"Talsohle erreicht"Industrie produziert vierten Monat in Folge weniger

Während die Baubranche weiter mit den hohen Zinsen kämpft, kann die Autoindustrie gestiegene Produktionszahlen vermelden. Insgesamt aber schrumpft die Industrieproduktion erneut. Dennoch sehen einige Stimmen die Talsohle erreicht und hoffen auf Stabilisierung oder gar Schwung.
Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im August den vierten Monat in Folge gedrosselt: Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 0,2 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich war die Industrieproduktion von Juni bis August 2023 um 1,9 Prozent niedriger als in den drei Monaten zuvor, wie die Statistiker erklärten.
Die Entwicklung war in den verschiedenen Branchen unterschiedlich. In der Autoindustrie, wo die Produktion im Juni und Juli noch stark gesunken war, wuchs sie im August wieder deutlich. Auch in den Bereichen Möbel und Textilien legte die Produktion zu. Überdurchschnittlich starke Produktionsrückgänge gab es im August dagegen im Baugewerbe, bei der Energieerzeugung und im wichtigen Maschinenbau. Der Baubranche machen steigende Zinskosten zu schaffen, weshalb viele potenzielle Kunden mit neuen Projekten zögern.
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, die zuletzt gestiegenen Auftragszahlen deuteten aber darauf hin, "dass die Industrieproduktion an der Talsohle angekommen sein könnte und in Richtung Jahreswechsel wieder Fahrt aufnimmt". Das sehen verschiedene Ökonomen ähnlich: "Immerhin sieht es nach einer gewissen Stabilisierung auf niedrigem Niveau aus, nicht mehr nach Absturz", sagte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch.
"Konjunkturelle Lage bleibt schwierig"
Dennoch spricht das erneute Minus dafür, dass die deutsche Wirtschaft im zurückliegenden dritten Quartal geschrumpft ist. "Der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts wird zwar nicht besonders groß ausfallen, doch dies zeigt einmal mehr, dass die deutsche Wirtschaft derzeit nicht recht vom Fleck kommt", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Es bedürfte vor allem eines besseren weltwirtschaftlichen Umfeldes, damit es aufwärts gehe. Damit sei aber erst 2024 zu rechnen, wenn etwa der größte deutsche Exportkunde USA wieder Fahrt aufnehmen dürfte.
Das Neugeschäft hat sich für die Industrie insgesamt zuletzt merklich belebt: Von Juni bis August legten die Industrieaufträge um 4,9 Prozent im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten zu. Daraus lasse sich aber "noch keine bevorstehende Trendwende bei der Industrieproduktion ableiten", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Dafür spreche, dass die Unternehmen Umfragen zufolge die während der Corona-Pandemie liegen gebliebenen Aufträge nun abgearbeitet haben. "Die konjunkturelle Lage bleibt bis auf Weiteres schwierig", so das Fazit des Commerzbank-Chefvolkswirts.