Umgehung von US-Sanktionen Huawei baut geheime Chipfabriken auf
23.08.2023, 16:33 Uhr Artikel anhören
Huaweis Smartphone-Produktion wurde von den US-Sanktionen stark beeinträchtigt.
(Foto: picture alliance/AP Photo)
Mit milliardenschwerer Unterstützung des chinesischen Staates treibt Huawei eine eigene Chipproduktion voran. Um die harten US-Sanktionen gegen das Unternehmen zu unterlaufen, spielt der weltgrößte Telekom-Ausrüster dabei wohl nicht mit offenen Karten.
Huawei, der weltgrößte und mit weitreichenden Sanktionen der USA belegte Hersteller von Telekommunikationsausrüstung, baut offenbar ein geheimes Netz aus Chipfabriken auf, um seinen Nachschub an Halbleitern zu sichern. Das berichtet "Bloomberg" unter Berufung auf Informationen der Internationen Branchenvereinigung Semiconductor Industry Association (SIA). Demzufolge haben die Chinesen zwei Chipfabriken übernommen und sind am Bau von drei weiteren beteiligt. In öffentlich zugänglichen Informationen zu keinem der Projekte taucht der Name des umstrittenen Konzerns auf.
Huawei wird unter anderem beschuldigt, durch technologische Hintertüren dem chinesischen Staat Spionage etwa in modernen Mobilfunknetzen zu ermöglichen, in denen die Technologie des Unternehmens verwendet wird. Huawei weist diesen Vorwurf strikt zurück. Mehrere Staaten haben die Verwendung von Huawei-Komponenten in ihren Telekomnetzen inzwischen verboten. Die USA haben zudem den Konzern mit weitreichenden Sanktionen belegt. Amerikanische Unternehmen und solche, die US-Technologie oder Vorprodukte verwenden, dürfen Huawei seit 2020 nur mit Ausnahmegenehmigungen der USA beliefern. Das betrifft nahezu alle Chip-Hersteller, auch chinesische. Selbst Huaweis eigene Tochterfirma, der Halbleiter-Produzent HiSilicon, kann seine modernsten Chips nicht mehr an den Mutterkonzern liefern.
Darüber hinaus hat die US-Regierung im vergangenen Jahr den Verkauf von Mikrochips der neuesten Generation und von Technologie, um diese herzustellen, nach China generell verboten. Washington begründet das mit der Gefahr für die Sicherheit der USA, wegen einer möglichen militärischen Nutzung solcher Chips. Peking sieht darin einen Versuch, Chinas wirtschaftliche und technologische Entwicklung zu bremsen.
Huaweis Bemühungen, eine eigene, verdeckte Lieferkette aufzubauen, zeigen die Schwierigkeit, die amerikanischen Sanktionen durchzusetzen. Zwar haben die großen westlichen Konzerne, die die Produktionskette moderner Mikrochips - vom Design über den Bau der Fabriken und Maschinen bis hin zu Herstellung der Chips - beherrschen, die verbotenen Lieferungen eingestellt. Dennoch gelangt die Technologie offenbar über Umwege nach China und auch zu Huawei. Bei denen von SIA genannten Unternehmen handelt es sich nicht um reine Scheinfirmen, sondern um teilweise mehrheitlich staatliche Technologieunternehmen, die demzufolge eng mit Huawei zusammenarbeiten oder sogar Teil des Konzerns sind. Huawei antwortete nicht auf Nachfragen von "Bloomberg" und der Nachrichtenagentur Reuters zu dem Bericht.
Chinas subventioniert so viel, wie der ganze Rest der Welt
Der chinesische Staat unterstützt die Bestrebungen heimischer Unternehmen, eine eigene, moderne Halbleiterindustrie aufzubauen, mit viel Geld. Allein Huawei soll laut SIA-Informationen umgerechnet 30 Milliarden Dollar erhalten. Insgesamt stecken Chinas Zentral- sowie die Provinzregierungen in den kommenden Jahren 100 Milliarden Dollar in die Halbleiterbranche. Das entspricht etwa den Subventionen der gesamten übrigen Welt in diesem Bereich im selben Zeitraum. Einer SIA-Schätzung zufolge dürfte am Ende dieses Jahrzehnts China über die Hälfte der globalen Produktionskapazität für herkömmliche Mikrochips haben, das heißt für solche außer der neuesten Generation, deren Verkauf nach China die USA sanktioniert haben.
Doch auch dieses Embargo könnte bald seine Wirkung verlieren. Mit einem derart massiven Aufbau von Produktions- und Entwicklungskapazitäten gewinnen chinesische Unternehmen auch immer mehr Knowhow, das für die Herstellung der neuesten Chip-Generation notwendig ist. Huawei selbst hat inzwischen bekannt gegeben, die Produktion von 5G-Smartphones wieder aufzunehmen, die das Unternehmen infolge der US-Sanktionen zeitweise unterbrechen musste. Die notwendigen Chips aus chinesischer Produktion hat Huawei nach eigener Darstellung selbst entwickelt, mit einer ebenfalls selbst entwickelten Software.
Auf Anfrage von Bloomberg teilte das US-Handelsministerium mit, dass es die SIA-Informationen kenne und Entwicklungen verfolge. Neben Huawei stehen bereits mehr als 100 seiner Tochterunternehmen auf der entsprechenden Sanktionsliste, darunter auch zwei der im "Bloomberg"-Bericht genannten Firmen. Bei Bedarf würden die Liste und die Sanktionen angepasst, hieß es weiter aus dem Ministerium.
Quelle: ntv.de, mbo