Kommentare

Mit dem Finger auf andere Unwürdige Sprechblasen eines gescheiterten Kanzlers

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
"Das kann so nicht weitergehen. Wir müssen alles dafür tun, dass sich solche Dinge nicht wiederholen", sagte Scholz, nachdem ein Kind und ein Erwachsener in Aschaffenburg getötet worden waren.

"Das kann so nicht weitergehen. Wir müssen alles dafür tun, dass sich solche Dinge nicht wiederholen", sagte Scholz, nachdem ein Kind und ein Erwachsener in Aschaffenburg getötet worden waren.

(Foto: dpa)

Die folgenlosen Ankündigungen von Olaf Scholz sorgen seit mehr als einem Jahr nicht nur für einen Verlust von politischer Glaubwürdigkeit. Davon profitieren nur die Ränder.

Wer Olaf Scholz für einen Technokraten mit Hang zum Realitätsverlust und überzogenem Selbstbewusstsein hält, das mit seinen Fähigkeiten als Kanzler nicht im Einklang steht, sah sich diese Woche bestätigt. "Wir sind alle betroffen, empört, erschrocken über das, was wir aus Aschaffenburg gehört haben", begann er hölzern sein Statement zu den Tötungen eines Afghanen in der bayerischen Stadt. Er setzte fort: "Das kann so nicht weitergehen. Wir müssen alles dafür tun, dass sich solche Dinge nicht wiederholen." Tödliche Messerangriffe auf ein Kind und einen Mann, der Jungen und Mädchen beschützen wollte, sind also "Dinge" in der Welt des Olaf Scholz. Die Wortwahl sagt eine Menge.

Zum x-ten Mal bezeichnete es der Sozialdemokrat als "wichtig", dass nun aber ganz wirklich "alle notwendigen erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden", damit das Ding von Aschaffenburg möglichst das letzte Ding in Deutschland war. Doch Scholz wäre nicht Scholz, würde er nicht sofort in der für ihn typischen arroganten Manier sein eigenes politisches Handeln lobpreisen, auch wenn es die innere Sicherheit - wenn überhaupt - nur marginal verbessert hat. "Wir haben die Möglichkeiten zur Abschiebung erleichtert." Und: "Wir haben sichergestellt, dass es viele Möglichkeiten gibt, jemanden, der hier nicht bleiben kann, zurückzuführen." Allerdings: "Es gibt offensichtlich Vollzugsdefizite, insbesondere in diesem Fall bei den bayerischen Behörden, die ein großes Problem sind."

Die Sprechblasen waren ein einziger politischer Offenbarungseid und eines Kanzlers unwürdig. Scholz, der stets den Überlegten und Besonnenen mimt, redet von einem "Wir", das es nicht mehr gibt, weil er es so wollte. Denn es war Scholz, der unter Krokodilstränen seinen Finanzminister feuerte, "um Schaden von diesem Land abzuwenden". Aber schon der Umstand, sich gerade einmal zwei (!) Minuten Zeit für das Aschaffenburger Attentat, also das Thema innere Sicherheit, zu nehmen, das die Bevölkerung brennend und weitaus mehr als die nächste Erhöhung des Mindestlohns interessiert, zeugt von der traurigen Tatsache, dass Scholz und seine wenigen Getreuen in einer realitätsfernen Blase leben.

Scholz zeigt mit dem Finger auf Bayern

"Jetzt muss alles getan werden, damit Recht und Gesetz durchgesetzt werden können und der Täter hart bestraft wird", hatte er nach den islamistisch motivierten Messermorden von Solingen erklärt. Das war August. Bald darauf und - so ein Zufall - kurz vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen folgte ein Flug nach Afghanistan mit 28 Schwerstkriminellen, die jeweils mit 1000 Euro Startgeld ausgestattet wurden, damit sie einen guten Start haben und Deutschland keinen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention riskiert, da den Rückkehrern "unmenschliche oder erniedrigende Behandlung" drohe. Von einer "unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung" der Afghanen in der Heimat ist bisher nichts bekannt geworden - auch nicht, wie 1000 Euro davor schützen sollen.

