Der Fall eines Multimilliardärs Adani ist der reichste Mann Asiens - gewesen
03.02.2023, 20:00 Uhr
Das US-Unternehmen Hindenburg Research wirft Adani jahrzehntelange "dreiste Börsenmanipulation" vor.
(Foto: REUTERS)
Es ist eine sagenhafte Summe Geld, die innerhalb von eineinhalb Wochen an der Börse verbrannt wurde: Mehr als 120 Milliarden Dollar hat das Firmenimperium des indischen Milliardärs Gautam Adani an Wert verloren, seit eine US-Investmentfirma schwere Vorwürfe gegen den 60-Jährigen erhob. Inzwischen sind auch europäische Anteilseigner und die indische Politik alarmiert. Ein Überblick über den Fall:
Wer ist Gautam Adani?
Adani wurde als Kind einer Mittelklassefamilie in Ahmedabad im Bundesstaat Gujarat geboren. Mit 16 brach er die Schule ab, zog in die Finanzmetropole Mumbai und arbeitete dort im Diamantenhandel. 1988 gründete er seine erste eigene Firma, ein Import-Export-Unternehmen. Adanis Durchbruch kam 1995, als er sich den Vertrag zum Aufbau eines Handelshafen in Gujarat sicherte. Der Hafen war eine Zeit lang der größte in Indien. Später investierte Adani in alle möglichen Branchen, von australischen Kohleminen bis zu israelischen Häfen, von Medien bis hin zu Lebensmitteln. Mehrere Projekte, insbesondere Kohleminen und der Bau eines Hafens, lösten heftigen Protest von Anwohnern aus.
Adanis Hauptfirma Adani Enterprises gewann in den vergangenen fünf Jahren vor dem dramatischen Absturz mehr als 1000 Prozent an Börsenwert. Der Gründer häufte derweil ein Vermögen von 130 Milliarden Dollar auf, was ihn laut dem US-Magazin "Forbes" zum reichsten Mann Asiens und drittreichsten der Welt machte. Adani persönlich gilt, anders als viele andere Mitglieder der indischen Geld-Elite, als zurückhaltender Mensch. "Ich bin keine kontaktfreudige Person, die auf Partys gehen will," sagte er einmal in einem seiner seltenen Interviews.
Was wird Adani vorgeworfen?
Am 24. Januar veröffentlichte das US-Unternehmen Hindenburg Research Betrugsvorwürfe gegen Adani: Er habe über Umwege Geld in eigene Aktien gesteckt und damit deren Kurs künstlich hochgetrieben. Dabei habe Adani Konten seines Bruders in Steuerparadiesen genutzt. Hindenburg sprach von "dreister Börsenmanipulation", die sich über Jahrzehnte erstreckt habe. Das US-Unternehmen ist eine auf Leerverkäufe spezialisierte Investmentfirma, spekuliert also auf fallende Börsenkurse. Adani wies die Vorwürfe bereits mehrmals zurück.
Kritikern ist auch die Beziehung des Tycoons zum indischen Premierminister Narendra Modi ein Dorn im Auge, der ebenfalls aus Gujarat stammt. Es steht der Vorwurf im Raum, dass dieser Umstand Adani half, seinen sagenhaften Aufstieg ohne allzu viel staatliche Kontrolle hinzulegen - auch dies wies der Milliardär zurück.
Was ist seit Bekanntwerden der Vorwürfe passiert?
Anleger flüchteten geradezu aus Adani-Papieren. Die massiven Verkäufe ließen den Börsenwert seines Firmenkonglomerats um etwa die Hälfte einbrechen; mehrmals wurden die Aktien vom Handel ausgesetzt. Adani selbst verlor etwa 60 Milliarden Dollar und fiel laut "Forbes" auf Platz 16 der reichsten Menschen. Selbst in Indien steht er nur noch auf Platz zwei hinter dem Unternehmer Mukesh Ambani. Wegen der Börsentumulte brach Adani Enterprises die Ausgabe von frischen Aktien im Wert von 2,5 Milliarden Dollar ab. Mehrere Großbanken, darunter Credit Suisse und Citigroup, akzeptieren laut der Finanznachrichtenagentur Bloomberg News inzwischen keine Adani-Anteile mehr als Sicherheit für eine Kreditvergabe.
Nun äußerte sich sogar die indische Finanzministerin Nirmala Sitharaman zu der Angelegenheit: Die indischen Finanzmärkte seien gut reguliert und die jüngsten Turbulenzen würden das Vertrauen der Anleger nicht beeinträchtigen, sagte sie in einem TV-Interview. Auch der französische Konzern TotalEnergies, der mit bis zu 50 Prozent an mehreren Adani-Firmen beteiligt ist, sah sich zu einer Stellungnahme veranlasst: Man sei bei der Firmengruppe nur "begrenzt" involviert, versicherte der Energieriese.
Quelle: ntv.de, lno/AFP