Wirtschaft

Hallenbäder zu, Beleuchtung aus An welchen Stellen Energie gespart werden soll

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In vielen Hallenbädern wird das Wasser kälter - manche schließen vorübergehend ganz.

In vielen Hallenbädern wird das Wasser kälter - manche schließen vorübergehend ganz.

(Foto: picture alliance/dpa)

Händeringend sucht Deutschland nach Wegen, Energie einzusparen. Dabei wollen die Kommunen nicht von der kalten Jahreszeit überrumpelt werden, sondern möglichst weitsichtig vorgehen. "Damit wir im Winter warme Wohnungen haben, müssen wir schon im Sommer sparen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy.

Das Versprechen, dass Bürgerinnen und Bürger bei einer Gasknappheit als Letztes rationiert werden, stellte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zuletzt infrage. Private Haushalte müssten auch "ihren Anteil leisten", sagte Habeck. Denn "eine dauerhafte oder langfristige Unterbrechung von industrieller Produktion" hätte "massive Folgen" für die Versorgungssituation. Weil feste Regeln derzeit noch fehlen, entsteht ein bundesweiter Flickenteppich. Verschiedene Maßnahmen sind in Planung oder werden schon umgesetzt - ein Überblick.

Schwimmbäder im Fokus

Angesichts der aktuellen Hitzewelle bieten Schwimmbäder eine willkommene Abkühlung. Der Betrieb ist allerdings äußerst energieintensiv. Der Deutsche Städtetag empfiehlt deshalb, die Temperatur des Badewassers herunterzufahren. Viele Kommunen haben das bereits umgesetzt. In Potsdamer Hallenbädern etwa wurde die Wasser- und Raumtemperatur um zwei Grad heruntergefahren, in Saunen und Außenbecken sogar um fünf Grad. Die brandenburgische Landeshauptstadt verspricht sich eine Energieeinsparung von 15 Prozent. Auch in Münchner Hallenbädern sind die Außenbecken lediglich 30 statt wie sonst 34 Grad warm.

Am weitesten geht Nürnberg: Ab dem 16. Juli schließen dort drei der vier Hallenbäder bis zum 25. September. "Damit reagieren wir auf die sich abzeichnende Energieknappheit und machen Wärmeenergie für 383 Haushalte oder rund 1500 Menschen in Nürnberg frei", schrieb die Stadt auf Twitter. Im Gegenzug werde die Freibadsaison verlängert.

Öffentliche Infrastruktur

Viele Kommunen wollen mit gutem Beispiel vorangehen und "lassen etwa Beleuchtungen aus, verzichten auf warmes Wasser in öffentlichen Gebäuden, schalten Brunnen ab", so Verena Göppert vom Deutschen Städtetag. Das niedersächsische Oldenburg hat einen 30-Punkte-Plan zur Gas-Einsparung ausgearbeitet - Ampeln und Straßenlaternen bleiben nachts aus. Zudem sollen weniger Erdgas-Busse eingesetzt werden. Im bayerischen Augsburg wird weitestgehend auf Fassadenbeleuchtung verzichtet, einige Brunnen sind abgeschaltet. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey plädiert dafür, Sehenswürdigkeiten wie das Brandenburger Tor oder das Rote Rathaus ab Mitternacht nicht mehr anzustrahlen.

Einige institutionelle Einrichtungen haben in Sachen Sparsamkeit auch schon vorgelegt. Der Ältestenrat des Bundestags hat Limits für Klimaanlagen und Heizungen in den Räumlichkeiten festgeschrieben. Der Berliner Senat will "spätestens bis August Sparpotenziale von mindestens zehn Prozent" ausmachen. Im Landtag von Rheinland-Pfalz wird nur noch auf 24 statt 21 Grad heruntergekühlt. Im saarländischen Parlament sollen Maßnahmen erst im Winter greifen - mit einer Senkung der Heiztemperatur von 22 auf 20 Grad.

Die Sparpläne des Städtetags zielen auch auf Museen, Sporthallen oder Klassenzimmer ab. Eine Umsetzung obliegt den einzelnen Kommunen. Im nordrhein-westfälischen Hilden werden in vielen Schulen und Turnhallen die Heizungen sowie Warmwasserbereitungsanlagen bis Ende September abgeschaltet. Die Münchner Stadtwerke erwägen, nicht notwendige Lüftungsanlagen, Aufzüge oder Kühlschranke abzuschalten, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

Die Europäische Kommission will öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude ab Herbst bis maximal 19 Grad beheizen. Bereits bestehende Regeln sehen vor, dass bei Gasknappheit Haushalte und etwa Krankenhäuser priorisiert werden. Wenn die Stromproduktion in Gefahr sei, könnten Länder jedoch die Versorgung von Gaskraftwerken für die Stromversorgung über bestimmte geschützte Verbraucher stellen, heißt es in dem Entwurf eines Notfallplans.

Erste Einschränkungen für Mieter

Die Debatte um das Wo und Wie beim Energiesparen erreicht auch die privaten Haushalte. Im sächsischen Dippoldiswalde sorgte das Schreiben einer Wohnungsgenossenschaft für Aufsehen. Darin heißt es, dass in rund 600 Wohnungen zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten das warme Wasser abgestellt wird. Der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia kündigte an, die Heiztemperatur der Gas-Zentralheizungen nachts zu drosseln. Das betrifft etwa die Hälfte der rund 490.000 Wohnungen des Unternehmens. Der Deutsche Mieterbund kritisierte solche Maßnahmen gegenüber der ARD als unzulässig.

Homeoffice

Einige Einrichtungen denken darüber nach, ob die mit der Corona-Pandemie etablierte Homeoffice-Infrastruktur auch der Energieeinsparung zugutekommen könnte. Geprüft wird das unter anderem im Schweriner Finanzministerium oder für Verwaltungsgebäude in NRW. Aus der freien Wirtschaft erwägt etwa der Konsumgüterhersteller Henkel, wieder verstärkt auf Homeoffice zu setzen, um die Temperatur in Büroräumen weniger regulieren zu müssen.

Empfehlungen für Bürger

Die Bundesregierung appelliert an alle Bürger, weniger Energie zu verbrauchen, und gibt konkrete Haushaltstipps. Gelüftet werden soll mit weit geöffnetem Fenster und abgedrehter Heizung. Die Heizkörper selbst müssten regelmäßig entlüftet werden, damit sie effizient funktionieren. Zudem wird empfohlen, mit Deckel zu kochen und die Ökoprogramme von Wasch- und Spülmaschine zu nutzen. Bundeswirtschaftsminister Habeck ruft dazu auf, es ihm gleichzutun und kürzer zu duschen.

Wärmehallen im Winter

Wenn sich die Befürchtungen bestätigen und im Winter ein Gasnotstand herrscht, wollen die Kommunen gewappnet sein. Ludwigshafen baut aus diesem Grund eine Mehrzweckhalle, die in der Corona-Pandemie als Impfzentrum genutzt wurde, zu einer Aufwärmstation um. Das Angebot soll sich an Menschen richten, die sich das Heizen nicht mehr leisten können. Das empfiehlt auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund: "Da niemand genau sagen kann, wie dramatisch die Entwicklung sein wird, sollte auch überlegt werden, Wärmeinseln oder Wärmeräume vorzusehen, wo sich insbesondere ältere Menschen auch bei einem sehr kalten Winter aufhalten können", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Bild am Sonntag".

Quelle: ntv.de

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