Durchsichtig ist der zum Scheitern verurteilte Versuch des Kanzlerkandidaten Scholz, die Tat von Aschaffenburg bayerischen Behörden und deren Entscheidungsträgern allein in die Schuhe zu schieben. Die Kritik ist selbstverständlich berechtigt. Denn natürlich gibt es ein Vollzugsdefizit. Doch sei die Frage erlaubt: Was haben Scholz und seine Innenministerin seit Solingen getan? Was nach Magdeburg? Es blieb bei dem einen Abschiebeflug nach Afghanistan. Scholz aber tat in seinem Statement so, als habe er nichts falsch und sowieso alles richtig gemacht, denn schließlich: "Wir haben die Möglichkeiten zur Abschiebung erleichtert." Allein die bayerischen Deppen können damit nichts anfangen.

Die Dreistigkeit des scheidenden Kanzlers wird erst recht offensichtlich, wenn man sich das "Spiegel"-Interview mit ihm vom Oktober 2023 durchliest. Da sagte er: "Die Verfahren müssen schneller werden, indem schon in der Erstaufnahme-Einrichtung Asylantrag samt Anhörung stattfinden. Und auch die Gerichtsverfahren müssen zügiger ablaufen. In manchen Bundesländern braucht die erste Instanz in einem Abschiebungsverfahren vier Monate, in anderen 39." Das Magazin verwies zu Recht auf Bitten aus den Ländern an den Bund, Geld für neue Stellen in der Justiz und andere Ämter zu überweisen. Scholz antwortete: "Ganz grundsätzlich schlage ich vor, damit aufzuhören, mit dem Finger aufeinander zu zeigen - stattdessen sollten wir gemeinsam anpacken."

"Im großen Stil abschieben"

Seinen Ansatz, dass jede Ebene das Bestmögliche tun solle, um die Lage in den Griff zu kriegen, verwarf Scholz also bei erstbester Gelegenheit, um von seinem eigenen Zutun zu der Misere abzulenken. Der "Spiegel" verkündete damals auf dem Titel: "Die neue Härte des Kanzlers: Olaf Scholz macht die irreguläre Migration zur Chefsache." Neue Härte? Chefsache? Es ist gut möglich, dass der SPD-Mann mehr wollte, als mit den Grünen und den SPD-Linken durchzusetzen war. Aber auch hier gilt: Er führte die Ampelkoalition, er war Chef der Regierung. Doch Scholz ließ selbst das Gezerre um die Bezahlkarte für Asylbewerber laufen, die die Grünen blockierten.

Im "Spiegel" hatte der Sozialdemokrat - inhaltlich bestens präpariert - gesagt: "Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben." Unter anderem erklärte er: "Dafür müssen unsere Behörden rund um die Uhr erreichbar sein, damit man jemanden wirklich abschieben kann, wenn die Bundespolizei ihn aufgreift." Unter dem Strich registrierten die Behörden in den drei Jahren der Regierungszeit von Scholz ungefähr 50.000 Abschiebungen - und fast 800.000 Asylanträge.

In der EU sind nach Angaben ihrer für die Erfassung der Zahlen zuständigen Agentur in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres mehr als 700.000 Asylanträge gestellt worden - wiederum die meisten in Deutschland. Zwar gingen sie in besagtem Zeitraum um 24 Prozent zurück, was Scholz als Erfolg für sich verbucht. Allerdings hatte das vor allem mit schärferen Grenzkontrollen auf dem Balkan und dem harten Agieren besonders Griechenlands und Italiens zu tun, die Flüchtlinge nicht mehr einfach weiterziehen lassen. Die Anziehungskraft der Bundesrepublik scheint ungebrochen zu sein: Fast jeder zweite Asylantrag in der EU von Syrern und Afghanen wird in Deutschland gestellt.

Die folgenlosen Ankündigungen von Scholz seit weit mehr als einem Jahr sorgen längst nicht mehr nur für Verlust an politischer Glaubwürdigkeit, sondern lassen den Glauben schwinden, dass eine Gesellschaft mit demokratischen Mitteln eine Krise in den Griff bekommt. Es gibt ein Verfassungsrecht auf Asyl. Gut so. Die Verfassung garantiert aber auch jedem Bürger ein Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, woraus sich eine Schutzpflicht des Staates für seine Einwohner ableitet. Wer will, dass die AfD in vier Jahren nicht stärkste Kraft im Bundestag wird, sollte sich das endlich zu Herzen nehmen. Für Scholz kommt jede Erkenntnis zu spät. Und Friedrich Merz wird hoffentlich rasch einsehen, dass absehbar unerfüllbare Versprechen auch nur zu Verdruss führen - und die politischen Ränder stärken.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen