Fünf Jahre Klimaabkommen Zarte Pflänzchen der Hoffnung
11.12.2020, 17:42 Uhr
Die globale Klimabilanz der letzten fünf Jahre hat mehr Schatten als Licht.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der große Aufbruch ist ausgeblieben: Die USA sind aus dem Klimaabkommen ausgestiegen, und auch Deutschland ist längst kein Vorreiter gegen den Klimawandel mehr. Also alles katastrophal? Nicht ganz.
Vor fünf Jahren lag sich die Welt in den Armen. Bei der UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember 2015 hatte sich Historisches ereignet: 197 Staaten einigten sich darauf, die globale Erwärmung zu begrenzen - mindestens auf 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, wenn möglich auf nur 1,5 Grad.
Fünf Jahre später steht die Welt am Scheidepunkt und es geht um nicht mehr und nicht weniger als das Überleben der Menschheit auf diesem Planeten. Fast täglich gibt es neue Studien und Horrormeldungen. Der Verlust von Gletschern, Wäldern und landwirtschaftlichen Flächen ist schon lange Realität und messbar, wir erleben ein rasantes Artensterben, das Klima verändert sich derart schnell, dass Anpassung unmöglich wird. Extremwetter werden häufiger und intensiver, die Kosten dafür steigen. Allein deshalb müssen wir handeln, es wäre schlichtweg unvernünftig nicht zu handeln.
Umso schwerer ist es zu verstehen, dass sich viele Regierungen und auch Unternehmen hartnäckig weigern, vom alten Pfad der fossilen Verbrennung abzuweichen.
Was passiert, wenn wir weiter so passiv bleiben? Millionen Menschen in den Küstengebieten werden ihren Lebensraum verlieren, Millionen Menschen an großen Flüssen werden mit Wasserknappheit zu kämpfen haben, wenn die Gletscher verschwinden, Millionen Menschen werden in zunehmend unfruchtbaren Regionen leben, wenn der Regen ausbleibt. Dass auch wir in Deutschland davon getroffen werden können, zeigt die seit drei Jahren anhaltende Dürre mit den Hitzesommern und den damit verbundenen Ernteeinbußen.
Mit der Atmosphäre können wir nicht verhandeln
Verteilungskämpfe um Wasser und Boden - es ist nicht auszumalen, wie dieses Jahrhundert enden könnte. Jedes Zehntelgrad Erwärmung vernichtet Lebensraum und erzeugt Fluchtbewegungen.
Die letzten fünf Jahre setzten sich, wenn es ernst wurde, die Lobbyisten der fossilen Energien und der konventionellen Landwirtschaft durch. Zum Beispiel zuletzt bei der gescheiterten Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union, die bei Tierschutz, Arten- und Höfesterben kläglich versagte und vor den industriellen Großbauern einknickte.
Aus deutscher Sicht war vor allem das Jahr 2019 ein Rückschritt. Im Klimaschutzprogramm wurde ein völlig verspäteter Kohleausstieg beschlossen, die Pendlerpauschale für Autos erhöht und ein viel zu niedriger CO2-Preis beschlossen. Deutschland als Vorreiter gegen den Klimawandel? Das war einmal.
Aber nicht nur Deutschland verfehlt seine Klimaziele. Mit Brasilien, Australien und den USA zeigten sehr wichtige Länder der Welt die kalte Schulter. Vor allem der von US-Präsident Donald Trump betriebene Ausstieg aus dem Pariser Abkommen, das 2016 ratifiziert wurde, bremste das Engagement vieler Länder aus - Paris legte sich schlafen.
Aber, um es mit den Worten von Greenpeace zu sagen, mit der Atmosphäre können wir nicht verhandeln. Uns bleiben nur noch wenige Jahre, um die Straße zur Klimaneutralität zu bauen, ehe der Klimawandel uns dafür den Boden nimmt.
Es gibt aber auch zarte Pflanzen der Hoffnung:
- Ursula von der Leyen hat den "European Green Deal" verkündet, die "Mondlandung des 21. Jahrhunderts" beim Klimaschutz. Klimaneutralität der EU bis 2050 und ein Wachstum, das nicht länger auf Ausbeutung der Ressourcen ruhen soll.
- Die USA wollen unter Joe Biden ins Pariser Klimaabkommen zurückkehren. Das hat eine große Signalwirkung.
- Außerdem haben sich neben der EU auch China, Japan und Südkorea zu Netto-Null-Emissionen bekannt. Insgesamt machen sich derzeit so viele Länder auf den Weg zur Klimaneutralität, dass das 1,5-Grad-Ziel noch machbar scheint.
- Viele Global Player haben erkannt, dass Klimaschutz nicht Geld- und Jobverlust bedeutet. Investitionen in grüne Technologien sichern Jobs, Wachstum und Wohlstand.
- Auch wenn Regierungen nicht mitspielen, viele Millionenstädte gehen ihren eigenen Weg. So haben sich zwölf große Städte mit 36 Millionen Einwohnern vorgenommen, nicht länger in Unternehmen zu investieren, die mit fossilen Energien ihr Geld verdienen. Diese Städte sind Berlin, Bristol, Kapstadt, Durban, London, Los Angeles, Mailand, New Orleans, New York City, Oslo, Pittsburgh und Vancouver.
- Weltweit findet ein Umdenken statt, es gibt auf dieser Erde kein Land mehr ohne Umweltaktivisten.
- Wenn die Konjunkturhilfe in der Corona-Pandemie richtig angelegt werden, dann könnten nach einer Studie von "EY" daraus bis zu zwei Millionen Jobs in der EU entstehen, die dauerhaft 2,3 Gigatonnen CO2 vermeiden.
Und auch dies ist ein Hoffnungsschimmer in einer Zeit der Krise: Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad wäre leicht möglich, wenn die Politik auch in Klimafragen so entschlossen handeln würde, wie sie es gerade in der Corona-Pandemie tut.
Quelle: ntv.de