Sicherung von Lebensmitteln EU will Sanktionen für russische Banken lockern
19.07.2022, 19:21 Uhr
Ein Feuer, das durch russischen Beschuss ausgelöst wurde und die örtlichen Landwirte an der Getreideernte hindern soll, zerstört ein Weizenfeld in der Region Saporischschja.
(Foto: picture alliance/dpa/Ukrinform)
Viele Staaten Afrikas warnen vor Hungersnöten, weil ihnen Getreideimporte aus der Ukraine und Russland fehlen. Das veranlasst die EU zu einem ungewöhnlichen Schritt: Sie möchte eingefrorene Gelder russischer Banken wieder freigeben, falls sie dem Transport von Nahrungsmitteln dienen.
Die Europäische Union will ihre Sanktionen für russische Banken teilweise lockern, um die weltweite Lebensmittelversorgung nicht zu beeinträchtigen. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission sollen blockierte russische Transaktionen wieder freigegeben werden können, wenn sie den Handel mit Getreide oder Düngemitteln betreffen. Die Ukraine hatte die EU vor Zugeständnissen an Moskau gewarnt.
Die Behörden eines Mitgliedstaats können laut dem Text "die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder (...) genehmigen, wenn sie feststellen, dass diese Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen für den Kauf, die Einfuhr oder die Beförderung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln, einschließlich Weizen und Düngemitteln, erforderlich sind".
Den Angaben zufolge betrifft diese Ausnahme sieben sanktionierte russische Banken, darunter auch die staatliche Außenwirtschaftsbank VEB. Die EU-Länder wollten damit "klarstellen, dass die Sanktionen in keiner Weise den Transport von Getreide aus Russland oder der Ukraine behindern", sagte ein Diplomat in Brüssel. Die Europäer reagieren damit auch auf Warnungen vor allem afrikanischer Staaten vor Hungersnöten. Vor dem Ukraine-Krieg importierten diese Länder mehr als die Hälfte ihres Getreides aus der Ukraine oder Russland.
Diplomaten zufolge wollen die EU-Staaten die überarbeiteten Sanktionen bis Mittwochabend oder Donnerstagmorgen formell beschließen. Sie sehen auch ein Einfuhrverbot für russisches Gold in die EU vor. Wegen der geringen Mengen hat das eher symbolischen Charakter.
Auch Russlands Eisenbahn bittet um Lockerungen
Auch Russlands Eisenbahn RZD ist von den Sanktionen des Westens im Zuge des Ukraine-Krieges stark betroffen und bittet die EU, die Strafmaßnahmen zurückzunehmen. Sie seien sozial ungerecht, argumentierte der Staatskonzern im Nachrichtenkanal Telegram. "Die Sanktionen der EU zielen darauf ab, die Möglichkeiten der RZD einzuschränken, ihre humanitären Aufgaben zu erfüllen, und sie sind diskriminierend gegenüber der Bevölkerung Russlands."
RZD landete als eines der ersten Unternehmen auf der Sanktionsliste, nachdem Truppen und Militärtechnik für den Angriff auf die Ukraine zumeist per Bahn an den Einsatzort transportiert worden waren. "Der EU-Ministerrat klassifiziert Züge als 'Luxusgüter' für russische Bürger und blockiert ihre Lieferungen und Reparatur", hieß es. Es handele sich aber um ein umweltfreundliches Verkehrsmittel vor allem für sozial schwache Schichten in Russland. Betroffen seien Rentner, Behinderte und Großfamilien. Zudem verstießen die Sanktionen gegen das Prinzip des freien Wettbewerbs.
Während die russische Führung meist darum bemüht ist, die westlichen Sanktionen als weitgehend unbedeutend darzustellen, ist das RZD-Gesuch ein Eingeständnis, dass die Strafmaßnahmen wirken. Sie erschweren demnach die Finanzierung und die Modernisierung der Bahn. RZD ging auch auf die langjährige Partnerschaft mit dem deutschen Siemens-Konzern ein. Die Zusammenarbeit sei nur wegen des europäischen Exportembargos auf Eisenbahntechnik gestoppt worden. Vor diesem Hintergrund "ruft RZD den EU-Ministerrat dazu auf, die gegen sie angewendeten Sanktionen aufzuheben".
Quelle: ntv.de, lve/AFP/dpa