Wirtschaft

Facebook plant Weltwährung "Libra" wäre nicht nur für Banken schlecht

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Facebook strebt nach eigenem Geld.

(Foto: imago images / UPI Photo)

Mit einer eigenen Währung will Facebook ein solides Zahlungsmittel etablieren. Doch dies birgt eine Reihe von Gefahren. So werden Nutzerprofile noch gläserner. Zudem fehlen zentrale Aufseher wie etwa Notenbanken. Damit ist "Libra" eine Gefahr für die Finanzstabilität und auch die Demokratie.

Die Kontakt-Krake Facebook bekommt neuen Appetit. Mit einer geplanten Internetwährung namens "Libra" bläst der Social-Media-Riese zum Angriff auf Banken und Fintecs. Gemeinsam mit milliardenschweren Partnern, etwa den Kreditkartenriesen Visa und Mastercard, will Facebook-Gründer Mark Zuckerberg eine digitale Alternative zu Euro und Dollar schaffen. Ein vollwertiges Zahlungsmittel ohne große Schwankungsbreiten - anders als beim Bitcoin. Die Transaktionen sollen in einer dezentralen Datenbank gespeichert werden. Eine unabhängige Stiftung in der Schweiz soll darüber wachen.

Tage dauernde Überweisungsprozeduren von einem Bankkonto zum anderen? Vergessen: Der neue "Libra" kann über die drei Messenger Facebook, Whatsapp und Instagram binnen Sekunden verschickt werden. Auch ein anderes Argument wird sich Facebook wohl zu Nutze machen: Die Umwandlung von etablierte in exotische Währungen ist bisweilen richtig teuer. Anders bei Facebook: Aufgrund der weltweit eingesetzten Technologie können die Amerikaner solche Transaktionen zu Dumpingkonditionen anbieten. Die Versuchung einer eigenen Währung ist schon deshalb groß, weil sich damit bereits durch Abwicklungsposten wie Überweisungsgebühren oder Transaktionsprovisionen viel Geld verdienen lässt.

Präzise Verbraucherprofile

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Ulrich Reitz leitet die n-tv Wirtschaftsredaktion

Aber es geht um viel mehr: Erstens schickt sich Facebook an, eine Parallelwährung zu schaffen und die Existenz der Banken zu untergraben. Die etablierten Finanzhäuser haben den Trend, Kundendaten intelligent auszuwerten, lange verschlafen – oder wollten die Bedrohung der Digitalriesen nicht wahr haben. Jetzt bekommen sie die Quittung für ihre Ignoranz.

Zweitens ist die Digitalwährung ein neuer Meilenstein auf dem Weg zu einer weltumspannenden Allmacht. Facebook hat dann noch tiefere Einblicke über das Kauf- und Zahlungsverhalten seiner Kunden, über deren Wünsche, Träume und Möglichkeiten. Gepaart mit den Informationen über das Leben seiner Nutzer sind die Zahlungsdaten dann mehr als Gold wert - durch präzise und gläserne Verbraucherprofile, die der werbetreibenden Wirtschaft maximale individuelle Zielgruppenanalysen ermöglichen.

Drittens geht es um die Existenz unserer durch Zentralbanken überwachten Weltwährungen Dollar, Euro, Yen & Co. Die Institution einer von Regierungspolitik unabhängigen Zentralbank, die für ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen über die Stärke der Währung wacht, hat sich bewährt. Eine unabhängige Zentralbank hat sich sogar zu einem Stützpfeiler für die Stabilität von demokratischen Ländern entwickelt. Entstünden Parallelwährungen von volkswirtschaftlichem Gewicht, aber ohne demokratische Legitimation, würde das das gesamte Staatsgefüge gefährden.

Stabilität in Ländern mit hoher Inflation?

Solche Szenarien werden von Zuckerberg und seinen Währungsentwicklern weggelächelt - klar. Der Nutzen sei groß, hört man sie schon sagen. In der Tat: In Staaten mit einem instabilen Währungssystem und hohen Inflationsraten - in der Türkei oder Argentinien zum Beispiel - könnte die Facebook-Währung zu einer neuen Stabilität führen. Dauer ungewiss. Außerdem könnte die neue Währung Sparer anlocken, die ihr Geld abseits des Dollar- oder Euro-Währungsraumes parken möchten. Sicherheit ungewiss. 

Die Politiker sind gefordert. Wenn es unsere Staatsregierungen zulassen, dass volkswirtschaftlich relevanten Parallelwährungen entstehen, wird es um die finanzielle Solidität und demokratische Stabilität unserer Gesellschaft schlecht bestellt sein. Deshalb müssen und werden westliche Staaten handeln.

Allerdings wohl nicht besonders schnell. Das zeigt das Beispiel einer längst überfälligen einheitlichen Besteuerung von US-Digitalkonzernen in der EU. Weil auch nach jahrelanger Diskussion keine einheitliche Lösung erzielt worden ist, gibt es jetzt zunächst nationale Alleingänge von Frankreich und Österreich. Ähnlich lange politische Kapriolen, so muss befürchtet werden, können negative Folgen der kapitalen Pläne von Mark Zuckerberg nicht mehr aufhalten. 

Quelle: ntv.de

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