Politik

Zerrieben zwischen IS und Armee Zivilisten in Falludscha vom Tod bedroht

Zivilisten in Falludscha werden zerrieben zwischen den Fronten: Der IS lässt sie nicht aus der Stadt heraus, die Regierungstruppen schießen in die Stadt hinein.

Zivilisten in Falludscha werden zerrieben zwischen den Fronten: Der IS lässt sie nicht aus der Stadt heraus, die Regierungstruppen schießen in die Stadt hinein.

(Foto: AP)

Im Westen des Irak bahnt sich eine Katastrophe an: Während die Armee eine Offensive auf die IS-Stadt Falludscha führt, sitzen die Menschen in der Stadt ohne Wasser und Nahrung fest. Auch im Nachbarland Syrien leiden Hunderttausende unter Belagerung.

Helfer warnen vor einer humanitären Katastrophe im Westen des Irak. In der vom IS gehaltenen Stadt Falludscha, etwa 70 Kilometer westlich von Bagdad, seien rund 50.000 Zivilisten eingeschlossen und befänden sich in einer "extremen Notlage", sagte die lokale Sprecherin des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC), Becky Bakr Abdullah. Seit Anfang der Woche läuft eine Offensive der irakischen Armee und verbündeter Milizen auf die Stadt Falludscha, die vom "Islamischen Staat" (IS) besetzt wird.

In der Region gebe es heftige Kämpfe, sagte Bakr Abdullah. "Wir sind äußerst besorgt, dass die Menschen unter Feuer geraten könnten." Sie müssten sich von getrockneten Datteln ernähren und Wasser aus dem Euphrat trinken. Es gebe Berichte über extremen Hunger. Seit September seien keine Hilfstransporte mehr in die Stadt gekommen.

Auch die UN-Nothilfekoordinatorin im Irak, Lise Grande, warnte, die Menschen in Falludscha seien in "extremer Gefahr". Nahrungsvorräte in der Stadt seien begrenzt und unter strenger Kontrolle. "Die Medikamente sind verbraucht, und viele Familien haben keine andere Wahl, als schmutziges Wasser zu trinken", erklärte Grande.

Dem NRC zufolge sind in den vergangenen Tagen rund 550 Menschen aus Falludscha geflohen. Sie ständen unter Schock. Eine Flucht sei nur unter großer Gefahr und ausschließlich nachts möglich. Es gebe Berichte, dass IS-Kämpfer Flüchtlinge attackierten, damit sie die Stadt nicht verließen, sagte Bakr Abdullah.

Hunderttausende in Syrien mangelhaft versorgt

Auch im Nachbarland Syrien droht nach Angaben der Vereinten Nationen vielen Zivilisten der Hungertod, wenn Regierungstruppen und Rebellen nicht den Zugang für Hilfskonvois erleichtern. "Es gibt zahlreiche Zivilisten im Moment, die vom Hungertod bedroht sind", sagte der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura. Bereits in den vergangenen Monaten war wiederholt von Hungertoten berichtet worden.

Jan Egeland, der Leiter humanitären Arbeitsgruppe für Hilfslieferungen in Syrien, sagte, von den eine Million Menschen, die sie im Mai auf dem Landweg mit Hilfskonvois zu erreichen versucht hätten, hätten nur 160.000 tatsächlich Hilfsgüter erhalten. Nach UN-Angaben leben 400.000 Menschen in Syrien in belagerten Städten und Gebieten, die meisten unter Belagerung der Armee von Staatschef Baschar al-Assad. Mehr als vier Millionen weitere Menschen leben in sogenannten schwer erreichbaren Gegenden nahe Kontrollposten oder Kampfgebieten.

Zahl der Kriegstoten steigt auf 280.000

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte schätzt mittlerweile, dass mehr als 280.000 Menschen in dem Bürgerkrieg getötet worden sind. Zu den Todesopfern zählten demnach 81.436 Zivilisten, darunter 14.040 Kinder und 9106 Frauen. Laut der Beobachtungsstelle wurden 48.568 nicht-dschihadistische Rebellen getötet sowie 47.095 Dschihadisten, zu denen auch Ausländer zählten. Außerdem seien 101.662 regierungstreue Kämpfer, darunter 56.609 syrische Soldaten, getötet worden. 3522 Tote konnten den Angaben zufolge nicht identifiziert werden. Die oppositionsnahe Beobachtungsstelle in Großbritannien erhält ihre Informationen von einem Netzwerk aus Aktivisten und Ärzten in Syrien. Ihre Angaben sind für Medien meist nur schwer zu überprüfen. Zuletzt hatte die Beobachtungsstelle am 23. Februar ihre Opferzahl auf mehr als 270.000 Tote heraufgesetzt.

Quelle: ntv.de, nsc/dpa/AFP

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