10-Punkte-Plan gegen Umgehungen Habeck nimmt Sanktions-Schummler ins Visier
23.02.2023, 00:01 UhrMit Sanktionspaketen will die EU Putins Kriegsindustrie schwächen. Doch offenbar landen viele geächtete Produkte über Umwege doch in Russland. Wirtschaftsminister Habeck plant jetzt härtere Gegenmaßnahmen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen will die Umgehung von Sanktionen gegen Russland stärker als bislang bekämpfen. Das geht aus einem 10-Punkte-Papier seines Ministeriums hervor, das RTL/ntv exklusiv vorab vorliegt. In dem Papier heißt es, Außenhandelsdaten deuteten darauf hin, dass EU-sanktionierte Güter "in erheblichem Maß" aus der EU und damit auch aus Deutschland in bestimmte Drittländer ausgeführt und von dort nach Russland weiter exportiert würden. "Diesen Umgehungsaktivitäten müssen wir uns gemeinsam effektiver als bislang entgegenstellen, auf nationaler Ebene und auf Ebene der EU", so das Habeck-Ministerium. Man werde sich in Abstimmung mit den anderen Ressorts der Bundesregierung dafür einsetzen, dass darauf der Fokus eines elften Sanktionspakets der Europäischen Union liege.
Zuletzt hatte es immer mehr Berichte darüber gegeben, dass sanktionierte Produkte aus der EU vermehrt in Drittstaaten exportiert werden und von dort nach Russland gelangen. Darunter sind Fahrzeuge, Schlüsseltechnologien wie Halbleiter oder andere für Militärtechnik wichtige Güter. Es gibt sogar Hinweise auf den gehäuften Export von Kühlschränken und Waschmaschinen, in denen Computerchips verbaut sind, die für Russland wichtig sein können.
Habeck fordert nun unter anderem schärfere Ausfuhrbedingungen für sanktionierte Güter, die von Bedeutung für die russische Kriegsmaschinerie sind. Unternehmen soll nur noch dann der Export in bestimmte Drittstaaten ermöglicht werden, wenn sie im Rahmen der Ausfuhranmeldung transparente Endverbleibserklärungen abgeben. Vorsätzliche Verstöße sollten möglichst europaweit unter Strafe gestellt werden.
Habeck will Druck auf Drittstaaten erhöhen
Der Minister will zudem bei der EU schärfere Durchgriffsmöglichkeiten erreichen. Dem Europäischen Rat möchte er ein neues Listungskriterium vorschlagen: Personen und Unternehmen sollen demnach schon allein dann sanktioniert werden können, wenn sie ein Produkt mit EU-Herkunft über eine Firma aus einem Drittstaat nach Russland weitergegeben haben. "Wir setzen uns in Brüssel zudem für die Schaffung einer sanktionsrechtlichen Basis ein, um bestimmte Unternehmen aus Drittstaaten, als Empfänger sanktionierter Güter auszuschließen", heißt es in dem Ministeriums-Papier.
Habeck will darüber hinaus den Druck auf Drittstaaten erhöhen. Dafür brauche es auf europäischer Ebene einen Rechtsrahmen, um "nicht-kooperative Jurisdiktionen" zur Zusammenarbeit zu bewegen - etwa mit der Drohung, Zollerleichterungen aufzuheben.
Der Grünen-Minister fordert zudem eine an jedermann gerichtete Pflicht: Wer über sanktionsrelevante Informationen verfügt, soll diese den Sanktionsdurchsetzungsbehörden melden müssen. Im Verdacht stehen Staaten wie die Türkei, China oder Indien, die sich nicht an den Sanktionen gegen Moskau beteiligen und selbst nicht von Strafmaßnahmen betroffen sind. Auffällig ist auch, dass Handelsströme von Deutschland in russische Nachbarstaaten wie Kirgistan, Kasachstan oder Armenien im vergangenen Jahr deutlich zugenommen haben.
Quelle: ntv.de