Virus-Angst am Aktienmarkt Dax rauscht mehr als fünf Prozent ins Minus
28.02.2020, 11:10 UhrDer Ausverkauf im deutschen Börsenhandel setzt sich fort: In immer neuen Wellen geht es aus Sorge vor Folgen der Coronavirus-Epidemie nach unten. Auf seiner Talfahrt durchbricht der Dax zum Auftakt die 12.000-Punkte-Marke und baut seine Kursverluste am Vormittag weiter aus und erholt sich später nur leicht.
Tiefrote Trendpfeile an der Frankfurter Börse: Der wichtigste deutsche Aktienindex erlebt kurz vor dem Wochenende eine weitere scharfe Korrektur. Nach einer außergewöhnlich schwachen Eröffnung unterhalb der Marke von 12.000 Punkten weiten sich die Verluste im Handelsverlauf weiter aus. Am späten Vormittag notiert der Dax zeitweise mehr als fünf Prozent im Minus. Das bisherige Tagestief liegt bei 11.724,12 Punkten. Anschließend erholte sich der Index leicht, blieb aber deutlich im Minus.
Händler sehen sich mit ungewöhnlich kräftigen Kursverlusten auf breiter Front konfrontiert. Mit einem Dax-Verlust von gut 12 Prozent seit dem vergangenen Freitag erleben die Anleger die schwärzeste Woche seit Beginn der Griechenland-Schuldenkrise im Sommer 2011. Das Rekordhoch aus der Vorwoche bei 13.795 Punkten rückt angesichts der aktuellen Unruhe am Markt immer weiter in die Ferne.
Bereits am frühen Morgen lagen die Abschläge bei den Einzelwerten zwischen minus 0,1 und minus 6,0 Prozent: Kein einziger der 30 Dax-Titel konnte sich im frühen Geschäft im Plus halten. Erwartungsgemäß leiden Aktien aus der Tourismus- und Luftfahrtbranche am stärksten unter den Virussorgen. Die Anteilsscheine der Lufthansa etwa verloren am Dax-Ende zeitweise mehr als 6 Prozent.
Auf Wochensicht lag der Dax am Morgen 9,5 Prozent im Minus. Seit Jahresbeginn hat das Börsenbarometer dagegen bislang lediglich rund 6,6 Prozent verloren. Der Grund ist simpel: Zwischenzeitlich waren die Kurse bis auf ein neues Allzeithoch bei 13.795 Punkten gestiegen waren.
Konjunkturdelle nach der Virus-Krise?
Quelle der aktuellen Verunsicherung ist derzeit vor allem die Frage, wie schwerwiegend die konjunkturellen Folgen der Virus-Epidemie ausfallen werden. Zuletzt waren auch aus Deutschland neue Infektionsfälle bekannt geworden. Daneben scheint der Erreger aus dem zentralchinesischen Wuhan auch in anderen Weltregionen Fuß zu fassen.
Immer mehr Unternehmen müssen die erwarteten Auswirkungen in ihre Geschäftserwartungen aufnehmen. Am Morgen äußerte sich zum Beispiel der deutsche Chemieriese BASF anlässlich der Zahlenvorlage vorsichtig für das laufende und das anstehende Quartal. Konkrete Einbußen lassen sich dabei zunächst vor allem in der Rohstoffnachfrage erwarten.
Virus in Europa, Krieg in Syrien
Dazu kommen psychologische Faktoren: Die Stärke des Abverkaufs habe viele Marktteilnehmer überrascht, meinte ein Marktbeobachter. Dies führe zu immer neuen Verkaufswellen. Abgesehen davon verdüstert sich abseits aller Epidemie-Fragen auch die geopolitische Lage: Im Norden Syriens stehen türkische Truppen in direkter Konfrontation mit den von Russland unterstützten Kräften des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Die Türkei forderte zuletzt die Nato-Bündnispartner offen zur Unterstützung auf.
Mit dem aktuellen Dax-Verlust erleben Börsianer derzeit die schwärzeste Woche seit Beginn der Griechenland-Schuldenkrise im Sommer 2011. Das Rekordhoch aus der Vorwoche scheint in der aktuellen Panik am Markt so schnell nicht wieder erreichbar, heißt es. Die Verkaufswellen treffen auch die Nebenwerte: Der MDax gibt im Lauf des Vormittags um 3,9 Prozent auf 25.183 Punkte nach.
Europaweit blicken Händler auf ausgesprochen verunsicherte Kurse: Der Eurostoxx50 als Leitbarometer der Eurozone liegt aktuell rund 4,2 Prozent im Minus. Auch an den Handelsplätzen in London, Paris und Mailand setzten sich die Kursverluste fort. Die Anleger hätten in den "Panikmodus" geschaltet, kommentierte Analyst Ipek Ozkardeskaya, von der Swissquote Bank.
Die Ausbreitung des Virus hatte bereits seit Beginn der Woche die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt. Hintergrund ist die Sorge vor den wirtschaftlichen Auswirkungen der Epidemie - unter anderem durch Maßnahmen wie Reisebeschränkungen oder Werksschließungen zur Eindämmung der Krankheit. Auch globale Lieferketten sind betroffen. Zuletzt hatten weitere Länder erste Coronavirus-Fälle gemeldet.
Quelle: ntv.de, mmo/wne/AFP/dpa