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Corona-Politik nackt im Wind Die Appelle entlarven das Versagen der Politik

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Appelle, Warnungen, Durchhalteparolen - Angela Merkel und Olaf Scholz bei ihrer Pressekonferenz am Donnerstagabend.

(Foto: REUTERS)

Wegen des Versagens der Politik in Bund und Ländern steht im Süden und Südosten ein Lockdown an, Millionen Menschen könnten demnächst unfreiwillig ungeimpft sein, weil sie keinen Termin fürs Boostern bekommen. Verbockt hat das die alte Bundesregierung. Leider steht die Ampel kaum besser da.

Am Ende dieser Woche schauen selbst Hartgesottene fassungslos auf die deutsche Politik. Ob alte oder neue Bundesregierung, ob Bundesländer oder Behörden wie die Ständige Impfkommission: Alle Durchhalteappelle, düsteren Weihnachtswarnungen oder Aufrufe zu höherem Tempo und "neuen nationalen Kraftakten" - sie fallen mit voller Wucht auf die Absender zurück. Sie entlarven die Staatsversager und ihr Staatsversagen.

Diese Corona-Welle könnte größer werden als alle bisherigen, aber man hat sie nicht kommen sehen. Bis Jahresende stehen rund 25 Millionen Menschen zu einer lebensschützenden Impfung an, aber die meisten Impfzentren sind geschlossen. Die schärfsten Eingriffsinstrumente werden ausgerechnet in einem Moment verboten, in dem die nicht so scharfen Instrumente offenbar nicht mehr ausreichen.

Nackter kann sich die Politik nicht in den Wind stellen.

Spahn, Merkel und Scholz: nichts unternommen

Jeder Satz, der dieser Tage mit "Wir müssen jetzt ganz schnell…" beginnt, sagt in Wahrheit: "Wir waren zu dämlich, rechtzeitig…". Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn zum Beispiel forderte diese Woche einen "Weckruf". Daran stimmt nur eines: dass er geschlafen hat. Warum haben Bund und Länder zugesehen, wie das Impftempo nach den großen Erfolgen immer weiter erlahmte und die Impfquote im Sommer weit unter dem gewünschten Niveau stecken blieb?

Die Kanzlerin kann zwar von sich sagen, dass sie schon im August den Druck auf die Ungeimpften durch weitreichende 2G-Regeln erhöhen wollte. Sie scheiterte an den Bundesländern, aber hat sie es danach noch einmal versucht? Nein, hat sie nicht. Ebenso wenig wie ihr Vizekanzler Olaf Scholz, der mit der Corona-Politik erst etwas zu tun haben möchte, wenn er im Kanzleramt sitzt. Aber das ist zu spät.

Die Zweidrittel-Mehrheit der Geimpften gerät in eine brutale Zange. Zum einen wird sie in Mithaftung genommen für alle freiwillig ungeimpften Narren in diesem Land: Im Süden und Südosten Deutschlands steht an, was in Österreich bereits beschlossen ist, der Lockdown für alle, auch für die Geimpften. Der hilflos schlecht vorbereitete Staat weiß sich nicht anders helfen. Zum anderen könnten Millionen, die zur dritten Impfung, dem Boostern, anstehen, bald ihren Impfschutz verlieren.

CDU macht sich lächerlich, die Ampel macht Angst

Derselbe planlose Staat hat die Vorbereitungen dafür vertrödelt, und aus freiwillig Geimpften werden demnächst unfreiwillig Ungeimpfte. Mehr gesellschaftlicher Sprengstoff geht nicht. Verbockt hat das unterm Strich die alte Bundesregierung, namentlich Kanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn. Wenn die CDU in ihrer neuen Oppositionsrolle davon ablenken will, macht sie sich lächerlich.

Leider stehen FDP, Grüne und SPD nicht viel besser da. "Die Ampel funktioniert, bevor sie existiert", tönte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt vor einigen Wochen. Da ging die neue Regierung mitten in der nächsten Welle daran, der Corona-Bekämpfung weite Teile der Geschäftsgrundlage zu entziehen. Sie gab Corona-Entwarnung, zumindest kam es so bei der Bevölkerung an, und das ist, was zählt in der Politik. Immerhin korrigierte sich die neue Regierung, aber der erste große Auftritt ist in einer Form danebengegangen, dass man Angst vor jedem weiteren haben muss.

Deutschland wird auch diese Krise und diesen Winter durchstehen. Aber der Politik in Bund und Ländern kann man bis auf Weiteres nur zurufen: Danke für gar nichts.

Quelle: ntv.de

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