Wirtschaft

Aber kein Grund zum Jubeln? Industrie fährt überraschend dickes Auftragsplus ein

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Der Juni brachte der Industrie mehr Aufträge, doch wie nachhaltig ist das?

Der Juni brachte der Industrie mehr Aufträge, doch wie nachhaltig ist das?

(Foto: dpa)

Statt einen erneuten Rückgang zu verzeichnen, meldet die Industrie für Juni einen Anstieg der Aufträge. Doch wie nachhaltig ist das Wachstum? Sowohl Experten als auch das Wirtschaftsministerium bleiben skeptisch. Die Aussichten bleiben verhalten, wie es heißt.

Die angeschlagene deutsche Industrie meldet sich mit dem zweiten Paukenschlag in Folge zurück: Ihre Aufträge nahmen im Juni völlig überraschend um 7,0 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu und damit so stark wie seit drei Jahren nicht mehr. Großaufträge - insbesondere aus der Luft- und Raumfahrtbranche - trugen dazu bei, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Dennoch kommt das Plus unerwartet, zumal in dieser Größenordnung: Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang von 2,0 Prozent gerechnet, nachdem es schon im Mai mit 6,2 Prozent einen ungewöhnlich kräftigen Zuwachs gegeben hatte.

"Wieder einmal eine faustdicke Überraschung, allerdings auf der erfreulichen Seite. Ist die Rezession am Ende nur ein böser Traum gewesen?", fragte sich LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch angesichts dieser unerwartet positiven Auftragsentwicklung. "So düster, wie derzeit die wirtschaftliche Situation Deutschlands als kranker Mann Europas skizziert wird, ist die Lage nicht", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.

Quartalszahlen weniger rosig

Allerdings deuten Frühindikatoren wie das IFO-Geschäftsklima darauf hin, dass die drei Quartale in Folge nicht mehr gewachsene größte Volkswirtschaft Europas nach wie vor in einer Konjunkturflaute steckt. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hält die Auftragsflut daher nicht für nachhaltig, zumal sie auf Großaufträge zurückgeht. "Der Trend bei den Orders weist immer noch nach unten", sagte Krämer. "Ich erwarte nach wie vor, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte schrumpfen wird."

Weniger gut sieht das Bild aus, wenn auf das gesamte zweite Quartal geblickt wird: Von April bis Juni legten die Bestellungen lediglich um 0,2 Prozent im Vergleich zur Vorperiode zu. "Durch die beiden deutlichen Anstiege in den Monaten Mai und Juni ist der Auftragseinbruch im März von 10,9 Prozent also ausgeglichen worden", erklärten die Statistiker.

Ministerium dämpft Euphorie

Das Bundeswirtschaftsministerium sieht daher keinen Grund zum Jubeln: "Dennoch bleiben die Aussichten für die Industriekonjunktur angesichts des weiter eingetrübten Geschäftsklimas und der schwachen Weltkonjunktur vorerst verhalten". Immerhin: "Die Produktion erhält damit neue Nahrung", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger, zur anziehenden Nachfrage.

Die Bestellungen aus dem Inland gaben im Juni gegen den Trend um 2,0 Prozent zum Vormonat nach, während die Auslandsnachfrage um 13,5 Prozent zulegte - die aus der Euro-Zone dabei um 27,2 Prozent. Einen besonders positiven Einfluss hatte der sogenannte sonstige Fahrzeugbau mit einem Plus von 89,2 Prozent. Dazu zählen der Bau von Schiffen, Schienenfahrzeugen, Luft- und Raumfahrzeugen sowie von Militärfahrzeugen. Auch im Maschinenbau gab es mit 5,1 Prozent ein kräftiges Wachstum, während die Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen ein Minus von 7,3 Prozent meldeten. "Für die Automobilbauer bleibt die Situation derweil schwierig", sagte Volkswirt Gitzel.

In den Umsätzen spiegeln sich die kräftigen Auftragszuwächse noch nicht wider: Der reale Umsatz im verarbeitenden Gewerbe fiel im Juni um 1,6 Prozent niedriger aus als im Vormonat. Im Mai hatte es noch einen Anstieg von 3,4 Prozent gegeben.

Quelle: ntv.de, mli/rts

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