Wirtschaft

Vor allem in Metropolen Markt für Gewerbeimmobilien wird rauer

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Auch nach dem Ende der Corona-Pandemie bleiben viele Läden und Büro-Arbeitsplätze in Deutschland leer.

(Foto: picture alliance/dpa)

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Das Homeoffice hat sich durchgesetzt, Online-Handel ist längst Alltag - und nun steigen auch noch die Zinsen. Die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien sinkt. Das zeigt eine Auswertung für "Capital".

Der Markt für Gewerbeimmobilien leidet auch in Deutschland unter den gestiegenen Zinsen. Die einzelnen Bereiche sind allerdings extrem unterschiedlich betroffen, wie eine Auswertung des Portals Immoscout24 für "Capital" zeigt. Vor allem die Toplagen wie Berlin, Frankfurt und München gehören zu den eindeutigen Verlierern, wohingegen schlechtere Lagen sogar zulegen.

Experten warnen schon länger vor einer globalen Finanzkrise, die über den Gewerbeimmobilienmarkt ausgelöst werden könnte. Seit der Coronakrise arbeiten immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice, wodurch langfristig weniger Büroflächen benötigt werden. Außerdem werden Bauprojekte im Umfeld von steigenden Zinsen, steigenden Baupreisen und konjunkturellen Unsicherheiten weniger attraktiv. Das zeigt sich vor allem in den USA, wo die Preise für Gewerbeimmobilien laut Commercial Property Price Index im vergangenen Jahr bereits um 14 Prozent gefallen sind.

Sowohl in den USA als auch in Deutschland lohnt allerdings ein genauerer Blick: Denn Gewerbeimmobilien ist ein Sammelbegriff, unter dem Büro-, Handels- oder Gastronomieflächen gefasst werden.

Abwärtstrend im Einzelhandel

Deutlich wird, dass Deutschland weniger stark betroffen ist als die USA. Laut Immoscout24 steigen die Preise für besonders relevante Büroflächen sogar - allerdings unterschiedlich stark. In den Metropolen, wo viele Startups und Techkonzerne sitzen, schlagen die gestiegenen Zinsen stärker durch als auf dem Land. Während Firmen in Metropolen rund 2,7 Prozent mehr im Vergleich zum Beginn des Vorjahrs zahlen, sind die Mieten auf dem Land sogar um 3,5 Prozent gestiegen. Noch deutlicher zeigt sich die Entwicklung in der Nachfrage, die in Toplagen um 25 Prozent einbrach - auf dem Land hingegen um sieben Prozent stieg.

Die gesamte Leerstandsquote in Metropolen stieg laut der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung aber nur von 2,8 auf 4 Prozent. "Das ist immer noch weniger als die 5 Prozent, die wir als gesund betrachten", sagt Immobilienprofessorin Susanne Ertle-Straub von der HAWK Holzminden. 2011 beispielsweise, lag dieser Wert bei 8,8 Prozent. In gewisser Art ähneln sich hier Gewerbeimmobilien- und Arbeitsmarkt. Auf beiden Märkten wird ein gewisses Delta als gesund betrachtet, um auf wirtschaftliche Veränderungen reagieren zu können.

Ein Profiteur dieser Entwicklung scheint weiter die Logistikbranche zu sein. Hier stiegen die Preise und die Nachfrage in allen Lagen, während zeitgleich das Angebot sank. Das sind klare Hinweise für einen anziehenden Markt. Immoscout24 macht hierfür vor allem sogenannte "Microhubs" verantwortlich. Diese werden von Logistikunternehmen vor den Toren einer Großstadt errichtet, um diese später zu beliefern. Allerdings verzeichnete Immoscout auch dort zuletzt eine leicht abnehmende Nachfrage, was auf das Ende des Corona-Hypes im E-Commerce hindeuten könnte.

Bei Einzelhandelsflächen beschleunigte sich der leichte Abwärtstrend der vergangenen Jahre. Obwohl die Corona-Einschränkungen seit Januar 2022 sukzessive zurückgingen, kaufen viele Menschen offenbar lieber online ein. Entsprechend stehen hier 24 Prozent mehr Handelsflächen in Metropolen zur Verfügung. Sowohl in der Peripherie (13 Prozent) als auch in C-Städten wie Osnabrück oder Rostock (18 Prozent) fiel dieser Wert deutlich kleiner aus. Die Differenz, könnte sich daraus ergeben, dass kleinere Städte schon seit vielen Jahren in der Krise sind und es entsprechend weniger Abwärtspotenzial gibt. Überraschend sei das aber alles nicht, sagt Immobilienprofessor Florian Hackelberg, der ebenfalls in Holzminden lehrt. "Dass Retail vielerorts Herausforderungen hat, sieht jeder, der durch die Innenstädte läuft."

Gastronomen suchen bessere Standorte

Ein anderer Profiteur ist offenbar die Gastronomie, deren Flächen in fast allen Lagen stärker gefragt sind. Auch hier profitieren die D-Lagen aber stärker als Großstädte, wo die Nachfrage zuletzt sogar wieder sank. Zeitgleich stieg das Angebot in allen Lagen - insbesondere aber in C- und A-Lagen. Das deutet darauf hin, dass der Markt in starker Bewegung ist - alte Konzepte werden durch neue ausgetauscht oder Gastronomen suchen bessere Standorte. Die gestiegene Nachfrage auf dem Land (10 Prozent) könnte auf veränderte Lebensgewohnheiten hindeuten. Denn viele Menschen zogen während der Corona-Krise von der Stadt aufs Land und suchen dort ein gastronomisches Angebot.

Insgesamt scheint Deutschland keine akute Gewerbeimmobilienkrise zu drohen. "Wir sehen allenfalls eine Rückkehr zur Normalität. Es gibt vielleicht Abwertungen, aber nicht das Platzen einer Blase", sagt Ertle-Straub. Ihr Kollege Florian Hackenberg teilt diese Einschätzung: "Immobilieninvestoren konnten lange Zeit wenig falsch machen. Jetzt ist die Lage nicht flächendeckend kritisch, aber deutlich differenzierter als vor Corona."

Dieser Text erschien zuerst bei "Capital".

Quelle: ntv.de

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