Politik

"Zu neoliberal" für SPD? Zoff um Amtsende des Wirtschaftsweisen Feld

Lars Feld ist seit zehn Jahren Wirtschaftsweiser.

Lars Feld ist seit zehn Jahren Wirtschaftsweiser.

(Foto: dpa)

Die Amtszeit des Chefs der Wirtschaftsweisen endet regulär Ende des Monats. Während die CDU Lars Feld unbedingt auf seinem Posten halten will, ist die SPD strikt dagegen. Es entbrennt ein großer Streit, in dem auch andere Parteien mitmischen. Feld äußert sich nun selbst zu seinem Amtsende.

Der scheidende Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, hat vor einer zu starken Einflussnahme der Politik auf das zentrale ökonomische Beratergremium der Bundesregierung gewarnt. Die Weigerung der SPD, seine Amtszeit nochmals zu verlängern, habe sicher auch mit politischen Vorstellungen mit Blick auf die Finanzpolitik zu tun, sagte der Freiburger Ökonom im Deutschlandfunk. "Man hört aus der SPD oft, dass ich ihnen zu neoliberal bin", sagte Feld, beispielsweise mit Blick auf die Schuldenbremse. "Ich finde das sehr bedauerlich."

Die Amtszeit des Wirtschaftsweisen endet nach zehn Jahren am 28. Februar. Wegen des Widerstands von Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz hatte sich die schwarz-rote Koalition weder auf die erneute Ernennung Felds noch auf einen Nachfolger an der Spitze des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) einigen können. Damit bleibt der Chefposten der umgangssprachlich "Wirtschaftsweisen" genannten Experten voraussichtlich unbesetzt, statt fünf gibt es dann nur vier Berater für die Politik.

Zwar betonte Feld, dass er den Schritt "nicht als Rauswurf" empfinde, zumal seine Amtszeit regulär ende. Zugleich sagte er, dass der Sachverständigenrat ein unabhängiges Gremium sei. "Mit dieser Politisierung wird diese Unabhängigkeit natürlich ein Stück weit geschwächt", sagte er mit Blick auf die SPD-Entscheidung. "Ich hätte mir gewünscht, dass man ganz normal und ohne Getöse sich rechtzeitig um die Personalien kümmert und dann auch die Entscheidungen trifft, die richtig sind."

Verklärung zum "ökonomischen Papst"

Doch das Getöse ist riesig. Der Streit um die Personalie artet aus. Bei Twitter hatte der CDU-Vorsitzende Armin Laschet am Dienstag Feld überschwänglich gelobt: Feld sei "einer der renommiertesten Wissenschaftler der Sozialen Marktwirtschaft". Gleichzeitig hatte er Scholz "Arroganz und Ignoranz" unterstellt. Darauf reagierte nun der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, der Laschet eine "Entgleisung" des Konflikts vorwarf. "Ich bin einigermaßen überrascht gewesen über diese Ausfälle, die Herr Laschet sich gestern geleistet hat", sagte Schneider vor Journalisten. Die Union verkläre den Vorsitzenden des Beratergremiums, Lars Feld, zum "ökonomischen Papst". Der Tweet sei "aus meiner Sicht ein Zeichen für die hohe Nervosität der Union", sagte Schneider.

Er selbst wolle sich nicht an Debatten über Felds Expertise beteiligen. Allerdings sei eine gewisse Fluktuation üblich: "Es gibt keine Dauerkarte für Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Gremien." Und weiter: "Wenn die Union Vorschläge macht, sind das alles Experten, und wenn die SPD-Vorschläge macht, sind das alles Ideologen", sagte Schneider.

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Auch die Linke keilte gegen die Union und sprach dabei von einem "Glaubenskrieg". Der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Fabio De Masi, erklärte: "Die wirtschaftspolitische Debatte in Deutschland ist manchmal reichlich weltfremd. Gegen die Corona-Krise anzusparen, hätte etwa im totalen Fiasko gemündet. Doch die Union zettelt einen Glaubenskrieg an, weil ein Anhänger der Schuldenbremse, der im internationalen Maßstab eher eine exotische Minderheitenposition vertritt, nach zehn Jahren bei den Wirtschaftsweisen ausscheidet."

Die FDP will sich im Fall einer möglichen Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl für eine Rückkehr von Feld in den Sachverständigenrat einsetzen. "Sollte Herr Feld bis zur Bundestagswahl nicht erneut in den Sachverständigenrat berufen worden sein, wird sich die FDP im Fall einer Regierungsbeteiligung mit Nachdruck dafür einsetzen, dass Herr Feld auf seinen Posten zurückkehrt", sagte Fraktionsvize Michael Theurer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Deutschland kann in dieser historischen Wirtschaftskrise nicht auf Felds außergewöhnliche Kompetenz verzichten."

Quelle: ntv.de, ara/DJ/dpa

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