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Straßenkleber härter bestrafen? Der Antrag der Union ist auch nur Kulturkampf

Hand auf Straße, Drastik auf Drastik.

Hand auf Straße, Drastik auf Drastik.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

CDU und CSU fordern härtere Strafen für die Aktivisten der "Letzten Generation", die sich auf Straßen kleben und Kartoffelbrei auf Gemälde werfen. Mit ihrem Vorstoß geht es der Union um Punkte in einem Kulturkampf, der mehr Probleme schafft als löst.

Wer schon mal im Stau stand, weil Klimaaktivisten auf der Straße klebten, wird auf den Vorstoß der Union möglicherweise mit Genugtuung reagieren: CDU und CSU fordern in einem Antrag im Bundestag, dass "Straßenblockierer und Museumsrandalierer" künftig härter bestraft werden. Bei allem Verständnis für die Wut von Autofahrern: Der Vorstoß ist hochproblematisch.

Damit es keine Missverständnisse gibt: Wer den Verkehr blockiert, gar Rettungskräfte behindert oder Kunstwerke beschädigt und sich damit strafbar macht, soll dafür zur Verantwortung gezogen werden. Aber das passiert ja längst.

Nicht Straßenblockaden empören die Unionsfraktion, sondern die "rücksichtslosen Taten selbsternannter Klimaschützer", wie es in ihrem Antrag heißt. Damit geht es der Union nicht um die Tat, sondern um die Motive der Aktivisten. Das erinnert schon ziemlich an "woke" Identitätspolitik, nur eben ins Konservative gedreht. Kein Unionspolitiker käme auf die Idee, Traktor-Proteste von Landwirten ähnlich zu bewerten oder gar unter Strafe stellen zu wollen. Und ja, die Trecker-Demos sind in der Regel angemeldet, die Klebe-Aktionen nicht. Aber wenn Blockaden generell böse und gefährlich sind, dann spielt dieser Unterschied keine Rolle.

Wie eine Instrumentalisierung wirkt auch der in der Debatte im Bundestag mehrfach vorgebrachte Verweis auf den schrecklichen Tod einer Radfahrerin in Berlin. Völlig zu Recht sagte Anja Umann, die Zwillingsschwester der getöteten Radfahrerin Sandra Umann, dem "Spiegel" in einem sehr berührenden Interview, es verletze sie, wie ignorant von einigen Klimaaktivisten mit dem Schicksal ihrer Schwester umgegangen wird. Von einer Forderung nach härteren Strafen oder den Warnungen vor einer "Klima-RAF", wie sie aus der CSU kam, hält Anja Umann nicht so viel: "Ich habe den Eindruck, da reagiert Drastik auf Drastik - da kommt etwas Extremes auf, von dem ich nicht sicher bin, ob ich das so unterstütze."

Drastik auf Drastik, das trifft es gut. Die Aktivisten der "Letzten Generation" dürften sich gefreut haben: Ihre Aktionen werden von der Politik für so wichtig erachtet, dass sogar der Bundestag über sie debattiert. Und auch die Union erhofft sich von Antrag eine politische Dividende. CDU und CSU wollen keine strafrechtliche Schieflage ausgleichen, sondern Punkte machen in einem Kulturkampf, bei dem am Ende alle verlieren.

Quelle: ntv.de

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