Wieduwilts Woche

Nach Aschaffenburg Die "woken" Linken sind am Ende

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Kerzen am Tatort in Aschaffenburg.

Kerzen am Tatort in Aschaffenburg.

(Foto: IMAGO/Eibner)

Nicht nur Aschaffenburg zeigt: Die Identitätspolitik wird von den Fakten eingeholt. Wir erleben das Ende einer Bewegung, ohne die es keine starke AfD gäbe. Jetzt kommt es auf die richtige Ausfahrt an.

Wenn ein ausreisepflichtiger Afghane ein zweijähriges Kind ersticht und einen zur Hilfe eilenden Mann, dann bebt die Politik. Das Grauen von Aschaffenburg zwingt die Parteien, Farbe zu bekennen. Es ist ein Moment großer politischer Transparenz, eine Zeit der unmissverständlichen Selbstverortung - eine Schicksalsstunde.

Die CDU spürt das gerade in jeder Faser. Friedrich Merz öffnet den Weg für migrationsdämpfende Maßnahmen, nun sogar unter Beihilfe durch die AfD, noch vor der Bundestagswahl. "Ohne Rücksicht" auf Stimmen aus dem blauen Lager. Die "Brandmauer" ist mindestens porös, wohl eher handelt es sich um einen pflegebedürftigen Gartenzaun.

Aschaffenburg treibt aber auch die Linken auseinander. Es ist ein weiteres grelles Signal, dass die Identitätspolitik als giftiger Teil linker und grüner Politik komplett am Ende ist. Die Identitätspolitik ist blind für Opfer und taub für den Rechtsstaat, eine brutale Ideologie und deshalb geht sie gerade unter, hoffentlich.

Einzelfälle, Einzelfälle!

Durch die Brille der Identitätspolitik ist Opfer, wer politisch-strukturell Opfer sein müsste, wegen des Patriarchats, des Kolonialismus, des Rassismus oder des Kapitalismus. Selbst nachdem der afghanische Täter einen zweijährigen Jungen mit einem Küchenmesser abgeschlachtet hat, fokussiert sich daher diese Art der linken Politik auf das politisch-strukturelle Opfer, also den Ausländer, und nicht das reale Opfer, also das Kind, oder eine bis in alle politische Lager verängstigte Bevölkerung.

Die SPD-Innenpolitikerin Carmen Wegge ist am Freitagvormittag im Deutschlandfunk zu hören. Es ist ein eiskaltes, absurd distanziertes Gespräch. Wegge insistiert, man müsse jeden Fall einzeln betrachten, etwa die Betreuung der Männer. Angst müsse niemand haben und sie finde die Frage des DLF-Moderators, warum die vergangenen Täter aus dem islamischen Kulturkreis kommen, "schwierig". Das mit der Rückführung und den Asylgesuchen laufe prima, man sei "insgesamt auf einem sehr guten Weg". "Das sagen Sie nach Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg?", fragt der Moderator.

Wegge versucht wirklich alles, damit nur nicht ein großes, hässliches Bild in den Blick rückt. Sie hört damit auf SPD-Chefin Saskia Esken, die vorsorglich die Losung ausgegeben hat, man solle nun nicht zu viel über Migration sprechen. Esken war es, die nach dem Solingen-Anschlag kühl kundgab, man könne aus dem Fall "nichts lernen".

"Keine Asylfrage"

Der Linken-Chef Jan van Aken stimmt in den Chor ein: "Das ist doch keine Asylfrage", beschwichtigt van Aken bei Phoenix, so schlimm das alles sei. Man solle nicht "gegen Ausländer hetzen".

So kann man nur sprechen, wenn man kategorisch, pädagogisch und mit einem Anspruch der Gesellschaftsformung von Strukturopfern aus denkt, also von Menschen mit fixen Eigenschaften wie Hautfarben, Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Klassenzugehörigkeit.

Umzäunt vom ideologischen Blickschutz ist die identitätspolitische Linke nicht in der Lage, die ganz reale, blutige Gewalt wahrzunehmen. Es ist eine Gewalt, die nicht strengen Mechanismen gehorcht, sondern die da ist, die Leben fordert. Menschen außerhalb des Blickschutzes stechen die Tatsachen daher ins Auge wie Küchenmesser.

Wir schaffen es nicht

Tatsache eins: Aus kriegsverwüsteten Ländern, in denen archaische Menschenbilder einen deutlich höheren Einfluss haben als hierzulande, kommen überdurchschnittlich viele Männer und überdurchschnittlich viele Menschen mit psychiatrischen Problemen.

Tatsache zwei: Die deutsche Infrastruktur für ordnungsgemäße Unterbringung, psychiatrische Versorgung, behördliche Erfassung, Überwachung und gegebenenfalls rechtsstaatliche Abschiebung ist seit Jahren komplett überlastet und diese Überlastung führt zu Lebensgefahren für die Bevölkerung. Und das schließt Ausländer und Menschen mit Migrationshintergrund ein: Der erstochene Junge war Marokkaner. Anders gesagt: Wir schaffen es nicht.

Aber die identitätspolitische Idee beschäftigt sich nicht mit Fakten, sie ist geprägt von Dirigismus: Die Sprache formt das Denken und das Denken die Realität.

Opfer der Umstände

Auf die Zuwanderung gewendet: Wenn man nicht über Migration spricht (Esken), dann ist sie auch kein Problem mehr. Auf Diversität gewendet: Sag nicht "Astronaut", sag "Astronaut*in", damit die Leute nicht nur an Männer denken. Wenn man oft genug gendert, geht die Ungleichheit weg. Auf Feminismus gewendet: Wenn man Männer zu Tätern und Frauen zu Opfern erklärt, verschwindet sexuelle Gewalt gegen Frauen.

Wie sich insbesondere Letzteres auswirkt, erlebt der Grünenpolitiker Stefan Gelbhaar gerade am eigenen Leib - und die Partei droht es kurz vor der Bundestagswahl geradezu auseinanderzureißen in einen identitätspolitischen und einen ökologischen Teil.

Eine Frau konnte Gelbhaar, der eigentlich für Berlin-Pankow kandidieren wollte, mit erlogenen Vorwürfen aus der Politik torpedieren, weil die grüne Ombudsstelle für Missbrauchsfälle sich, unter dem Applaus der grünen Jugend und entgegen jeder Rechtsstaatlichkeit, kategorisch auf die Fahnen schrieb: "Wir glauben den Opfern!"

Katastrophale Auswirkungen woker Einflüsse

Wer Opfer nur anerkennt, solange es in die ideologische Denkstruktur passt, verpasst einiges. Im Fall Gelbhaar fehlte der Ombudsstelle wie übrigens auch dem Sender RBB der Blick für den (wahrlich nicht exotischen) Fall, dass ein vermeintliches Opfer die Öffentlichkeit belügt und einen Mann - wiewohl es weitere Verdächtigungen gibt - mit einer Intrige zur Strecke bringt. Der Grünenpolitiker Volker Beck resümiert: "Kernschmelze der Identitätspolitik".

Es kann daher nicht verwundern, dass die woke Linke derzeit eine globale hochaggressive Gegenbewegung erlebt: Global erhebt sich eine konservativ-libertäre, teils autoritäre Welle, ein "Anti-Wokismus", angeführt von Donald Trump und Elon Musk, an deren Rockzipfeln inzwischen die AfD herumnestelt.

Von dieser Welle werden nun die Bürgerlichen mitgerissen: Die CDU öffnet sich gegen alle Beteuerungen für die Zustimmung aus der AfD. Die ganze Partei steht damit am Scheideweg und mit ihr bald das ganze Land.

Die Abfahrt in den Faschismus lauert

Die Lage ist brandgefährlich, denn Österreich ist nah. Kurz hinter der Abkehr vom Wokismus lauert, direkt nach der Ausfahrt zur Vernunft, der Abzweiger in den Faschismus.

Wie nah Ratio und Rassio beieinanderliegen, demonstriert ein Tweet der CDU-Politikerin Julia Klöckner. "Es gibt Kulturen, die sind mit unserer Lebensweise nicht einverstanden, deshalb können wir mit ihnen nicht einverstanden sein!", schreibt sie kurz nach der Tat von Aschaffenburg. Schon ist das Abstechen kleiner Kinder, schwups, ein Kulturmerkmal aller Afghanen geworden.

Wer Afghanen (oder Syrern oder "den Arabern") monolithisch Inkompatibilität mit Deutschland vorwirft, redet der rassistischen Ausgrenzung das Wort. Wer eine konsequente Migrationspolitik nicht von Rassismus abscheiden kann, führt das Land in den Abgrund.

Kompass und Abstand von der Identitätspolitik

Es braucht linke und grüne Parteien, gerade jetzt. Man muss ihnen allerdings größtmöglichen Abstand zu wokem Wahn in den eigenen Reihen wünschen. Die Bürgerlichen wiederum brauchen, zumal in einer künftigen Regierung, einen sehr gut geeichten Kompass. Es fügt sich, dass wir das politische Beben von Aschaffenburg nur wenige Tage vor dem Holocaust-Gedenktag erleben.

Wir Deutschen stehen nämlich unter Beobachtung - aus realen, auch ohne Wokismus erkennbaren Gründen.

Quelle: ntv.de

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