Wirtschaft

Rauballs dunkle Vergangenheit Der DFB-Aufklärer trägt reichlich Altlasten

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Reinhard Rauball hat nicht nur als Fußballfunktionär Karriere gemacht, sondern auch als umstrittener Geschäftemacher.

(Foto: picture alliance / dpa)

Als DFB-Interimschef will Reinhard Rauball im Skandal um dubiose Millionen und mutmaßliche Bestechung Vertrauen zurückgewinnen. Dabei hat er selbst Erfahrung mit umstrittenen Finanzdeals. Und inoffiziellem Einkommen.

Seit dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach richten sich die Augen auf Reinhard Rauball und Rainer Koch. Auch wenn demnächst wohl Reinhard Grindel beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) das Steuer übernehmen wird: Als kommissarische DFB-Chefs sind Rauball und Koch für die Aufarbeitung der WM-Affäre zuständig, bis Grindel antritt. Sie haben Transparenz versprochen, und Aufklärung. "Wir müssen klare Antworten finden, damit die Leute ihr Vertrauen in den DFB wiederfinden", sagt Rauball.

Das ist durch die Nebelkerzen des DFB und das dröhnende Schweigen der WM-Macher um Franz Beckenbauer mehr als ramponiert. Rauball will Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Doch wie glaubwürdig ist er dabei selbst? All das, worum es in der DFB-Affäre geht - umstrittene Finanzgeschäfte, persönliche Verbundenheit mit Entscheidern und undeklarierte Zahlungen - kennt er aus seiner eigenen Karriere. Sie ist neben Niersbachs Werdegang ein weiteres Paradebeispiel dafür, welche Altlasten deutsche Fußballfunktionäre jahrelang ohne irgendwelche Konsequenzen mit sich herumtragen können.

Millionenzocker am Aktienmarkt

Fußballfans kennen Rauball als Vorzeigepräsidenten des BVB. Seit 2004 führt er die Borussia schon zum dritten Mal. Schon von 1979 bis 1982 und 1984 bis 1986 war er Vereinsboss. Zusammen mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat er den Ruhrpottklub vor der Pleite gerettet. Der Dortmunder Sportanwalt arbeitet seit 1991 als Notar. Doch neben all dem hat er noch eine andere Karriere hingelegt - als umstrittener Geschäftemacher.

Vor seiner DFB-Zeit mischte Rauball über Jahrzehnte bei Aktiendeals am grauen Kapitalmarkt mit. Schon in den 80er Jahren machte er mit Ölgeschäften Millionen, Anleger seiner Firma T.R.V. Minerals allerdings Millionenverluste. 1994 gründete Rauball dann die Firma Eurogas in den USA. Rauball wurde Chef, sein Bruder Wolfgang Chefberater.

Gemeinsam kontrollierten sie die Firma, die angeblich weltweit nach Gasfeldern suchte. Laut den Registrierungsunterlagen bei der US-Börsenaufsicht SEC gab es Projekte in Polen, der Slowakei, Sibirien, der Ukraine und Kanada. Eurogas selbst räumte aber 1998 ein, dass es bis auf eine Testbohrung in Kanada "bisher keinerlei kommerziell verwertbare Gasproduktion" gebe.

Anleger bezahlten Rauballs Verluste

Die meisten Projekte würden "deutlich mehr Kapital benötigen als der Firma derzeit zur Verfügung steht", hieß es damals. Seit Gründung habe man - abgesehen von 500.000 Dollar - "keinerlei Einkünfte" erzielt. Man habe auch "keine Einnahmequelle" und erwarte auch "in naher Zukunft keinerlei Einkünfte", rechne "weiterhin mit erheblichen Verlusten". Eurogas hänge "vollständig vom vorhandenen Kapital ab". Und "vom künftigen Verkauf von Wertpapieren".

Genau der war glänzend gelaufen. Als die Rauball-Firma sich 1994 gründete, stieg der Aktienkurs von wenigen Cent auf über zwei Dollar. Ab 1997 explodierte Eurogas auf über 12 Dollar. Anleger warfen den Rauballs später vor, den Kurs mit unwahren Jubelmeldungen künstlich gepuscht zu haben. Eine groß angebahnte Partnerschaft mit dem US-Ölriesen Texaco platzte. Eine angebliche Beteiligung von RWE-DEA an den Ukraine-Projekten entpuppte sich als bloße Absichtserklärung.

Ab 1995 ermittelte die SEC wegen aufgeblähter Vermögenswerte einer Vorgängerfirma gegen Eurogas. Bis Ende 1998 hatte Eurogas laut Jahresbericht Verluste von rund 43 Millionen Dollar angehäuft - "ausschließlich finanziert durch die Ausgabe von Aktien und Forderungsverkäufe". Der Kurs brach wieder in sich zusammen. Im Februar 1999 verabschiedete sich Reinhard Rauball von Eurogas.

"Geschäftlicher Hallodri" mit Connections

Er hatte einen neuen Posten ergattert. Der damalige NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement ernannte ihn zum Justizminister. Der SPD-Politiker und Rauball waren alte Freunde, kannten sich laut Rauball schon seit 1968 aus Bochumer Studienzeiten. CDU-Mann Herbert Reul, damals NRW-Generalsekretär, sagte bei Rauballs Ernennung im "Focus": "Der Justizminister eines großen Bundeslandes darf nicht im geringsten im Verdacht stehen, ein geschäftlicher Hallodri zu sein, der mit windigen Finanzgeschäften sein Geld verdient."

Doch Rauballs Ministerkarriere währte nicht lange. Nach nur acht Tagen im Amt musste er zurücktreten. Die Eurogas-Sache holte ihn ein: Bis Ende 1998 hatte Rauball bei der Skandalfirma laut den Geschäftsberichten insgesamt mindestens 1,3 Millionen Dollar kassiert. Bezahlte Nebentätigkeiten hätte er sich als Notar aber eigentlich genehmigen lassen müssen. Doch Rauball verschwieg seinen Posten bei Eurogas. Das zuständige Oberlandesgericht leitete ein Disziplinarverfahren ein. Und brachte ihn in die Zwickmühle: Als Justizminister war Rauball letztlich für die Aufsicht über die Notare zuständig - und hätte sich damit selbst in dem Verfahren kontrollieren müssen.

Seit seinem Abgang von der Politikbühne hat Rauball seine Karriere als Fußballfunktionär vorangetrieben. 2004 wurde er zum dritten Mal BVB-Präsident, 2007 Vizepräsident beim DFB und Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Auf Anfrage von n-tv.de wollte Rauball die Angelegenheit nicht weiter kommentieren. "Die Fragestellungen waren bereits im Rahmen der Ernennung von Herrn Dr. Rauball zum nordrhein-westfälischen Justizminister 1999 Gegenstand öffentlicher Diskussionen", heißt es in einer Stellungnahme der DFL. Rauball habe sich bereits zur damaligen Zeit umfassend hierzu geäußert.

Eurogas gibt es übrigens bis heute: 2011 verwandelte sich die Firma in eine Schweizer Aktiengesellschaft und zog von den USA nach Zürich um. Rauballs Bruder Wolfgang ist dort bis heute Chef. Eurogas ging im Dezember 2013 Pleite. Inzwischen hat ein Gericht den Konkurs aufgehoben.

Quelle: ntv.de

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