Wirtschaft

Energie und Geld sparen Können E-Bikes und E-Roller das Auto ersetzen?

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Die Nutzung von E-Tretrollern ersetzt bisher vor allem kürzere Gänge zu Fuß und nur selten Autofahrten.

(Foto: picture alliance / Flashpic)

Inflation und steigende Benzin- und Gaskosten machen auch unsere Fahrtwege teurer. Elektrische Zweiräder können eine günstige und energiearme Alternative zum Auto sein. Kommt jetzt der Boom für E-Kleinstfahrzeuge? Experten rechnen vor, für wen sich der Umstieg lohnt.

Wer in den nächsten Monaten Energiekosten sparen möchte, denkt in erster Linie wohl ans Heizen. Dabei geben deutsche Haushalte laut Statistischem Bundesamt 233 Euro im Monat fürs Auto und 33 Euro für Bus, Bahn und Taxi aus. Angesichts steigender Preise dürften die Ausgaben in diesem Jahr noch höher ausfallen. Dabei gibt es hier enormes Einsparpotenzial, das die Deutschen teilweise schon ausnutzen.

In einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom gaben 41 Prozent der Befragten an, wegen gestiegener Benzinpreise ihr Mobilitätsverhalten zu verändern - also auf gewohnte Verkehrsmittel zu verzichten oder diese zu wechseln. Weitere Gründe für eine Verhaltensänderung waren die Klimakrise und das Coronavirus. Zu den Gewinnern dieser Mobilitätswende gehören unter anderem das eigene Fahrrad (39 Prozent häufigere Nutzung) und Sharing-Angebote für Fahrräder, Mopeds und auch E-Scooter (14 Prozent häufigere Nutzung).

In den letzten Jahren haben die Verkaufszahlen für elektrisch betriebene Fahrräder und Tretroller - sogenannte Kleinstfahrzeuge - stark zugenommen. Bekannt sind vor allem Pedelecs, bei denen ein kleiner Motor die Fahrt unterstützt, sobald Radfahrende in die Pedale treten. E-Bikes dagegen fahren auf Knopfdruck.

Angesichts steigender Benzinkosten stellt sich nun die Frage, wie viel Geld man mit elektrischen Zweiräder einsparen kann und ob diese eine realistische Alternative zum Auto darstellen. Laut dem Energie-Experten Markus Emmert vom Bundesverband eMobilität sind die Fahrtkosten bei elektrischen Kleinstfahrzeuge zunächst erheblich günstiger sind als beim Auto. "Pedelecs und E-Bikes verbrauchen ungefähr ein bis vier Kilowattstunden pro 100 Kilometer - also 40 Cent bis 1,75 Euro. E-Autos verbrauchen sechsmal so viel Energie auf der gleichen Strecke - das sind etwa 3 bis 9 Euro. Bei Verbrennerfahrzeugen sind es bei den aktuellen Spritpreisen 9 bis 18 Euro pro 100 Kilometer", sagt er gegenüber ntv.de.

Auf den ersten Blick gute Gründe, umzusteigen. Der Haken sei aber, dass die Politik auch die Straßen entsprechend umbauen müsste, so Emmert. Es bräuchte sowohl in der Stadt als auch auf dem Land mehr getrennte Fahrwege, auf denen E-Bikes und E-Tretroller fahren können. Außerdem müssten die elektrischen Zweiräder sinnvoll mit Bus und Bahn kombiniert werden können.

Gibt die Energiekrise der Mobilitätswende den nötigen Schub?

Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung forscht zum Thema Mobilität. Er untersucht unter anderem, inwiefern sich aktuelle Krisen darauf auswirken, wie sich Menschen fortbewegen. "Die momentanen Verteuerungen sind noch zu neu, als dass wir verlässliche, aktuelle Daten dazu haben", dämpft er hohe Erwartungen. Er räumt aber ein, dass Menschen ein Bewusstsein dafür hätten, wenn es in dem einen oder anderen Bereich besonders teuer für sie wird. Sie würden dann nach Alternativen suchen.

Laut Knie könnten mehr Autofahrten eingespart werden, als die Menschen allgemein denken. "Es hält sich das Gerücht, dass auf dem Land längere Strecken gefahren werden. Das stimmt nicht. Ob auf dem Land oder in der Stadt: 90 Prozent der Strecken, die täglich mit dem Auto zurückgelegt werden, sind unter 10 Kilometer, die meisten 5 Kilometer lang."

Studien würden belegen, dass Menschen aller Gesellschaftsschichten zunehmend kritisch gegenüber Verbrennern sind, so der Mobilitätsforscher. Allerdings seien es eher Menschen mit mittlerem und höherem Einkommen, die den Umstieg auf elektrische Fahrzeuge auch umsetzen. "Ich sage es mal ganz brutal: Elektromobilität ist immer noch was für die höher Gebildeten und für Besserverdienende. Das ist auch durch die Energiekrise nicht anders geworden", so Knie.

Gehört das Pedelec oder der E-Tretroller unter den Weihnachtsbaum?

Sharing-Angebote machen Elektrofahrzeuge theoretisch einer breiten Masse zugänglich. Denn dabei können Menschen beispielsweise elektrische Zweiräder minutenweise mieten. Sie müssen also nicht erst einen hohen Kaufpreis stemmen wie bei der Privatnutzung. In Sharing-Bereich könnte die Energiekrise laut Knie durchaus dazu führen, dass Menschen kurzfristig Alternativen zum Auto nutzen. "Wir können es regelrecht mit dem Auge messen: Die E-Tretroller und Pedelecs stehen an den ÖPNV-Stationen", so der Mobilitätsforscher. "Hier braucht es Geschäftsmodelle und Nutzungskonzepte, um die sogenannte letzte Meile zwischen dem Zielort und einer Haltestelle zu überbrücken."

Emmert sieht in der Kombination privater und geteilter Fahrzeuge das größte Potenzial. "Wir haben als Bürgerinnen und Bürger unterschiedliche Rollen - mal brauchen wir was Großes für den Einkauf oder für die Familie, mal was Kleineres, wenn wir alleine unterwegs sind." Die meisten würden bei der Fahrzeugwahl aber nach dem sogenannten Maximalprinzip entscheiden. "Ich schaffe mir dann das Größtmögliche an, auch wenn ich es in den meisten Fällen gar nicht unbedingt brauche. Da sind wir dann schnell beim SUV, der teuer und ineffizient ist." Darum lohne es sich, bei der nächsten Investition genauer hinzuschauen, sagt der Energie-Experte.

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Emmert empfiehlt, bei einem möglichen Umstieg unbedingt die eigenen Lebensumstände zu berücksichtigen. "Dinge unter den Weihnachtsbaum zu legen ergibt nur dann Sinn, wenn sie wirklich einen Nutzen haben. Wenn ich es nicht als Alternative zu anderen Fahrzeugen wie dem Auto verwende, ist es einfach eine zusätzliche Ressource und ein Kostenfaktor".

Vor allem Realismus sei angebracht. "Genau das Pedelec und der E-Tretroller sind nicht die klassische Fortbewegungsform für den Winter. Da muss man auch ein Stück Wahrheit zugrunde legen." Bei einem Kaufpreis von mehreren tausend Euro seien die elektrischen Zweiräder darum auch nicht als kurzfristige Sparmaßnahme geeignet. Auf lange Sicht könne man dagegen umso mehr sparen bei Energieausgaben. Und der Umstieg könne allen zugutekommen. "Vor allem auf gesamtgesellschaftlicher Ebene wären die Einsparpotenziale gigantisch."

Quelle: ntv.de

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