Kopierschutz adMan nehme einen Filzstift
Mit einem simplen schwarzen Filzer kann der Kopierschutz für Musik-CDs überlistet werden. Die Musikbranche geht auf die Barrikaden.
Die Musikindustrie ist stinksauer. Eine Computerzeitschrift hat seinen Lesern den einfachsten Trick verraten, wie man die als hochmodern und bombensicher geltenden Kopierschutzprogramme von Musik-CDs überlisten kann. Man nehme: einen schwarzen Filzer.
Mit einem einzigen Strich auf der CD lässt sich so etwa der von der Sony-Tochter DACD entwickelte Kopierschutz "Key2audio" austricksen. Der Streifen muss eine bestimmte Linie auf der Unterseite der CD berühren. Diese Linie trennt die Klang-Informationen von korrupten Daten - dem Kopierschutz. Ihr Übermalen hat ganz einfach zur Folge, dass ein CD-Rom-Laufwerk beim Lesen der Scheibe die Daten nicht vollständig erkennt und so über den Kopierschutz hinwegsieht.
Sony: "Zu banal, um selbst drauf zu kommen"
Der Kopierschutzbeauftragte von Sony Music Deutschland, Erik Hoffmann, zeigt sich verblüfft über den Erfindergeist der Konsumenten: "Die Filzstift-Methode ist so banal, dass wir darauf erst mal gar nicht gekommen sind". Schon Ende Dezember 2001 erfuhr Sony von der neuen Variante und reagierte prompt, indem sie die sichtbare Trennlinie zwischen Musik und Kopierschutz unsichtbar machte. Nun weiß niemand mehr, wo der Filzer anzusetzen ist, und "Key2audio" ist wieder sicher. Zumindest bei den CDs, die ab Januar gepresst wurden.
Bei Exemplaren, die vor diesem Jahr produziert wurden, kann der Stift noch tricksen. Das Computer-Magazin "CHIP" berichtete in seiner aktuellen Ausgabe über die Filzstift-Methode und stieß auf ein großes Leser-Echo. Dem Strich-Test der Zeitschrift waren auch die Kopierschutzprogramme "Cactus Data Shield 100/200" unterlegen.
"Veröffentlichung nur wegen Umsatzsteigerung"
Nicht gerade glücklich über die detaillierte Berichterstattung solcher Tricks ist der Bundesverband der Phonografischen Wirtschaft in Hamburg. "Viele Menschen kopieren Musik, statt sie zu kaufen, während offenbar diese Zeitschriften das Thema für sich selbst als Möglichkeit zur Umsatzsteigerung entdeckt haben", meint Verbandsvertreter Michael Karnstedt. Der Verbandsvorsitzende Gerd Gebhard fügt hinzu: "'Schöner Wohnen' schreibt ja auch nicht, wie man am besten in ein Reihenhaus einbricht". Im letzten Jahr sollen mehr CDs illegal gebrannt als Alben gekauft worden sein. Nach Angaben des Verbandes sank der Umsatz auf 2,24 Milliarden Euro, das sind 10,2 Prozent weniger als im Vorjahr.
Der Chefredakteur des Magazins "CHIP", Thomas Pyczak, kann den Ärger der Musikindustrie nicht verstehen. "Wir sind gegen den Handel mit Raubkopien, aber es ist nicht verboten, für den privaten Gebrauch Kopien zu machen und auch mal einzelne gebrannte CDs an Freunde zu verschenken", sagt Pyczak. Er weist darauf hin, dass ein Kopierschutz oft das Abspielen von CDs in Computern oder CD-Spielern von Autos verhindert.
Der Kampf in der Musikindustrie gegen das Kopieren von CDs soll weitergehen. Die Branche fordert eine Novelle des Urheberrechtes, nach der Kopierschutztechniken nicht mehr umgangen werden dürfen.