Wirtschaft

Verheerende Währungsreform 30 Inder sterben durch Bargeld-Entwertung

Warten auf das neue Geld: Viele Inder verlieren fast ihr gesamtes in Bar aufbewahrtes Vermögen.

Warten auf das neue Geld: Viele Inder verlieren fast ihr gesamtes in Bar aufbewahrtes Vermögen.

(Foto: AP)

Mit der plötzlichen Entwertung von über 80 Prozent des Bargeldes hat Indiens Zentralbank das Land lahmgelegt. Auf den Straßen stehen Lkw, deren Fahrer kein Benzin mehr kaufen können. Bauern können ihr Saatgut nicht bezahlen. Vor Krankenhäusern sterben Patienten.

Indiens überraschende Bargeldentwertung hat für manche fatale Folgen: Mindestens 33 Menschen sollen bislang an den Folgen der Aktion gestorben sein, wie die Zeitung "The Indian Express" meldete. Ökonomen und andere Intellektuelle forderten in einem Brandbrief an die Regierung die sofortige Rücknahme der Maßnahme. Vor einer Woche hatte Indiens Premierminister Narendra Modi unerwartet angekündigt, dass ab sofort alle großen Geldscheine ungültig seien.

Damit wollte die Regierung Schwarzgeld-Besitzer abstrafen. Die aus dem Verkehr gezogenen 500- und 1000-Rupien-Scheine machen aber über 80 Prozent des Bargeldumlaufs in Indien aus. Ihre Entwertung hat zu einem eklatanten Mangel gültiger Zahlungsmittel geführt, der besonders schwer wiegt, weil zwei Drittel der indischen Wirtschaft auf Bargeld-Basis funktionieren. Dies führte zu chaotischen Zuständen.

Im Bundesstaat Odisha starb laut Medienberichten ein zweijähriges Kind, weil ein Rikscha-Fahrer sich weigerte, es ins Krankenhaus zu bringen. Die Eltern des Kindes hatten nicht genug kleine Geldscheine. Auch fünf weitere Kinder starben, weil den Angehörigen im Hospital das passende Geld fehlte. Im Bundesstaat Telangana starb eine 75-jährige Frau, nachdem sie über zwei Stunden vor einer Bank gewartet hatte, um ihr Geld umzutauschen.

Der "Indian Express" berichtete auch von anderen Todesfällen vor Banken und Postämtern. Mindestens acht Menschen begingen Selbstmord, nachdem sie kein Geld mehr für Essen hatten. Ein Mann in West-Bengalen tötete seine Frau, nachdem diese mit leeren Händen vom Geldautomaten zurückgekommen war.

Umtausch ist für die meisten Inder unmöglich

In einem Brief an die Regierung forderten über 150 Wirtschaftsfachleute, Akademiker und Schriftsteller, die Operation zu stoppen. Die "ungeplante Demonetarisierung" habe "zu unruheartigen Zuständen im Lande" geführt, schrieben sie laut "Times of India". Laut Daten des Finanzministeriums hätten nur 30 Prozent der indischen Bevölkerung Zugang zu Banken. Für das Umtauschen der alten Scheine müssten zudem komplizierte Formulare ausgefüllt und ein gültiger Ausweis vorgelegt werden. Menschen mit wenig Bildung, die kaum Lesen und Schreiben könnten, litten daher am meisten, warnten die Ökonomen.

Der versprochene Nachschub an neugedruckten Banknoten stockt: Zudem können die Geldautomaten nicht so rasch umgestellt werden, weil die neuen Noten eine andere Größe haben als die Vorgängerscheine. Regierungschef Modi war am Montag gezwungen, seinen Schritt in einer emotionalen TV-Ansprache zu verteidigen, um den Ärger in der Bevölkerung zu dämpfen. Lange Schlangen vor den Banken sind seit Tagen überall in Indien ein gewohntes Bild.

Der Mangel an Bargeld zwingt Menschen zu radikalen Maßnahmen: Lastwagenfahrer lassen ihre Trucks einfach stehen, weil ihnen Geld für Essen und Benzin fehlt. Krankenhäuser weisen Patienten ab, weil diese nicht über neue Scheine verfügen. Bauern haben kein Geld, um Saatgut zu kaufen. Betroffen von der Umstellung sind besonders arme Menschen, die weder ein Bankkonto noch eine Kreditkarte haben. Auch Frauen in Indien besitzen oft kein eigenes Konto und verstecken statt dessen ihre Ersparnisse im Haus.

Quelle: ntv.de, epd

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