Korruption und trübe Perspektiven Moody's richtet ernste Worte an Ankara
11.04.2014, 11:20 Uhr
Regierungschef Tayyip Erdogan steht im Mittelpunkt der Proteste - die belasten zunehmen auch die Wirtschaft.
(Foto: REUTERS)
Die politische Krise in der Türkei belastet nun auch die Kreditwürdigkeit des Landes. Moody's stuft das Land nun zurück. Einen Warnschuss gibt es von S&P für Finnland. Freundlich blicken die Kreditwächter dagegen auf Portugal und Litauen.
Die Rating-Agentur Moody's warnt die Türkei vor einer Herabstufung ihrer Bonitätsnote. Der Ausblick für das Rating sei von "stabil" auf "negativ" gesetzt worden, teilte Moody's mit. Der Schritt wurde mit den jüngsten politischen Turbulenzen im Zuge des Korruptionsskandals sowie schwächeren Perspektiven für das wirtschaftliche Wachstum begründet. Die türkische Lira verlor daraufhin zum Dollar an Wert.
Die Staatsanleihen der Türkei werden bei Moody's mit der Note "Baa3" eingestuft, die gerade noch für eine durchschnittliche Kreditwürdigkeit steht. Bei einer Herabstufung würde das Land in den sogenannten Ramsch-Bereich fallen, in den viele Investoren wegen zu großer Risiken nicht mehr investieren dürfen.
Fitch lobt Portugal
Derweil schätzt die Ratingagentur Fitch die Wachstumsaussichten für Portugal wieder besser ein. Das Land komme gut beim Abbau des Haushaltsdefizits voran. Deshalb erhöhten die Kreditwächter den Ausblick für das ehemalige Krisenland, das sich immer noch unter dem EU-Rettungsschirm befindet, auf von "negativ" auf "positiv". Die Bonitätsnote von "BB+" wurde bestätigt. Seit der vorhergehenden Ratingüberprüfung im Oktober 2013 habe sich die fiskalische Situation beträchtlich verbessert.
Portugal hat immer noch einen Schuldenstand von rund 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die Arbeitslosenrat liegt bei 15,3 Prozent, doch die Regierung erwartet ein Wachstum von 1,2 Prozent in diesem Jahr nach einer Rezession von 1,4 Prozent im vergangenen Jahr. Fitch erhöhte indes seine Prognosen f ür dieses Jahr von 0,2 auf 1,3 Prozent und für das nächste Jahr von 1,0 auf 1,5 Prozent. Im Schlussquartal 2013 sei die Wirtschaft zum ersten Mal gegenüber dem Vorjahr gewachsen und zwar mit einer Rate von 1,6 Prozent.
Fitch ist die erste der drei großen US-Ratingagenturen, die ihren Ausblick für Portugal auf "positiv" anhebt. Moody's hatte im November die Aussicht auf "stabil" hochgestuft. Standard & Poor's blieb bei "negativ".
S&P nimmt Finnland in den Blick
Zuvor hatte die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) die Kreditwürdigkeit Finnlands kritischer beurteilt. Zwar bestätigten die Kreditwächter das Spitzenrating "AAA", doch senkten sie den Ausblick auf "negativ", was als Warnung vor einer Abstufung gilt. Die anhaltende Stagnation der finnischen Wirtschaft, die alternde Bevölkerung und Defizite in der Kommunalverwaltung erschwerten die Haushaltskonsolidierung, hieß es zur Begründung.
Finnland gilt bisher wie auch die Bundesrepublik als einer der wenigen Musterschüler unter den Kreditnehmern. Die Spitzen-Bonitätsnote sichert den "AAA"-Ländern sehr niedrige Zinsen für Anleihen am Kapitalmarkt. Ende November hatte S&P den Niederlanden dieses Gütesiegel entzogen. Neben Finnland und Deutschland verfügt darüber in der Eurozone nur noch Luxemburg.
S&P senkte seine Wachstumserwartung für die Jahre 2014 bis 2016 auf durchschnittlich ein Prozent. Zuvor war die Ratingagentur von 1,4 Prozent ausgegangen, was nach ihrer Einschätzung schon niedrig war. Die finnische Wirtschaft bleibe anfällig für Rückschläge in der Eurozone oder auch Russland, dem anderen wichtigen Handelspartner.
Litauen bereit für Eurozone
Dagegen hob S&P die Kreditwürdigkeit Litauens an. Die Bonitätsnote des in die Währungsgemeinschaft strebenden Landes werde um zwei Stufen auf "A-" angehoben. Der Baltenstaat verfüge über ein robustes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Er erfülle alle quantitativen Voraussetzungen für einen Beitritt zur Euro-Zone. Nach Einschätzung der Bonitätswächter dürfte die Währungsgemeinschaft Litauen eine Mitgliedschaft ab 2015 anbieten. Diesen Termin hat Litauen ins Auge gefasst, um in einem zweiten Anlauf einen Beitritt zu schaffen. Vor einigen Jahren war es an einem verfehlten Inflationsziel gescheitert.
Litauen wäre das 19. Land des Euro-Raums. Von dem Beitritt verspricht es sich unter anderem einen verstärkten Handel und steigende Investitionen. Erst Anfang Januar hatte der baltische Nachbar Lettland den Euro eingeführt, Estland ist seit 2011 dabei.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/AFP