Jobflaute nur vorübergehend Arbeitslosigkeit steigt - aber nicht überall
01.08.2023, 16:13 Uhr Artikel anhören
Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnete im Juli 2,617 Millionen Arbeitslose.
(Foto: dpa. ntv.de)
Deutschlands Konjunktur schwächelt. Das macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Einige Regionen widersetzen sich jedoch dem Trend. Vor allem junge Menschen haben gute Chancen.
Die traditionelle Sommerflaute auf dem Jobmarkt macht sich in diesem Jahr in fast allen Bundesländern stärker bemerkbar als im Vorjahr. Einzig in Mecklenburg-Vorpommern waren im Juli 2023 etwas weniger Menschen auf Jobsuche als 2022. Das geht aus den aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor, die an diesem Dienstag veröffentlicht wurden. Demnach stieg die bundesweite Arbeitslosenquote im Juli 2023 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 0,2 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Als Grund für den Anstieg nennt die BA unter anderem die schwache Konjunkturlage in Deutschland.
Besonders deutlich stiegen die Arbeitslosenquoten in Sachsen mit 0,6 Prozentpunkten sowie Bremen, Thüringen und dem Saarland mit jeweils 0,5 Prozentpunkten. Weniger stark betroffen scheinen Bayern und Berlin. Allerdings starten die einzelnen Länder mit sehr unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen: So ist die Arbeitslosigkeit in den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin tendenziell stärker ausgeprägt als beispielsweise im Süden der Republik.
Die monatliche Auswertung der Arbeitsmarktstatistik ermöglicht außerdem einen detaillierten Blick auf die einzelnen Regionen. Dabei werden zusätzliche Gefälle innerhalb der Bundesländer sichtbar - beispielsweise zwischen den städtischen Ballungszentren, die traditionell eher eine höhere Arbeitslosenquote aufweisen, und dem Umland.
In der Fläche stellt sich der bundesweite Trend etwas differenzierter dar: In 287 von 400 Landkreisen und Städten standen zuletzt mehr Menschen ohne Job da als im Juli des vergangenen Jahres. In 113 Regionen ist die Arbeitslosigkeit hingegen leicht gesunken oder gleich geblieben. Auch hier sticht Mecklenburg-Vorpommern hervor, aber auch Teile Bayerns, Sachsens-Anhalts und Brandenburgs.
Auch in Hessen fielen der Sommer- und Konjunktur-Effekt auf den Arbeitsmarkt weniger stark aus als befürchtet. Um die Saisoneffekte bereinigt sei die Zahl der Arbeitslosen sogar um 4000 Menschen gesunken, sagte der Chef der zuständigen Regionaldirektion in Frankfurt, Frank Martin. Der Arbeitsmarkt in Hessen stabilisiere sich und es würden weiterhin zusätzliche sozialversicherungspflichtige Jobs aufgebaut.
Demografischer Wandel wirkt stärker als die Konjunkturlage
Generell zeigen sich die Jobcenter optimistisch, dass die Arbeitslosenzahlen schon bald wieder sinken. Viele Schulabgänger werden nach den Sommerferien voraussichtlich schon nicht mehr arbeitslos sein, sondern eine Berufsausbildung beginnen. Hinzu kommt, dass der Arbeitskräftebedarf trotz der eingetrübten Stimmung bei den Unternehmen hoch bleibt. Der Chef der Regionaldirektion Nord, Markus Biercher, fasst es so zusammen: "Die demografische Entwicklung wirkt sich viel stärker aus als konjunkturelle Dellen bei der Entwicklung des Arbeitsmarktes."
Auch in seinem Zuständigkeitsbereich in Schleswig-Holstein stellt die Arbeitsagentur fest, dass viele Stellen ausgeschrieben sind - doch es fehlt an Bewerbern. Vor allem im Handel, im Bereich Logistik, im Gesundheits- und Sozialwesen, im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bau- und Gastgewerbe suchen die Firmen in Schleswig-Holstein noch Personal.
Auf dem Ausbildungsmarkt stellt sich die Lage ähnlich dar: Den fast 8400 unbesetzten Ausbildungsplätzen stehen in Schleswig-Holstein nur knapp 4200 junge Leute gegenüber, die noch auf der Suche nach einer Stelle sind. In Niedersachsen blieben bislang sogar 23.000 Ausbildungsstellen unbesetzt, während bei der Arbeitsagentur nur 13.000 potenzielle Bewerber gemeldet sind. In Rheinland-Pfalz zählt die zuständige Regionaldirektion 11.000 offene Stellen und 6100 junge Jobsuchende.
Laut der Regionaldirektion in Niedersachsen spielen jugendliche Geflüchtete angesichts dieser Schieflage inzwischen eine wichtige Rolle auf dem Arbeitsmarkt. Rund zehn Prozent der gemeldeten Bewerber stammten etwa aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan. "Ohne diese jungen Menschen wäre die Nachwuchslücke noch erheblich größer. Wir müssen mit vereinten Kräften daran arbeiten, dass ihre Ausbildung gelingt", sagte Direktionschef Johannes Pfeiffer.
Quelle: ntv.de, mit dpa