Viele Extremisten auf freiem Fuß Zahl offener Haftbefehle wieder rückläufig
13.06.2021, 01:28 Uhr
Hinter diesen Zäunen und Mauern müssten in Deutschland eigentlich deutlich mehr Menschen sitzen, aber ihre Haftbefehle werden nicht vollstreckt.
(Foto: picture alliance / JOKER)
In Deutschland werden zuletzt deutlich mehr Haftbefehle vollstreckt, als ausgesprochen werden. Das ist erstmals seit Jahren der Fall. Allerdings sind noch immer mehr als 170.000 Menschen auf freiem Fuß, obwohl sie eigentlich in Haft gehörten. In einem Bundesland ist die Diskrepanz besonders groß.
Die Zahl der offenen Haftbefehle ist in Deutschland zum ersten Mal seit mehreren Jahren deutlich gesunken. Mit Stand 31. März 2021 waren 173.407 Personen zur Fahndung ausgeschrieben. Ein Jahr zuvor waren es noch 192.801 nicht vollstreckte Haftbefehle. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Grünen im Bundestag hervor, die den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt. Es geht um Festnahmen aufgrund einer Straftat, aufgrund eines Fehlens beim Gerichtstermin oder Haftantritt sowie um Fälle von bevorstehenden Abschiebungen. In einigen Fällen stehen auch gewaltbereite Extremisten auf den Fahndungslisten.
Vor allem in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ist die Zahl der offenen Haftbefehle demnach besonders deutlich zurückgegangen. In Nordrhein-Westfalen innerhalb eines Jahres von 32.908 auf 25.831 Fälle, in Baden-Württemberg von 21.724 auf 12.910 Fälle. Mit 32.919 offenen Haftbefehlen sind in Bayern mit Abstand am meisten Personen im polizeilichen Informationssystem zur Fahndung ausgeschrieben.
Größter Rückgang in Baden-Württemberg
Die Innenexpertin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, sagte gegenüber den Funke-Zeitungen: "Es ist wirklich gut, dass die Zahl der nicht vollstreckten Haftbefehle erstmals seit Jahren zurückgegangen ist. Gut 173.000 sind immer noch eine hohe Zahl, aber es zeigt sich, dass der öffentliche Druck, Haftbefehle zu vollstrecken nicht ohne Konsequenzen geblieben ist." Es reiche nicht, Haftbefehle auszusprechen, wenn "man die Härte, die man damit ausstrahlen möchte bei der Vollstreckung vermissen lässt", sagte Mihalic mit Blick auf die mehr als 30.000 offenen Haftbefehle in Bayern. "Das von der CSU regierte Bayern hat wirklich ein massives Vollzugsproblem."
Laut Regierungsantwort sind auch 602 Rechtsextremisten zur Fahndung aufgrund eines nicht vollstreckten Haftbefehls ausgeschrieben, berichten die Funke-Zeitungen. Nicht immer werden diese allerdings aufgrund einer politischen Straftat gesucht. Insgesamt sind zum Stichtag 31. März 2021 sogar Haftbefehle von 7611 politisch motivierten Straftätern nicht vollstreckt. Ein Großteil, so die Bundesregierung in der Antwort, gehe jedoch auf Fahndungen ausländischer Behörden zurück, etwa mit Blick auf Islamisten, die mutmaßlich in Syrien an der Seite von Terrorgruppen gekämpft haben sollen.
Grünen-Politikerin Mihalic hob hervor: "Es gibt sogar eine Handvoll rechts- und linksextremistische Gefährder und relevante Personen, gegen die Haftbefehle nicht vollstreckt wurden." Hier müsse dringend geprüft werden, ob das nicht "unverzüglich nachgeholt werden kann, denn wir wissen ja nicht, ob bei ihnen schwere staatsgefährdende Straftaten in der Planung sind".
Quelle: ntv.de, als