Kommentare

Politik zu Neuordnung gezwungen Wilde Tage in Athen

Giorgos Papandreou auf einer der unzähligen Sitzungen.

Giorgos Papandreou auf einer der unzähligen Sitzungen.

(Foto: dpa)

Überraschende Wende im Pleiteland: Die vom griechischen Ministerpräsidenten Papandreou geplante Volksabstimmung zum Rettungspaket ist vom Tisch. Seine sozialistische Pasok und die konservative Nea Dimokratia begraben anscheinend das Kriegsbeil und wollen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit sprechen.

Griechenland ist seit Wochen ein Synonym für Chaos und Unberechenbarkeit. Seine Politiker befinden sich permanent in Krisensitzungen. Ministerpräsident Giorgos Papandreou hält mit waghalsigen Manövern Europäische Union, Eurozone und Märkte in Atem. In Berlin, Paris und Brüssel schlug seine Ankündigung, abhalten zu lassen, wie eine Bombe ein. Diese ist glücklicherweise nun entschärft, denn das Votum findet nicht statt.

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy verhehlten ihre Verärgerung über die Volten des Griechen-Premiers nicht. Die Bundeskanzlerin verkündete dann auch knallhart, dass bei dem Referendum entschieden werde. In Athen bekam man daraufhin einen großen Schreck, denn die Mehrheit der Griechen will drinbleiben. Papandreou galt als verantwortungsloser Politiker, der mühsam ausgehandelte Spar- und Rettungsprogramme mit seinem Egotrip torpedierte.

Evangelos Venizelos war gegen die Volksabstimmung.

Evangelos Venizelos war gegen die Volksabstimmung.

(Foto: AP)

Natürlich ist Papandreou vor den internationalen Geldgebern eingeknickt. Auch in seiner Partei Pasok reagierte man entsetzt. sprach hinsichtlich des Referendums von Unsinn. Abgeordnete gingen von der Fahne - der Regierungschef stand praktisch ohne Parlamentsmehrheit da. Papandreous Leute revoltierten offen gegen ihn. 

Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Mit seinem ungewöhnlichen Vorstoß hat der sozialistische Premier auch ein wichtiges Ziel erreicht - die nun möglich gewordene Einbindung der konservativen Opposition in eine Regierung der nationalen Einheit. Der Chef der Nea Dimokratia (ND), , gibt für den Preis der Aufgabe des Referendums durch Papandreou seinen Widerstand auf und springt nach Lage der Dinge in das Regierungsboot. Nur am Rande bemerkt: Erstmals würden die bislang regelrecht verfeindeten Parteien Pasok und ND zusammenarbeiten. Damit könnten in Griechenland zumindest für eine Übergangszeit halbwegs stabile politische Verhältnisse herrschen. Und diese benötigt das Pleiteland dringend. Allerdings wird nun darüber debattiert, wie die neue Regierung aussehen soll: Die Konservativen wollen möglichst viele Technokraten im Kabinett und eine schnelle Neuwahl; die Pasok bevorzugt  - natürlich aus völligem Eigennutz - eine Koalition mit der ND über einen längeren Zeitraum.  

Antonis Samaras muss die Deckung verlassen.

Antonis Samaras muss die Deckung verlassen.

(Foto: AP)

Samaras' politische Freunde Merkel und Sarkozy haben mit Sicherheit an seiner "Meinungsbildung" mitgearbeitet. Bereits im Sommer haben sie ihn regelrecht bearbeitet, in die Regierung einzutreten - ohne Erfolg. Er verhielt sich weiter kontraproduktiv und forderte  sogar Neuverhandlungen zum Sparprogramm. Bildlich gesprochen: Das Schiff ist am Absaufen, aber der Kapitän lässt die Hilfskräfte nicht an Bord, weil sie nicht mit schicken Rettungsbooten angerückt waren. Nur gut, dass Samaras sich nun korrigiert beziehungsweise korrigieren lässt.

Die Bildung der neuen Regierung muss schnellstens vollzogen werden, Dabei übernimmt der neue Regierungschef - im Gespräch sind der ehemalige EZB-Vize Lucas Papademos und der, das ist in diesen Zeiten wichtig, perfekt Deutsch sprechende Ex-Ministerpräsident Kostas Simitis - ein schweres Erbe. Er muss sich mit den Vertretern der Troika, die seit Wochen durch die Athener Regierungsbüros fegen, arrangieren. Zudem hat es auch der Neue mit einer aufgebrachten Bevölkerung und äußerst widerspenstigen Gewerkschaften zu tun. Kurzum: Er muss ein wirtschaftlich marodes Land zu neuen Wahlen führen.

Dabei darf die griechische Demokratie nicht noch weiter Schaden nehmen. Deshalb muss die Parlamentswahl noch vor dem eigentlichen Termin 2013 stattfinden. Griechenlands Parteien werden dann wahrscheinlich zu für sie ungewöhnlichen Maßnahmen gezwungen: Sie müssen koalieren.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen