Politik

Griechenland droht Verlust des Euro Merkel und Sarkozy stoppen EU-Hilfe

Merkel und Sarkozy gingen mit deutlichen Worten an die Öffentlichkeit.

Merkel und Sarkozy gingen mit deutlichen Worten an die Öffentlichkeit.

(Foto: dapd)

Als Reaktion auf die geplante Volksabstimmung in Griechenland erhöhen Frankreich und Deutschland den Druck auf Athen. "Das Referendum geht im Kern um nichts anderes als um die Frage, möchte Griechenland im Euro-Raum verbleiben - Ja oder Nein", verkündet Kanzlerin Merkel. EU und IWF stoppen bis zur Abstimmung alle Hilfszahlungen. "Die Griechen müssen sich nun entscheiden", sagt Sarkozy.

Deutschland und Frankreich haben in der Schuldenkrise den Druck auf Griechenland massiv erhöht. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy forderten das griechische Volk auf, schnellstmöglich über den weiteren Verbleib in der Eurozone zu entscheiden. Auch ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion ist kein Tabu mehr. "Wir sind gewappnet", sagte Merkel nach einem Krisentreffen vor dem G20-Gipfel in Cannes. "Wir haben noch einmal klargemacht: das Referendum geht im Kern um nichts anderes als um die Frage, möchte Griechenland im Euro-Raum verbleiben - Ja oder Nein", sagte die Kanzlerin. Man erwarte den Konsens aller politischen Kräfte in Griechenland.

Wie soll es weitergehen? Die Teilnehmer des Euro-Krisentreffens prüfen letzte Papiere.

Wie soll es weitergehen? Die Teilnehmer des Euro-Krisentreffens prüfen letzte Papiere.

(Foto: AP)

Sollte das griechische Volk die Auflagen und Forderungen des zweiten Hilfspakets ablehnen, werde man dies akzeptieren. "Aber wir werden auch den Euro nicht aufgeben", sagte die Kanzlerin. "Der Euro als Ganzes muss stabil gehalten werden, und wir möchten dies erreichen lieber mit als ohne Griechenland." Sarkozy sagte, dass die Regeln der Euro-Zone eingehalten werden müssten. "Die Griechen müssen sich nun entscheiden." Bislang war die Möglichkeit eines Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone ein Tabu für die EU-Partner.

Euro-Hilfen vorerst auf Eis

Sarkozy und Merkel stellten zudem klar, dass die nächste Hilfszahlung in Höhe von acht Milliarden Euro so lange nicht überwiesen werden könnte, bis Griechenland das gesamte Paket angenommen habe und jede Unsicherheit über das Referendum beseitigt ist. Der Internationale Währungsfonds (IWF) will die Hilfszahlungen ebenfalls auf Eis legen, aber möglichst rasch wieder aufnehmen. "Ich hoffe, dass die ganze Sache bis Mitte Dezember abgeschlossen werden kann", sagte IWF-Chefin Christine Lagarde.

Papandreou hat mit seinem Vorstoß Sarkozy und Merkel brüskiert.

Papandreou hat mit seinem Vorstoß Sarkozy und Merkel brüskiert.

(Foto: AP)

"Wir sind bereit, Griechenland zu helfen", sagte Sarkozy. Die Griechen müssten aber zu ihren Versprechungen stehen. Papandreou hatte zu Wochenbeginn angekündigt, sein Volk zum internationalen Hilfsprogramm zu befragen. Merkel sprach von einer ungewöhnlich ernsten Situation. Sie kritisierte, dass Griechenland das Referendum nicht abgestimmt habe. Die Volksabstimmung müsse so schnell wie möglich erfolgen. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou nannte den 4. oder 5. Dezember als möglichen Termin für ein Referendum. Damit fände die Abstimmung einige Tage vor dem Datum statt, an dem die nächste Kreditauszahlung benötigt würde, um die Löhne und Renten in Griechenland noch bezahlen zu können.

Finanzminister irritiert

Der Verbleib Griechenlands im Euro-Raum darf nach den Worten des griechischen Finanzministers nicht von einem Referendum abhängen. Venizelos sprach sich gegen die Abstimmung aus. Griechenlands Zugehörigkeit zur Euro-Zone sei eine "historische Errungenschaft des griechischen Volks", die nicht durch ein Referendum infrage gestellt werden könne.

Der Finanzminister stellt sich damit gegen seinen Regierungschef, der die Abstimmung zu einer grundsätzlichen Frage erhoben hatte. Bei der Frage wird es nach den Worten Papandreous "in der Substanz nicht nur um ein (Hilfs)Programm gehen". "Es geht darum, ob wir in der Eurozone bleiben wollen oder nicht", sagte Papandreou. In der Eurozone habe das griechische Volk Rechte aber auch Verpflichtungen. "Wir haben beschlossen, das griechische Volk entscheiden zu lassen." Papandreou ist jedoch zuversichtlich, dass die Griechen seinen Kurs unterstützen werden. "Ich glaube, das griechische Volk hat die Weisheit und das Wissen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die den Verbleib des Landes in der Eurozone garantieren werden", hieß es in einer Erklärung.

Anfang Dezember will der griechische Regierungschef sein Land entscheiden lassen.

Anfang Dezember will der griechische Regierungschef sein Land entscheiden lassen.

(Foto: dpa)

Die bürgerliche Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) reagierte scharf auf seine Aussagen: "Herr Papandreou ist gefährlich und muss gehen", hieß es in einer Erklärung. Papandreou habe Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Sarkozy präsentiert, in Griechenland gebe es angeblich ein Problem mit dem Verbleib des Landes in der EU und der Eurozone. "Ein solches Problem gibt es nicht. Das einzige Problem ist der Verbleib Papandreous im Amt des Ministerpräsidenten." Er wage es, die zentrale nationale strategische Wahl des europäischen Kurses des Landes infrage zu stellen.

CSU für deutsche Abstimmung

Politiker der CSU haben angesichts der Pläne in Griechenland eine Volksabstimmung über den Euro-Kurs auch in Deutschland gefordert. Der CSU-Finanzexperte Thomas Silberhorn sagte der "Bild"-Zeitung, das geplante Referendum in Griechenland sei "ein demokratischer Prozess und deshalb richtig". Es sollte aber auch in Deutschland eine Volksabstimmung über die geplante Änderung der europäischen Verträge für einen dauerhaften Rettungsschirm geben. Solche weitreichenden Entscheidungen dürfen nicht ohne Einbeziehung der Bevölkerung getroffen werden. Ähnlich äußerte sich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt: "Es kann nicht sein, dass die Griechen sich weigern zu sparen, aber die deutschen Steuerzahler für Griechenland sparen sollen. Wir in Deutschland sollten Konsequenzen aus dem Vorgehen Griechenlands ziehen, künftig sollten in Deutschland grundlegende Entscheidungen zur Zukunft Europas mit Volksabstimmungen verbunden werden."

G20-Gipfel beginnt

Im Zeichen der schweren Schuldenkrise Europas nehmen heute auch die führenden Industriestaaten der Welt auf dem G20-Gipfel in Cannes offiziell ihre Beratungen auf. Zu Beginn des zweitägigen Treffens geht es um einen Aktionsplan für Wachstum und Beschäftigung. Weiteres Thema am ersten Gipfeltag ist der Welthandel.

Schwerpunkte sind die Entwicklung der Weltwirtschaft, eine Reform des internationalen Währungssystems und eine weitere Regulierung der Finanzmärkte. Gastgeber ist Frankreichs Präsident Sarkozy. Weil die schweren Turbulenzen in der Euro-Zone praktisch alles andere überlagern, rücken bei dem Treffen der G20 wichtige sonstige Themen in den Hintergrund. Dazu gehören die Rohstoff- und Nahrungsmittelsicherheit, Fragen der Infrastruktur und des Handels oder die Doha-Runde. Nichtregierungsorganisationen kritisieren das scharf.

Vor dem offiziellen Auftakt trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel am Vormittag mit US-Präsident Barack Obama zusammen. Obama hofft auf weitere Maßnahmen zur Ankurbelung der Weltwirtschaft, von der auch die lahmende US-Konjunktur profitieren könnte.

Ebenfalls vor dem eigentlichen Beginn wollen sich die politischen Spitzen Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Spaniens abstimmen. Auch die EU-Institutionen sollen mit am Tisch sitzen, außerdem die EZB und der IWF - insgesamt eine Art Frankfurter Runde plus zwei.

Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts/AFP

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