
Der schwäbische CDU-Abgeordnete Joachim Pfeiffer sieht sich kritischen Fragen ausgesetzt.
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Nach den mutmaßlichen Korruptionsfällen in der Unionsfraktion rückt das generelle Verhältnis der Union zur Wirtschaft immer stärker in den Fokus. Kritik gibt es am Wirtschaftsrat der CDU. Hinzu kommen Vorwürfe gegen einzelne Abgeordnete.
Die in den Umfragen taumelnde Union sieht sich mit weiteren kritischen Berichten über ihr Verhältnis zu Unternehmen und Verbänden sowie zu Nebenverdiensten von Abgeordneten konfrontiert. Ein Thema an diesem Mittwoch ist der schwäbische Abgeordnete Joachim Pfeiffer, der seine Tätigkeit als Abgeordneter laut "Zeit" eng mit unternehmerischen Aktivitäten verknüpft haben soll. Ein anderes Thema ist der Verein "Wirtschaftsrat der CDU", der auf Parteivorstandsebene mitspricht, obwohl es sich um eine Interessensgruppe von Unternehmern handelt und nicht um eine Parteigliederung.
Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, darf Vereinschefin Astrid Hamker, die Co-Eignerin der Unternehmensgruppe Piepenbrock ist, qua Amt als "ständiger Gast" an den CDU-Vorstandssitzungen teilnehmen. Das ist zwar offiziell und bekannt, wird aber im Zusammenhang mit den jüngsten Affären um Maskenbeschaffung und Aserbaidschan-Lobbyismus in neuem Licht bewertet.
Lobbycontrol rügt Mitsprache von Unternehmern
Am Montag, als das Parteigremium unter anderem einen neuen Verhaltenskodex beschloss, um in der Maskenaffäre aus der Defensive herauszukommen, war Hamker dem Bericht zufolge ebenfalls dabei. Sie habe den Teilnehmern mitgeteilt, dass sie aus der Wirtschaft höre, dass viele sich Richtung FDP orientieren würden, wenn die CDU sich nicht auf ihren Markenkern Wirtschaft besinne. "Ein Lobbyverband mit Sitz im Parteivorstand ist ein Unding", sagt deshalb Christina Deckwirth, Sprecherin von Lobbycontrol, der "Süddeutschen Zeitung". Der Wirtschaftsrat stehe "für einseitigen Lobbyismus im Machtzentrum der CDU".
Der Verein warf den Lobbyismus-Vorwurf entschieden zurück. Er stelle der CDU die Expertise seiner Mitglieder zur Verfügung. Vize-Präsident des Vereins ist Friedrich Merz, der bis vor einem Jahr Aufsichtsrat des Vermögensverwalters Blackrock Deutschland war. Weitere Präsidiumsmitglieder sind Miteigentümer oder Vorstände von Schwergewichten wie Eon, SAP, die Würth-Gruppe, der Warburg-Bank oder Villeroy & Boch.
Im Vereinspräsidium sitzt auch Hugo Fiege, der langjährige frühere Firmenchef der gleichnamigen Spedition. Das Unternehmen aus dem Nachbarwahlkreis von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat vor einem Jahr ohne Ausschreibung einen Auftrag in niedriger dreistelliger Millionenhöhe zur Maskenlogistik erhalten. Der Vorgang stößt bei der Opposition auf Argwohn.
Keine Trennung zwischen Mandat und Firma?
Die große persönliche Nähe zwischen Unternehmen und Partei hatte die CDU stets als ihre Stärke und Ausweis ihrer Wirtschaftskompetenz begriffen. Sowohl im Zusammenhang mit der parlamentarischen Meinungsbildung vor Gesetzgebungsverfahren als auch mit öffentlichen Aufträgen kann diese Nähe aber auch anders bewertet werden.
Nähe ist derzeit auch ein Problem für den CDU-Abgeordneten Joachim Pfeiffer. Dessen Wahlkreisbüro und seine Beratungsfirma Dr. Joachim Pfeiffer Consulting haben nach "Zeit"-Recherchen" die gleiche Telefonnummer. Pfeiffer hat demnach nach seinem Einzug in den Bundestag zwei Firmen gegründet, neben der Consulting-Firma auch die Maconso GmbH. Pfeiffer soll dabei räumlich und personell nicht getrennt haben, sodass von Steuergeld finanzierte Büros und Mitarbeiter offenbar auch für Unternehmenstätigkeiten genutzt wurden. Pfeiffer bestreitet das auf "Zeit"-Nachfrage.
Verhaltenskodex soll Klarheit schaffen
In der laufenden Legislaturperiode entfallen von 25,1 Millionen Euro Nebenverdiensten, die Abgeordnete bis zum vergangenen Sommer gemeldet haben, 14,3 Millionen Euro auf Unionsabgeordnete und weitere 5,8 Millionen auf die FDP-Vertreter. Nach der Maskenaffäre beschloss der CDU-Bundesvorstand am Montag einen Verhaltenskodex für Amts- und Mandatsträger auf allen politischen Ebenen. Darin heißt es: "Mitglieder, die die Partei oder ihr Mandat für selbstsüchtige Zwecke missbrauchen, verstoßen gegen die Grundsätze der CDU. Sie müssen das Mandat aufgeben und unsere Partei unverzüglich verlassen."
Der Verhaltenskodex sieht unter anderem vor, dass sämtliche Nebentätigkeiten oder auch Mitgliedschaften in Vorständen und Aufsichtsräten offenzulegen sind, auch wenn diese unentgeltlich erfolgen. Gleiches könnte für Gewinnanteile, Aktienoptionen oder Unternehmensbeteiligungen gelten. Schon Kandidaten müssen demnach solche Tätigkeiten angeben und sich verpflichten, die Regeln einzuhalten.
Quelle: ntv.de