP-Kommunalpolitiker macht klar: "Wenn es eine Wahl gibt, gibt es einen Sieger und einen Verlierer. Ich habe nicht gelernt, dass man mindestens fünf oder zehn Prozent vorne liegen muss, damit man Sieger ist." Die SPD stelle die stärkste Fraktion, damit sei sie Wahlsieger. "Laschet und die CDU sind abgewählt worden."
"Beim Sozi weiß man, was man hat"
Peter Ramsauer spricht sich in der Sendung klar gegen die Ampel aus. Die Union habe mehr Gemeinsamkeiten mit der FDP. Die stelle die Freiheit an die allererste Stelle. Die meisten Grünen hätten eine antiliberale Grundhaltung. Eine Jamaika-Koalition könne er sich trotzdem vorstellen, sagt er - um dann leicht ironisch mit Blick auf die Grünen hinzuzufügen: "Da müsste man dann schauen, wie man die domestiziert." Jamaika sei besser, als in die Opposition zu gehen, sagt Ramsauer, der aber auch einer Großen Koalition etwas abgewinnen zu können scheint. "Bei einem anständigen Sozi, da weiß man, was man hat", verkündet er.
Thorsten Frei sieht das völlig anders. "Nach acht Jahren GroKo fällt es schwer zu glauben, dass es da noch einen Fundus an Gemeinsamkeiten gibt." Das sieht Heiner Bremer ähnlich: "Eine Große Koalition will keiner mehr", sagt der langjährige Moderator des RTL-Nachtjournals. Möglich sei nur eine Ampel oder Jamaika. Doch für die schwarz-grün-gelbe Koalition sieht er wenig Chancen. So habe die FDP der Union für Samstag Gespräche angeboten, doch die Union wollte nicht und habe den Termin auf Sonntag verschoben. "Man hat den Eindruck, dass die Union gar nicht mehr regieren will", sagt er.
"Laschet momentan der richtige Parteivorsitzende"
Unklar ist nach Bremers Ansicht auch die Zukunft von CDU-Chef Armin Laschet. "Der Eindruck bei möglichen Koalitionspartnern muss doch jetzt sein, dass sie vielleicht mit einer Union verhandeln müssen, die keine Führung hat."
Darauf angesprochen, antwortet Fraktionsvize Thorsten Frei recht nebulös. Es sei im Moment eine komplexe Situation eingetreten für seine Partei und für das Land. Aber klar sei: "Laschet ist momentan der richtige Parteivorsitzende." Wie lange der Moment anhalten wird, sagt er nicht. Zur Wahl von Ralph Brinkhaus zum "Fraktionsvorsitzenden auf Zeit" erklärt Frei, man müsse jetzt erst einmal klären, ob es möglich sei, "Politik für unser Land zu machen. Wenn das nicht möglich ist, werden wir uns neu sortieren und neu aufstellen müssen. Dann werden die Karten neu gemischt."
Peter Ramsauer war zunächst nicht recht mit der Fraktionssitzung zufrieden: "Ich habe da nur noch mit dem Kopf geschüttelt." Sinn sei gewesen, nach einem möglichen Scheitern von Koalitionsgesprächen jemanden zu wählen, der nicht nur Fraktionschef, sondern auch Oppositionsführer und in vier Jahren der nächste Kanzlerkandidat sein könne.
Was den nächsten Unions-Kanzlerkandidaten angeht, äußert dann noch Heiner Bremer eine These, die seit einigen Tagen schon die Spatzen von den bayerischen Dächern pfeifen. Mit Blick auf Bayern sagt er, Ministerpräsident Markus Söder sei eher an einer Ampelkoalition interessiert, denn die CSU in Bayern sei immer noch stark. "Wenn er jetzt noch die nächsten Landtagswahlen gewinnt, wäre bei der nächsten Bundestagswahl Söder der geborene Kanzlerkandidat."
Quelle: ntv.de