"Als letztes Mittel" Habeck behält sich Enteignung von Energiefirmen vor
12.04.2022, 17:35 Uhr Artikel anhören
Die Einsetzung der Bundesregierung als Treuhänderin bei Gazprom Germania hatte Habeck mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften begründet.
(Foto: picture alliance/dpa)
Für die deutsche Gazprom-Tochter wurde kürzlich eine Treuhänderin eingesetzt. Dafür war noch das Außenwirtschaftsrecht nötig. Bundeswirtschaftsminister Habeck will diese Möglichkeit auch im Energiesicherungsgesetz verankern und zudem das Instrument der Enteignung klarer fassen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verstärkt die Vorbereitungen für den Fall einer schweren Energiekrise in Deutschland. Eine geplante Novelle des Energiesicherungsgesetzes sieht vor, dass im Krisenfall Unternehmen, die kritische Energie-Infrastruktur betreiben, unter treuhänderische Verwaltung gestellt werden können. Im Extremfall ist auch eine Enteignung möglich. Das sah das Gesetz zwar bereits vor, die Möglichkeit soll aber nun klarer gefasst werden. Die Novelle ging damit in die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung.
Aus Kreisen des Ministeriums erfuhr die Deutsche Presse-Agentur, es gehe darum, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die schnelle Handlungsfähigkeit im Krisenfall sicherzustellen. Daher plane das von dem Grünen-Politiker geführte Ministerium eine Novelle des aus dem Jahr 1975 stammenden Energiesicherungsgesetzes. Das Gesetz war damals eine Reaktion auf die Ölkrise und soll nun an die aktuelle Krise angepasst werden.
Es ermächtigt die Regierung, im Falle einer unmittelbaren Gefährdung oder Störung der Energieversorgung im Wege von Rechtsverordnungen notwendige Maßnahmen zu ergreifen - um die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Energie sicherzustellen.
Deutsche Gazprom-Tochter unter Treuhand
Neu ist, dass Unternehmen, die kritische Energie-Infrastrukturen betreiben - also etwa zur Gas- und Stromversorgung - bei Bedarf unter eine Treuhandverwaltung gestellt werden können sollen. Voraussetzung soll sein, dass sie ihren Aufgaben nicht mehr hinreichend nachkommen und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht.
Das Wirtschaftsministerium hatte vor kurzem die Bundesnetzagentur als Treuhänderin für die deutsche Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom eingesetzt - auf Grundlage des Außenwirtschaftsrechts. Die Bundesregierung kann damit bei einem Erwerb deutscher Unternehmen durch Firmen aus Nicht-EU-Staaten eingreifen.
Habeck hatte die Einsetzung der Bundesregierung als Treuhänderin bei Gazprom Germania mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften begründet. Im Energiesicherungsgesetz soll nun eine neue Rechtsgrundlage für die Treuhandverwaltung geschaffen werden, die von den besonderen Voraussetzungen des Außenwirtschaftsrechts unabhängig ist.
Enteignung - die "ultima ratio"
Als "ultima ratio" ist in der Novelle des Energiesicherungsgesetzes unter klar benannten und engen Bedingungen auch eine Enteignung von Unternehmensanteilen vorgesehen - wenn die Sicherung der Energieversorgung im Bereich der kritischen Infrastruktur nicht anders möglich ist.
Als problematisch wird im Wirtschaftsministerium vor allem gesehen, dass die Raffinerie in Schwedt (Brandenburg) fast vollständig vom russischen Staatskonzern Rosneft übernommen werden soll. Das Ministerium prüft dies derzeit. Habeck hatte gesagt, es werde unter Hochdruck daran gearbeitet, die Abhängigkeit von "russischer Beeinflussung der Infrastruktur" zu überwinden.
Erst kurz vor dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine hatte das Bundeskartellamt noch den Kauf großer Anteile der PCK-Raffinerie Schwedt durch den russischen Staatskonzern Rosneft freigegeben.
Quelle: ntv.de, mpe/dpa