"2000 Euro für 1000 Kubikmeter" Medwedew schürt Furcht vor Gaspreis-Explosion
22.02.2022, 16:02 Uhr
Der Gaspreis für Lieferungen hat sich in diesem Jahr deutlich erhöht.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Gasprojekt Nord Stream 2 liegt auf Eis, der Gaspreis dürfte in den kommenden Tagen anziehen. Auch Russlands Ex-Präsident Medwedew kündigt eine Preisexplosion an. Für den Ernstfall soll Deutschland nun vorsorgen.
Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat die Europäer wegen des Stopps der deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vor einem Anstieg der Gaspreise gewarnt. "Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hat gefordert, die Zertifizierung von Nord Stream 2 auszusetzen", erklärte der heutige stellvertretende Vorsitzende des russischen Nationalen Sicherheitsrates auf Twitter. "Na dann, willkommen in einer neuen Welt, in der die Europäer bald 2000 Euro für 1000 Kubikmeter Gas bezahlen werden."
Medwedew machte keine genaueren Angaben dazu, ob er sich auf einen potenziellen Gaspreis beim Import oder für den Endverbraucher bezog. In jedem Fall läge ein Wert von zwei Euro pro Kubikmeter aber deutlich über aktuellen Preisen.
Scholz hatte das umstrittene Gasprojekt Nord Stream 2 zuvor als Reaktion auf das russische Vorgehen gegenüber der Ukraine auf Eis gelegt. Das Genehmigungsverfahren für die deutsch-russische Gasröhre müsse nun angesichts der Eskalation in der Ostukraine neu bewertet werden, sagte der Kanzler. Russland warf er schwere Verstöße gegen das Völkerrecht vor.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Montagabend das Existenzrecht der Ukraine in Zweifel gezogen und die Anerkennung der separatistischen Gebiete Luhansk und Donezk im Osten des Landes verkündet. Washington verhängte bereits am Montag erste Strafmaßnahmen gegen die Separatisten-Gebiete.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befürchtet vor dem Hintergrund des Konflikts steigende Gaspreise in Deutschland. Der Grünen-Politiker sagte nach einem Treffen mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, es könnte kurzfristig ein Ansteigen der Gaspreise geben. Das hänge auch davon ab, wie sich das Angebot entwickle. Zugleich sagte Habeck, Deutschland sei "versorgungssicher". Krieg treibe Preise nach oben, sagte Habeck. Er betonte die Bedeutung, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern.
"Sollten die Gasspeicher von Russland zurückkaufen"
"Die beste Antwort auf fossile Energiekriege ist die Energiewende mit einem Ausbau der erneuerbaren Energien und deutlichem Energiesparen", sagte Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Das DIW sieht Deutschland allerdings schlecht vorbereitet auf eine drohende Energiekrise. "Wir brauchen eine strategische Gasreserve, die uns wie beim Öl für 90 Tage im Ernstfall mit Gas versorgt", sagte Kemfert.
"Und wir sollten die Gasspeicher von Russland zurückkaufen und in Staatsbetrieb verwalten, damit wir uns ausreichend versorgen können." Es sei mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen - aber nicht, weil Nord Stream 2 gestoppt werde, sondern weil es sich generell um eine sehr ernste geopolitische Krise handele. "Sollten die gesamten fossilen Energie-Bezüge gestoppt werden, wird es erheblicher Anstrengungen bedürfen, dies entsprechend zu kompensieren", sagte Kemfert.
Quelle: ntv.de, mba/AFP/dpa