Derzeit keine Lebensgefahr Maier leidet mit Lanzinger
04.03.2008, 15:35 UhrDer folgenschwere Unfall des Österreichers Matthias Lanzinger hat den alpinen Weltcup erschüttert. Dem 27-jährigen Skirennfahrer musste nach seinem Sturz am Sonntag beim Super-G-Rennen im norwegischen Kvitfjell, bei dem er sich einen offenen Schien- und Wadenbeinbruch sowie eine schwerwiegende Gefäßverletzung zugezogen hatte, der linke Unterschenkel abgenommen werden.
Wegen des irreparablen Gewebeschadens war eine Amputation unvermeidbar, weil dauerhaft schwerwiegende Folgen drohten und sogar das Leben des Leistungssportlers gefährdet war.
Unfassbare Tragik
"Die Tragik der Geschehnisse ist unfassbar", sagte Österreichs Ski-Star Hermann Maier erschüttert. Der zweimalige Olympiasieger durchlebte durch Lanzingers Unglück die Folgen seines schweren Motorradunfalls von 2001 erneut, als auch ihm eine Amputation gedroht hatte. "Wir sind jetzt aufgefordert, ihm positive Kraft über die kommenden Wochen und Monate zu geben."
Kritik gab es aus Österreich wegen des unprofessionellen Abtransports. So soll kein spezieller Rettungshubschrauber zur Verfügung gestanden haben. Bei dem ersatzweise eingesetzten Touristen-Hubschrauber musste demnach erst eine Sitzbank entfernt werden, um den schwer verletzten Sportler vom Zielraum ins Krankenhaus fliegen zu können.
"Die ganze Nacht durchoperiert"
Nach einer neunstündigen Not-Operation in der Nacht zum Montag kam Lanzinger, der wegen Komplikationen zwischenzeitlich ins künstliche Koma versetzt wurde, auch in der Nacht zum Dienstag wieder im Osloer Ullevl-Krankenhaus auf den OP-Tisch. Doch aller Einsatz der Ärzte half nichts, auch der eingeflogene Salzburger Gefäßspezialist Thomas Hölzenbein konnte das schwer geschädigte Bein nicht mehr retten.
"Wir haben die ganze Nacht operiert. Aber leider ist es uns nicht gelungen, die Blutzirkulation im linken Bein wieder in Gang zu bekommen", sagte Chefchirurg Lars Engebretsen. Lanzingers Fuß habe sich bei dem schweren Sturz mit offenen Knochenbrüchen wahrscheinlich mehrfach gedreht. Der Zustand des Athleten verschlechterte sich am Dienstagmittag weiter, so dass eine weiterer Eingriff notwendig war.
"Wegen akuter Verschlechterung der allgemeinen Situation und drohender Lebensgefahr war eine sofortige Operation notwendig. Es wurde eine Unterschenkel-Amputation durchgeführt und der Allgemeinzustand von Matthias Lanzinger hat sich dadurch deutlich gebessert. Derzeit besteht keine akute Lebensgefahr", sagte der eigens nach Oslo eingeflogene österreichische Gefäßspezialist Thomas Hölzenbein.
Schwere Stürze nicht die Ausnahme
Im Ski-Lager wurden nach den schockierenden Folgen des Unfalls Erinnerungen an den verhängnisvollen Sturz des Schweizers Silvano Beltrametti wach, der sich 2001 im französischen Val d'Isre zwei Brustwirbel gebrochen hatte und seitdem querschnittsgelähmt ist.
Auch in dieser Saison gab es eine ganze Reihe schwerer Unfälle im Weltcup. So musste der norwegische Doppel-Weltmeister Aksel Lund Svindal nach seinem Trainingsunfall Ende November in Beaver Creek (USA) die Saison vorzeitig beenden.
Scott Macartney rutschte nach seinem Horror-Crash auf der Streif in Kitzbühel regungslos ins Ziel. Erst nachdem er wegen eines Schädel-Hirn-Traumas drei Tage im künstlichen Koma gelegen hatte, durfte er das Krankenhaus wieder verlassen.
Obwohl der Internationale Skiverband FIS vor der Saison durch eine Regeländerung vermeintlich sicherere Ski (weniger Taillierung, niedrigere Standhöhe) hat bauen lassen, haben sich in diesem Winter schon mehr als 30 Sportler zum Teil schwer verletzt.
"Man kann 100 mal 100 Prozent haben und ein Mal 98 Prozent - und dann hast Du ein Problem", erklärte der deutsche Alpin-Direktor Wolfgang Maier. "Die Sicherheit ist jedes Jahr besser geworden, aber es gibt immer wieder Vorfälle."
von Christian Kunz und Thomas Borchert, dpa
Quelle: ntv.de