Zollfreigrenze soll fallen EU geht Temu und Co an den Kragen
03.07.2024, 13:54 Uhr Artikel anhören
Schätzungen zufolge sind im vergangenen Jahr zwei Milliarden Pakete mit einem Warenwert von unter 150 Euro aus Drittstaaten in die Europäische Union gekommen
(Foto: picture alliance / photothek.de)
Um Billigimporte aus China einzudämmen, will die EU die Zollfreiheit für kleinere Sendungen abschaffen. Schon in diesem Monat könnte die Schwelle von 150 Euro fallen - das soll vor allem Temu und Shein zum Verhängnis werden.
Für Päckchen mit einem Warenwert von unter 150 Euro werden bislang bei der Einfuhr in die EU keine Zollgebühren fällig. Besonders Billig-Händler aus Fernost profitieren davon. Schätzungen zufolge sind im vergangenen Jahr zwei Milliarden solcher Pakete aus Drittstaaten in die Europäische Union gekommen. Um diese Flut einzudämmen, will die EU-Kommission noch in diesem Monat anregen, die derzeitige Schwelle von 150 Euro abzuschaffen, berichtet die "Financial Times" (FT) unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Bestimmungen würden für jeden Online-Händler gelten, der Kunden in der EU direkt aus einem Drittland beliefert.
Die wichtigsten Plattformen, die ins Visier genommen werden, sind laut einem EU-Offiziellen die chinesischen Online-Marktplätze Temu und AliExpress sowie der Bekleidungshändler Shein. Die Kommission hatte bereits im Mai 2023 entsprechende Reformpläne auf den Tisch gelegt. Deren Umsetzung soll nun beschleunigt werden, um die Flut von Billigimporten einzudämmen.
Kritik an einer möglichen Streichung der Ausnahmen hat bereits der Verband Ecommerce Europe geäußert, zu dem unter anderem Amazon und Ebay gehören. Die Unternehmen fürchten Vergeltungsmaßnahmen von Handelspartnern der EU.
Ein anderer EU-Beamter warnt gegenüber der FT, dass es schwierig sein könnte, die EU-Länder zur Zustimmung zu bewegen, da die neue Regelung die Arbeitsbelastung der ohnehin schon überlasteten Zollbeamten erhöhe. Dem Handelsverband HDE soll Bundesfinanzminister Christian Lindner signalisiert haben, dass Deutschland ein Ende der 150-Euro-Regelung auf europäischer Ebene unterstützen werde. Das Finanzministerium erklärte im vergangenen Monat, es wolle sich nicht zu konkreten Fällen äußern. Es begrüße aber generell, dass die EU-Kommission Vorschläge vorgelegt habe, um Zoll-Regelungen an die Herausforderungen des Online-Handels anzupassen.
Eine weitere mögliche Maßnahme wäre, große Plattformen zu verpflichten, sich unabhängig von ihrem Warenwert online für Mehrwertsteuerzahlungen zu registrieren. Seit 2021 zahlen Pakete, die an EU-Unternehmen geschickt werden, unabhängig von ihrem Wert bereits Mehrwertsteuer, sind aber zollfrei.
Nach eigenen Angaben hängt das Wachstum von Temu nicht an Regelungen zur zollfreien Einfuhr von Waren. Das Unternehmen sei "offen für alle politischen Anpassungen seitens der Gesetzgeber, die mit den Verbraucherinteressen übereinstimmen", solange diese Maßnahmen fair seien. AliExpress erklärte, man arbeite mit den Gesetzgebern zusammen, um sicherzustellen, dass sich das Unternehmen in einer konformen Position auf dem EU-Markt befände und dies auch in Zukunft tun würden. Bei Shein hieß es, dass das Unternehmen die Bemühungen um eine Reform der Zölle "voll und ganz unterstützt".
Quelle: ntv.de, jki