Feine Handarbeit Königskrönung kurbelt Porzellangeschäft an
04.05.2023, 15:18 Uhr Artikel anhören
Das königliche Porzellan ist seit dem 14. April erhältlich.
(Foto: picture alliance / Alpha Press)
Die Porzellanindustrie in Großbritannien ist den vergangenen Jahren erheblich geschrumpft. Besondere Ereignisse wie die nun anstehende Krönung von Charles III. sorgen für Schwung in der Branche und befeuern die Erinnerungen an glorreiche Tage.
Mit einem perfekten Pinselstrich bringt die Porzellanmalerin die Goldfarbe auf die zahlreichen königlichen Souvenirs, die derzeit in Stoke-on-Trent im Nordosten Englands hergestellt werden. Jede Tasse geht durch die Hände von 20 Fachkräften, bis sie fertig ist. In den wenigen Fabriken, die in der ehemaligen Porzellan-Hochburg überlebt haben, läuft die Arbeit vor dem 6. Mai - dem Tag der Krönung von König Charles III. - auf Hochtouren. Da seit 70 Jahren kein Monarch mehr in Großbritannien gekrönt wurde, stehen die Hersteller vor großen Herausforderungen.
"Ein Krönungsjahr haben wir natürlich noch nie erlebt und ist auch nichts, worauf du dich jemals vorbereiten kannst", sagt Jason Simms, der die 130 Jahre alte, krisengeschüttelte Firma Duchess China 1888 vor vier Jahren mit einem Geschäftspartner übernommen hat. Derzeit läuft die Produktion dort fünf Tage die Woche - anstatt nur zwei bis drei wie normalerweise. Um die gewachsene Nachfrage nach königlichem Porzellan zu decken, musste Duchess China 1888 sogar mehr Personal anstellen.
Aber geschulte Leute zu finden, ist ein Problem in der auf halbem Weg zwischen Manchester und Birmingham gelegenen Stadt Stoke-on-Trent, seit die meisten Hersteller ihre Produktion in den vergangenen Jahrzehnten aus Kostengründen ins Ausland verlagert haben. Nur eine Handvoll Firmen sind geblieben von einer Industrie, die im 19. Jahrhundert dort mehr als 100.000 Menschen beschäftigte.
Ruhmreiche Vergangenheit
Gary Fraser, Produktionsmanager für Duchess China 1888, arbeitete früher für Dudson, eine Porzellanfabrik, die nach mehr als 200 Jahren im Geschäft 2019 ihre Pforten schloss. "Erwachsene Männer haben geweint", erzählt Fraser. "Innerhalb von 20 Minuten wurden die Maschinen abgestellt, die Tore geschlossen und wir wurden vom Gelände geführt." Erfahrene Porzellanarbeiter haben sich zur Ruhe gesetzt oder arbeiten inzwischen in anderen Bereichen, wodurch laut Fraser viel an Expertise verloren gegangen ist.
Auch Frasers Vater und Großvater haben in der Porzellanherstellung gearbeitet und er erinnert sich, wie beide früher mit Souvenirs von festlichen Anlässen nach Hause kamen, zum Beispiel von Königin Elizabeths II. silbernem Thronjubiläum 1977. "Du hast das Gefühl, du bist Teil der Geschichte", sagt der 57-Jährige. "Diese Dinge werden die Leute ihren Enkelkindern hinterlassen."
Tradition mit hohem Stellenwert
Die für Charles hergestellten Erinnerungsteller, Becher und andere Souvenirs orientieren sich am Porzellan, das 1937 für die Krönung seines Großvaters Georg VI. produziert wurde. Das rot-weiß-blaue Design zeigt die Tudor-Krone, die englische Monarchen seit Heinrich VIII. tragen, sowie den Satz der Nationalhymne "God save the King" in großen goldenen Lettern. Ein Becher kostet umgerechnet 28 Euro, eine Tasse mit Untertasse 50 Euro.
Die Firma hatte seit dem Platin-Thronjubiläum von Königin Elizabeth II. und ihrem Tod im vergangenen Jahr bereits gut zu tun. "Wenn wir auf andere Leute gehört hätten, hätten wir das nie versucht", sagt Simms über die Fortsetzung der Porzellanherstellung. Seit er und sein Kompagnon die Firma im Februar 2019 übernommen haben, mussten sie schon mit Krisen wie Brexit, Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg mit den gestiegenen Energiekosten fertig werden.
Simms hofft, dass das Krönungsporzellan der Beginn einer neuen Ära für Duchess China ist. "Wir wollten, dass es sehr britisch und irgendwie sehr traditionell aussieht. Hoffentlich haben wir etwas geschaffen, das eines Königs würdig ist."
Quelle: ntv.de, Helen Rowe, AFP