Wirtschaft

"World of Warcraft" kehrt zurück China vollzieht 180-Grad-Wende in der Gamingindustrie

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China will die Videospielbranche stärker regulieren, auf Umsatzverluste hat man in Fernost aber auch keine Lust.

China will die Videospielbranche stärker regulieren, auf Umsatzverluste hat man in Fernost aber auch keine Lust.

(Foto: imago/Manngold)

Millionen Menschen zocken täglich "World of Warcraft". Ab Sommer dürften es noch mehr sein. Denn das Online-Multiplayer-Spiel kehrt nach Querelen zwischen Entwicklern und Vertrieb nach China zurück. Ein untypischer Schritt, da Peking zuletzt stärker in den Videospielmarkt eingreifen wollte.

Seit Jahren blickt China kritisch auf seine milliardenschwere Videospielindustrie. Die Regierung in Peking sieht zwar in den erfolgreichen Konzernen eine wichtige Wirtschaftsstütze - aber auch Gefahren. Zu mächtig sollen der globale Marktführer Tencent und NetEase sein, das Risiko von Spielsucht stetig steigen. Es folgen Restriktionen für Spieler in China, noch schärfere Regularien für das Zocken von Online-Games sind Ende 2023 in Planung, werden zu Jahresbeginn aber klammheimlich wieder abgeräumt. Mit zwei Kooperationen vollzieht das Land in Fernost nun die 180-Grad-Wende für die Gaming-Industrie - und bringt mit "World of Warcraft" (WoW) eines der beliebtesten Online-Games zurück auf den chinesischen Markt.

Wer in China Videospiele veröffentlichen will, der muss einen Deal mit einem chinesischen Entwickler eingehen. So erhofft sich Peking mehr Kontrolle über den Markt im eigenen Land. WoW-Entwickler Blizzard und das in Hangzhou ansässige Unternehmen NetEase hatten ihre 15-jährige Partnerschaft 2023 nach einem erbitterten Streit beendet und damit Millionen von Fans in China das Herz gebrochen. Die Server für die Online-Titel "World of Warcraft", "Hearthstone" oder "Diablo" wurden einfach abgeschaltet.

NetEase-Mitarbeiter zerstörten WoW-Statue

Warum der Deal platzte, ist nicht bekannt. Die Schuld sah NetEase allerdings bei Blizzard. Aus Wut wurden die Blizzard-Büros in China von WoW-Fans und NetEase-Mitarbeitern zerstört, ebenso wie eine riesige das Spiel repräsentierende Statue.

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Ein Jahr lang sollen beide Unternehmen anschließend an einem neuen Deal gefeilt haben, der nun steht. Im Sommer kehren die Blizzard-Titel zurück. NetEase-CEO William Ding spricht in der Pressemitteilung zu der Kooperation vom "nächsten Kapitel, das auf Vertrauen und gegenseitigem Respekt beruht". Aber es ist weit mehr als das. Es ist ein zusätzlicher wirtschaftlicher Boost für die Branche und den zweitgrößten chinesischen Spieleentwickler. Denn auch mit Blizzard-Käufer Microsoft konnte NetEase einen Deal eintüten, der künftig neue Titel auf chinesischen Xbox-Konsolen zulässt. In das zuvor transportierte Bild der Regierung passt das aber nicht mehr.

Umsatz vor Prinzipien

Nun kommen also populäre Titel auf den chinesischen Markt zurück, dazu weitere Spiele aus dem Hause Microsoft. Das klingt mehr nach dem Öffnen statt Regulieren einer Branche. Die Auswirkungen der zuletzt angekündigten, dann aber doch nicht umgesetzten Regulierungen für die Branche hatte Peking in jedem Fall unterschätzt. Der Vorschlag, sowohl die Spieldauer zu begrenzen als auch die In-Game-Käufe und Belohnungssysteme zu beschneiden, versetzte sowohl die chinesische Videospielindustrie als auch Anleger in Sorge. Die Folge: An den Handelsplätzen in New York, Hongkong und Shanghai schrumpfte der Wert der größten chinesischen Entwickler innerhalb weniger Tage um rund 80 Milliarden Dollar. Ein kräftiger Dämpfer.

Umsatz scheint dann in China doch mehr Gewicht zu haben als die guten Vorsätze, die Bevölkerung vor etwaigen gesundheitlichen Folgen zu schützen. Denn gerade mit "World of Warcraft" kehrt ein Spiel zurück, dass laut Studien das wohl höchste Suchtpotenzial birgt. In dem äußerst beliebten Online-Multiplayer-Spiel, kämpfen Spieler in der mittelalterlichen Welt von Azeroth gegen Monster und können Expeditionen unternehmen. Viel lukrativer als die gut umgesetzte Idee an sich sind die Käufe, die im Spiel getätigt werden können. Dank mehr als zwei Millionen aktiver Spieler täglich erwirtschaftete Blizzard 2022 mehr als fünf Milliarden Dollar - damals noch einschließlich des chinesischen Markts.

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Während Zahlen zu den In-App-Käufen bei WoW nicht bekannt sind, zeigt sich am Beispiel von "Hearthstone", wie wichtig der chinesische Markt auch für Blizzard ist. Um 57 Prozent schrumpften die Erlöse aus dem im Spiel integrierten Store im Jahr 2023. Was im Fall des virtuellen Kartenspiel-Ablegers von WoW Dutzende Millionen Einbußen bedeutete, dürfte beim Original ein Vielfaches dessen ausmachen.

Dass Peking der Videospielindustrie aus Gier nach wirtschaftlichen Wachstum nun komplett freie Hand lässt, ist aber nicht zu erwarten. Gerade die monatelange Wartezeit bis zum Sommer ist laut "New York Times" ein Zeichen, dass NetEase den Relaunch der Spiele mehr oder minder regierungskonform über die Bühne bringen will.

Quelle: ntv.de

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