Angst vor dem Brexit Briten tauschen Pfund in Euro und Dollar
22.06.2016, 15:16 Uhr
Stimmung und Wetter in London sind hervorragend. Kenner wissen: beides ist nicht von Dauer.
(Foto: dpa)
Einen Tag vor der Abstimmung Großbritanniens über einen Verbleib in der EU fürchten viele Briten um ihr Erspartes. Schon geht das britische Pfund auf Tauchstation und die Sparer rennen Banken und Postämtern die Türen ein. Sie suchen Sicherheit im Devisentausch.
Der 23. Juni 2016 wird ein Schicksalstag für Europas Börsen. Entscheidet sich Großbritannien an diesem Donnerstag für den Brexit, den Ausstieg aus der Europäischen Union (EU), droht an den Finanzmärkten am Tag danach der Absturz. Experten warnen vor einer Rezession in Großbritannien, Chaos in der EU und Milliarden-Einbußen für die deutsche Wirtschaft. Eine Abwertung des Pfund Sterling sowie Kursverluste an den Börsen wären die Folge.
Auch ein Verbleib des Landes in der EU wird keineswegs spurlos an Pfund, Dax & Co. vorübergehen. Als sicher gilt in diesem Fall eine Erleichterungsrally, denn viele Anleger fahren wegen der Ungewissheit ihre Investments in Großbritannien schon länger herunter.
Schon jetzt decken sich die Briten mit Euro und Dollar ein. Die Umsätze im Devisenhandel seien seit dem Wochenende um 74 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen, erklärte das UK Post Office. Kunden tauschten die Landeswährung Pfund überwiegend in Euro und Dollar.
"Schwarzer Mittwoch" könnte sich wiederholen
Die heftigste Reaktion droht Experten zufolge an den Devisenmärkten. Nick Parsons, leitender Anlagestratege der National Australia Bank, erwartet eine Wiederholung des "Schwarzen Mittwochs". Am 16. September 1992 brach der Kurs des Pfund Sterling um 4,3 Prozent ein und die Währung fiel aus dem Europäischen Wechselkurssystem. Experten halten einen Fall des Pfund auf den tiefsten Stand seit 30 Jahren fallen für möglich - das wäre der Fall, wenn die Währung auf knapp 1,35 Dollar abschmiert. Schon im Vorfeld geriet die Währung kräftig unter Druck. Aktuell kostet ein Pfund Sterling rund 1,47 Dollar. Auch der Euro dürfte zum Dollar spürbar abwerten.
Besonders schlimm könnte es kommen, sollten nach einem Votum der Briten für den EU-Austritt Spekulationen auf einen Sturz der Regierung von Premierminister David Cameron aufkommen. Dann seien Euro-Pfund-Notierungen um die Parität wahrscheinlich, prognostizieren Devisen-Experten. Derzeit notiert der Euro bei gut 1,13 Dollar.
Londoner Bankenviertel verwaist
Und noch eine Wirkung könnte der Brexit haben: Die Londoner Banker müssten in diesem Fall mit einem Umzug nach Frankfurt oder Paris und mit Gehaltseinbußen von bis zu 80 Prozent rechnen, wie aus Daten des Lohnvergleichsportals Emolument hervorgeht. Dennoch könnte sich für einige Banker ein Umzug in die Mainmetropole lohnen, da die Lebenskosten in Frankfurt 60 Prozent niedriger seien als in London. In Paris hingegen seien das Leben nur rund 35 Prozent günstiger, weshalb sich ein Umzug in die französische Hauptstadt finanziell eher nicht lohne.
Quelle: ntv.de, ppo/rts