Wirtschaft

Übernahme vollzogen Credit Suisse ist Geschichte - ihre Milliardenrisiken bleiben

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Noch immer ist nicht entschieden, wie die alte Credit Suisse genau in die UBS integriert werden soll und welche Stellen wegfallen soll. Klar ist: Tausende Mitarbeiter werden ihren Job verlieren.

Noch immer ist nicht entschieden, wie die alte Credit Suisse genau in die UBS integriert werden soll und welche Stellen wegfallen soll. Klar ist: Tausende Mitarbeiter werden ihren Job verlieren.

(Foto: picture alliance/KEYSTONE)

Knapp drei Monate nach der Verkündung der hektisch beschlossenen Zwangs-Übernahme der Traditionsbank Credit Suisse durch die Dauerrivalin UBS ist es so weit: Die Fusion zur Schweizer Mega-Bank ist abgewickelt, die fast 170-jährige Geschichte der Credit Suisse als eine der führenden Finanzinstitutionen der Schweiz geht zu Ende. "Heute erreichen wir einen wichtigen Meilenstein", heißt es in einem von mehreren Zeitungen veröffentlichten Schreiben der UBS: "Wir haben den rechtlichen Abschluss der Übernahme von Credit Suisse vollzogen." Erledigt ist der Problemfall Credit Suisse damit aber noch lange nicht. Weder für die Führung der neuen Bank, noch für die Schweizer Regierung und Behörden und im schlimmsten Fall auch nicht für die Steuerzahler.

Die UBS ist durch diesen Deal nicht nur zu einem Bankengiganten mit 120.000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von rund 1,6 Billionen US-Dollar geworden – etwa doppelt so viel wie die jährliche Wirtschaftsleistung der Schweiz. In dem neuen Giganten leben auch einige der finanziellen Risiken und Altlasten weiter, die die nun ehemalige Credit Suisse zu Fall gebracht haben und der UBS und der Schweiz in Zukunft erhebliche Kopfschmerzen bereiten könnten. Ein Überblick:

17 Milliarden aus Zwangswandelanleihen:

Im Rahmen der staatlich eingefädelten Übernahme der Credit Suisse ordnete die Finanzaufsicht an, dass Anleihen der Bank in Höhe von 17 Milliarden Dollar dem Eigenkapital zugeschlagen werden. Das heißt, die Gläubiger verloren das gesamte Geld, die Schulden der Bank wurden gelöscht und das Eigenkapital stieg um die entsprechende Summe. Wenig überraschend wollen sich die Inhaber dieser Anleihen das nicht gefallen lassen und haben in der Schweiz und auch in den USA Klagen gegen den Schweizer Staat eingereicht. Zwar handelt es sich um spezielle Zwangswandelanleihen: Deren Zweck ist es, Banken zu helfen, Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. Sie sollen einen Kapitalpuffer bilden, der im Krisenfall statt Steuerzahlergeld eingesetzt werden kann, wenn eine Bank vom Staat gerettet werden muss. Allerdings stehen die Chancen der Anleger im Fall der Credit Suisse nicht schlecht, die Milliarden per Gerichtsurteil zurückzubekommen. Denn die Finanzministerin selbst hatte bei Verkündung des Übernahmedeals im März ausdrücklich betont, es handle sich nicht um eine staatliche Rettung, sondern um eine "privatwirtschaftliche Lösung" zwischen Credit Suisse und UBS.

400 Millionen Dollar gestrichene Boni:

Gegen die Umwandlung der Zwangswandelanleihen haben nicht nur deren Inhaber geklagt, sondern auch Mitarbeiter der Credit Suisse. Deren Verträge sahen teilweise vor, dass sie keine Boni erhalten, wenn die Bank die Anleihen in Anspruch nehmen muss. Berichten zufolge sind mit dieser Begründung Bonuszahlungen von insgesamt 400 Millionen Dollar für Credit-Suisse-Führungskräfte gestrichen worden. Ob der Staat oder die Bank die Boni nachzahlen müsste, sollten die Mitarbeiter mit ihrer Klage erfolgreich sein, ist unklar.

Neun Milliarden Verlust-Garantie:

Für einen Teil des Portfolios der Credit Suisse hat sich die UBS im Zuge der Übernahme eine staatliche Teilgarantie für mögliche Verluste einräumen lassen. Diese Vereinbarung gilt für Finanzderivate, einige Darlehen und sogenannte strukturierte Produkte, das heißt für teils sehr riskante Papiere im Umfang von 44 Milliarden Dollar. Von möglichen Verlusten aus diesem Portfolio müsste die UBS zunächst fünf Milliarden Dollar selbst tragen. Für Ausfälle darüber hinaus käme die Schweizer Regierung auf mit bis zu neun Milliarden Euro. Unklar bleibt, was im Falle noch höherer Verluste geschehen würde, was zumindest theoretisch nicht auszuschließen ist.

Alte Rechtsstreitigkeiten und Restrukturierungskosten:

Alle Risiken, die in den Büchern der Credit Suisse schlummern könnten, sind auch der UBS noch gar nicht bekannt. Denn erst mit Vollzug der Übernahme hat sie nun wirklich vollen Einblick. Einer Studie zufolge könnten sich Kosten zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten der Credit Suisse auf drei bis fünf Milliarden Dollar belaufen, rund dreimal mehr als die Bank dafür bisher beiseite gelegt hatte. Vontobel-Analyst Andreas Venditti rechnet zudem mit Restrukturierungskosten von acht bis zehn Milliarden Dollar und Verlusten in Zusammenhang mit dem Eindampfen von CS-Geschäftsbereichen von fünf bis zehn Milliarden Dollar.

100 Milliarden zurückgezahlt:

Es gibt allerdings nicht nur schlechte Nachrichten von der Credit Suisse: 110 Milliarden Franken, die der Schweizer Staat der angeschlagenen Bank zeitweise als Liquiditätshilfe bereitgestellt hatte, hat diese bereits zurückgezahlt. Das Geld war dafür bestimmt, die Auszahlung von Kunden sicherzustellen, die in den Monaten vor Verkündung der Übernahme durch die UBS Geld in großem Stil abzogen. Die Credit Suisse hatte dafür zwar genügend Vermögen, aber nicht immer ausreichend Liquidität. Die Liquiditätshilfen sollten Engpässe überbrücken. Zusätzlich zu dem geliehenen Geld zahlte die Credit Suisse 110 Millionen Franken Zinsen und Gebühren. Bislang hat der Staat bei der Rettungsaktion nicht nur kein Geld verloren, sondern sogar daran verdient. Dafür, dass das so bleibt, gibt es keine Garantie. Allerdings: 2008 in der globalen Finanzkrise hatte der Staat die UBS vor dem Zusammenbruch retten müssen. Die Notenbank schloss diesen Vorgang Jahre später mit einem Milliardengewinn ab.

Quelle: ntv.de

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