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Doppelmord in Aschaffenburg So kann es nicht weitergehen

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Trauer in Aschaffenburg.

Trauer in Aschaffenburg.

(Foto: dpa)

Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg: Drei Städte, die in den vergangenen Monaten mörderische Angriffe erleiden mussten. Die Täter waren jeweils polizeibekannt und Asylbewerber. Einen kühlen Kopf zu bewahren, ist immer gut. Aber das Offensichtliche zu übersehen, geht nicht mehr.

Was folgt aus Aschaffenburg? Nach dem Tod eines Kindes und eines Mannes, der andere Menschen schützen wollte, stehen die Stadt und mit ihr weite Teile des Landes unter Schock. Der Täter, ein 28-jähriger Afghane, war polizeibekannt, war dreimal in der Psychiatrie und sollte Deutschland eigentlich verlassen. Auf freiwilliger Basis allerdings. Was er dann doch nicht tat.

Die Hintergründe werden ermittelt, aber man muss keinen langen Bericht abwarten, um das Offensichtliche zu erkennen: Da ist ganz gewaltig etwas schiefgelaufen. Wenn jemand bereits polizeibekannt war, sieht es einfach nicht gut aus, wenn derjenige dann Menschen umbringt. Die Ausreise nach Afghanistan hätte erfolgen müssen. Sie ist aber nicht erfolgt.

Ähnlich war es bei dem Amokfahrer von Magdeburg. Auf dem Weihnachtsmarkt ermordete der saudi-arabische Arzt Talib A. mehrere Menschen. Auch er war bereits polizeibekannt. Natürlich kann die Polizei nicht jede Straftat verhindern. Auch wenn sie es versucht. Sogenannte Gefährder werden ja überwacht. Bei Talib A. scheiterte aber eine Gefährderansprache.

Oder der Fall Solingen. Im August 2024 ermordete ein Syrer drei Menschen auf einem Stadtfest. Sein Asylgesuch war abgelehnt worden. Er sollte nach Bulgarien abgeschoben werden. Doch die Abschiebung scheiterte, weil er am Termin nicht in seiner Unterkunft angetroffen wurde. Anschließend lebte er dort unbehelligt weiter.

Das müssen wir nicht hinnehmen

Dies sind nur drei Fälle, die in den vergangenen Monaten für Entsetzen gesorgt haben. Solche Taten sind nicht hinnehmbar. Man kann natürlich fragen, warum diese Männer zu Mördern wurden. Sind sie traumatisiert? Vom Krieg in Afghanistan, in Syrien? Was für Schicksale verbergen sich dahinter? Fragen nach den individuellen Ursachen sind wichtig. Es ist auch nicht falsch, Selbstkritik zu üben. Lassen wir diese Menschen zu sehr allein? Warum können wir ihnen nicht besser helfen?

Aber am Ende darf nicht ein Schulterzucken stehen. Nach dem Motto: Das müssen wir einfach hinnehmen.

Das wäre die eine Extremreaktion: beschwichtigen. Zu sagen: "Du kannst Gewalt in einer freien Gesellschaft nicht verhindern. Traurig, aber so ist es nun mal." Aber das kann es nicht sein. Vor solcher Gewalt wie in Solingen, Magdeburg oder Aschaffenburg darf eine Gesellschaft nicht kapitulieren. Die öffentliche Sicherheit ist ein hohes Gut. Sie ist Teil unserer Freiheit.

Die andere Extremreaktion, in Kurzform "Ausländer raus. Muslime raus", wäre ein Kurzschluss. Der Amokfahrer von Magdeburg ist selbst islamophob und sympathisierte sogar mit der AfD. Der Täter von Aschaffenburg war offenbar psychisch krank. Ein Generalverdacht gegen Muslime wäre falsch und einfältig. Ein Generalverdacht gegen Syrer, Afghanen und Saudi-Araber oder Menschen aus anderen muslimisch geprägten Ländern ebenfalls. So macht es die AfD. Zu sagen, "ein Syrer ist generell gefährlich", das wäre nackter Rassismus.

Ausländer gehören zum "Wir" dazu

Und die Erfahrung zeigt ja: Sie sind es nicht, im Gegenteil. Deutschland ist auf Ausländer, auch auf Syrer, dringend angewiesen. Man muss in dieser Frage ohnehin wegkommen von einem Gegensatz: Deutsche -Ausländer. Auch in Deutschland lebende Nicht-Deutsche verdienen Schutz und Sicherheit. Sie gehören zu dem "Wir" in diesem Artikel dazu.

Natürlich gibt es auch Deutsche, die Taten wie die von Aschaffenburg, Magdeburg und Solingen verüben. Die Anschläge von Halle und Hanau sind Beispiele dafür. Und es gilt der Grundsatz: Jemand wird erst belangt, wenn er eine Straftat begangen hat. Eine Präventivhaft gibt es zwar im deutschen Strafrecht. Die Hürden sind aber sehr hoch. Das ist in einer freien Gesellschaft auch gut so.

Die Täter von Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg aber sind alle aufgrund eines Asylgesuchs nach Deutschland gekommen - dem nur im Falle des Magdeburger Täters Talib A. stattgegeben wurde. Um es ganz klar zu sagen: Es wäre besser gewesen, wenn alle drei vorab abgeschoben worden wären. Dieses Recht haben die Menschen in Deutschland. Selbst wenn den Abzuschiebenden in der Heimat Verfolgung droht. Wer die aufnehmende Gesellschaft schwer gefährdet, kann nicht auf ihren Schutz pochen.

Immerhin, die Politik hat bereits reagiert. Die Staaten der EU haben strengere Regeln beschlossen. Künftig soll es ein gemeinsames Asylsystem geben. Ein Kernstück der Reform sind Verfahren an den Außengrenzen. Asylbewerber sollen also gar nicht erst in die Länder Europas einreisen. Solche Reformen lassen sich aber nicht so umsetzen, wie man einen Lichtschalter drückt.

Zahl der Abschiebungen steigt

Die Ampel-Koalition hat Abschiebungen im vergangenen Herbst vereinfacht. Die Zahl der Abschiebungen ist im vergangenen Jahr bereits um 21 Prozent im Vergleich zu 2023 gestiegen. Die Zahl der Asylgesuche sinkt. Im vergangenen Jahr organisierte die Ampel einen Abschiebeflug nach Afghanistan. Es tut sich also was. In absoluten Zahlen mussten aber nur gut 18.000 Menschen Deutschland verlassen. Das Asylrecht funktioniert nur, wenn man bei einer Ablehnung wieder ausreisen muss.

Klar ist: Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sollten in bestimmten Fällen möglich sein. Eher nicht bei einem Ladendieb, sondern wenn der Mensch, um den es geht, eine schwere Gefahr für die einheimische Gesellschaft darstellt. Die CDU fordert dies im Wahlkampf: Straftäter und Gefährder nach Syrien und Afghanistan abschieben. Wer ausreisepflichtig ist, soll nach CDU-Vorstellung nur noch nach dem Grundsatz "Bett, Brot, Seife" versorgt werden. Bei der SPD heißt es, insbesondere Straftäter müssten rasch und konsequent abgeschoben werden. Freiwillige Ausreisen würden bevorzugt.

Bei den Mördern von Aschaffenburg und Solingen waren nicht erfolgte Abschiebungen ein entscheidender Grund, warum es zu diesen Taten kam. Da muss ganz offenkundig noch mehr passieren. Ja, es ist wahnsinnig mühsam und rechtlich kompliziert. Aber das ist der Job der Politik und sollte ganz oben auf der Prioritätenliste stehen.

Quelle: ntv.de

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