Wirtschaft

Ökonomen senken Jahresprognose IMK: Bei Energie-Boykott droht tiefe Rezession

Noch im Dezember rechnet das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung für 2022 mit einem Wachstum von 4,5 Prozent. Doch der Krieg trübt die Prognose. Die Experten warnen: Sollte Deutschland nun auf russische Energie-Importe verzichten, dürften die Folgen gravierend sein.

Im Schatten des Ukraine-Krieges wird die deutsche Wirtschaft laut Prognose des IMK-Instituts dieses Jahr deutlich langsamer wachsen oder gar schrumpfen. Im Basisszenario rechnen die gewerkschaftsnahen Fachleute des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in ihrer Vorhersage mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,1 Prozent. Bei einem ungünstigeren Risikoszenario mit weitaus höheren Energiepreisen würde die Wirtschaft hingegen eine leichte Rezession erleben und könnte um 0,3 Prozent schrumpfen. Im Dezember war das IMK noch von 4,5 Prozent Wachstum für 2022 ausgegangen. 2021 war das deutsche BIP um 2,9 Prozent gestiegen.

"Statt eines dynamischen Aufschwungs werden wir dieses Jahr im besten Fall ein moderates Wachstum sehen", erklärte Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. Die Inflationsrate dürfte sich zudem wegen der stark steigenden Energiepreise und weiterer Lieferengpässe in diesem Jahr auf mindestens 6,2 Prozent erhöhen oder im schlimmeren Fall auf 8,2 Prozent, so die Schätzungen der Ökonomen.

Der russische Einmarsch in die Ukraine habe den wirtschaftlichen Erholungspfad jäh blockiert, so Dullien. Nun prägten nicht mehr die langsame, aber kontinuierliche Entspannung der coronabedingten Lieferengpässe und deutliche Zuwächse beim privaten Konsum das Konjunkturbild 2022, sondern dramatisch steigende Energiepreise, außerordentlich hohe Inflationsraten, neue Belastungen von Lieferketten und große Unsicherheit: "Das bremst den privaten Konsum, den Außenhandel und die Bereitschaft von Unternehmen, zu investieren."

Institut rät zu politischen Gegenmaßnahmen

Eine abrupte Unterbrechung von Energielieferungen aus Russland, sei es durch ein deutsches Embargo oder einen russischen Lieferstopp, würde laut IMK in diesem Jahr eine tiefe Rezession in Deutschland verursachen. In diesem Fall würde das BIP deutlich stärker schrumpfen als im Risikoszenario. "Grundsätzlich wäre ein Energieembargo natürlich eine politische Entscheidung, bei der zahlreiche Erwägungen einfließen. Wir wollen aber darauf hinweisen, dass die wirtschaftlichen und auch die sozialen Folgen mit höchster Wahrscheinlichkeit gravierend wären und die Wirtschaftspolitik bereit sein muss, entsprechend zu reagieren", erklärte Dullien.

Mehr zum Thema

Aufgrund der aktuellen Krise ist es laut IMK eine zentrale Aufgabe der Politik, Unsicherheiten zu reduzieren, Beschäftigung und Einkommen zu stabilisieren und wo möglich zu steigern. Dabei gelte es, reale Einkommensverluste gerade bei Haushalten mit kleineren Einkommen zu verhindern oder zumindest stark zu begrenzen.

Außerdem wäre nach Ansicht der Ökonomen als Ergänzung zu den Entlastungsplänen der Bundesregierung ein teilweiser Deckel für die besonders drastisch steigenden Gaspreise sinnvoll. Hier sollte pro Haushalt ein Grundbezug von 8000 Kilowattstunden übergangsweise subventioniert werden, so das IMK. Die vorübergehende Senkung bei den Kraftstoffsteuern sei hingegen sozialpolitisch weniger zielgenau.

Quelle: ntv.de, mbe/rts/DJ

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen