"Historische Krise" der Branche Conti beschließt zwei Werksschließungen
30.09.2020, 16:40 Uhr
Im Aachener Reifenwerk soll Ende nächsten Jahres die Produktion eingestellt werden.
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Alles komme zeitgleich zusammen und sorge für die schwerste Krise seit Jahrzehnten. Mit diesen Worten begründet der Autozulieferer Continental sein Sparprogramm. Tausende Jobs stehen auf der Kippe. Für zwei Werke fällt nun der Vorhang.
Der Aufsichtsrat von Continental hat zentralen Umbaumaßnahmen bei dem Autozulieferer zugestimmt und damit den Weg für die Schließung der Werke in Aachen und Karben frei gemacht. Das Gremium beschloss das Ende des Aachener Reifenwerks bis Ende 2021 sowie der Elektronikfertigung in Karben bis Ende 2024, wie der Konzern mitteilte. Demnach sollen rund 2700 Arbeitsplätze durch die Schließungen wegfallen.
Der Aufsichtsrat stimmte nach Konzernangaben darüber hinaus einem geplanten Umbau des Standorts Regensburg zu - 2100 der hier 7600 angesiedelten Arbeitsplätze sind von der "Neuausrichtung" betroffen. Diese Arbeitsplätze sollen nach Unternehmensangaben bis 2024 "entweder verändert, verlagert oder abgebaut werden".
Vorstandschef Elmar Degenhart erklärte, er bedauere die Ängste und Sorgen der Beschäftigten. "Wir versuchen mit aller Kraft, die möglichen harten Auswirkungen unserer Pläne auf das Notwendige zu beschränken, sie abzumildern und sozialverträglich und fair zu gestalten." Die derzeitige Krise der Autobranche sei "größer und schärfer als alles, was wir in den letzten Jahrzehnten gesehen haben", sagte er weiter. "Strukturwandel, sinkende Absätze und jetzt die Coronavirus-Pandemie: Das alles kommt zeitgleich zusammen und verursacht in Summe eine historische Krise in der Autoindustrie", ergänzte Personalvorständin Ariane Reinhart.
"Die Kapitalseite im Aufsichtsrat des Continental-Konzerns hat heute das rigide Sparprogramm des Vorstands gegen die Stimmen und den entschiedenen Widerstand der Arbeitnehmervertreter in dem Gremium auf den Weg gebracht", beklagte die IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Ihr Vorsitzender Michael Vassiliadis warf dem Konzern vor, "die gesamte Mannschaft vor den Kopf gestoßen, die eigene Unternehmenskultur beschädigt und die betriebliche Mitbestimmung mit Füßen getreten" zu haben.
"Unser Ziel ist und bleibt der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen", erklärte Francesco Grioli, Mitglied der Gewerkschaft sowie im Continental-Aufsichtsrat. Es gebe "unzählige Hebel in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, um intelligent mit Krisen wie dieser umzugehen". Bei Continental stehen weltweit 30.000 Stellen zur Disposition, 13.000 davon in Deutschland. Von 2023 an soll der Umbau jährlich mehr als eine Milliarde Euro einsparen.
Das nun in zentralen Punkten abgenickte Strukturprogramm bedeute nicht automatisch 30.000 Kündigungen, betonte Degenhart. Entlassungen seien "immer das allerletzte Mittel"; daher würden nun mit den Arbeitnehmervertretern Lösungen gesucht, Mitarbeiter zu qualifizieren, "zu unterstützen und Beschäftigungsperspektiven zu fördern". Weiter erklärte der Continental-Chef, sein Konzern könne innerhalb des kommenden Jahrzehnts "erneut Beschäftigung in einem bedeutenden Maße aufbauen, wie wir sie aufgrund von Strukturwandel und schwacher Konjunkturlage derzeit verändern müssen".
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa