Wirtschaft

Boom oder Blase?Rekordfinanzierungen katapultieren KI-Startups ins Rampenlicht

29.12.2025, 17:37 Uhr
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Die viele Milliarden Dollar schweren Investitionen zahlreicher Unternehmen in Künstliche Intelligenz haben zuletzt Sorgen über eine Spekulationsblase geschürt. (Foto: picture alliance / CHROMORANGE)

Trotz wachsender Sorge vor einer Spekulationsblase haben die größten KI-Startups im Silicon Valley in diesem Jahr rekordverdächtige 150 Milliarden Dollar eingesammelt. Für den Fundraising-Boom gibt es gleich mehrere Gründe.

Während die Angst vor einer KI-Blase wächst, zeigen Daten von PitchBook: Die angesagtesten Startups im Silicon Valley haben in diesem Jahr die Rekordsumme von 150 Milliarden US-Dollar eingesammelt und damit den Rekordwert aus dem Jahr 2021 in Höhe von 92 Milliarden deutlich übertroffen, das berichtet die "Financial Times" (FT).

Risikokapitalgeber und Branchenexperten gehen demnach davon aus, dass das Geld den Gründern helfen werde, sich gegen einen Investitionsrückgang abzusichern. "Man sollte das Eisen schmieden, solange es heiß ist", zitiert die "FT" Lucas Swisher, Partner bei Coatue. Er hat OpenAI, Databricks und SpaceX unterstützt. "2026 könnte etwas Unerwartetes passieren, wenn der Markt die Möglichkeit bietet, sollte man eine solide Bilanz aufbauen."

Die diesjährige Rekordsumme wurde vor allem durch eine Handvoll großer, beispielloser Deals angekurbelt. Dazu gehören laut "FT" die von Japans SoftBank angeführte Finanzierungsrunde von OpenAI in Höhe von 41 Milliarden US-Dollar, die 13 Milliarden US-Dollar, die Anthropic im September einnahm, und die Investition von Meta in Höhe von mehr als 14 Milliarden US-Dollar in das Datenkennzeichnungs-Startup Scale AI.

Eine Reihe von Investoren erzählte der "FT", Startups geraten zu haben, Reserven aufzubauen, solange die Begeisterung für das Potenzial der KI, die Wirtschaft zu verändern, noch groß ist. "Das größte Risiko [für Start-up-Gründer] besteht darin, dass man nicht genug Geld aufbringt, die Finanzierungsmöglichkeiten versiegen und das Unternehmen vor dem Aus steht", zitiert die Zeitung Ryan Biggs, Co-Leiter der Venture-Investment-Abteilung bei Franklin Templeton. "Oder man nimmt eine leichte Verwässerung in Kauf, und wenn das Unternehmen funktioniert, spielt das wirklich keine Rolle: Man ist so oder so außerordentlich reich."

Laut der Softwaregruppe Carta, die private Märkte beobachtet, beschaffen sich Startups im Durchschnitt alle zwei bis drei Jahre neue Finanzmittel. In letzter Zeit wenden sich jedoch die erfolgreichsten KI-Startups innerhalb weniger Monate wieder an Investoren – während für viele kleinere Startups die Finanzierungsquellen versiegen. Investoren sagten der "FT" außerdem: Gründer stocken ihre Bilanzen auch deswegen auf, um Übernahmechancen zu nutzen. Insbesondere dann, wenn sich die Stimmung der Investoren im nächsten Jahr ändert und kleinere Konkurrenten Schwierigkeiten haben, neue Mittel zu beschaffen.

Ein weiterer Treiber für den Fundraising-Boom im Jahr 2025 ist der Einschätzung der "FT" zufolge: Führende KI-Unternehmen wachsen inzwischen weitaus schneller als frühere Tech-Startups. Perplexity, die KI-Suchmaschine, die Google herausfordern will, habe demnach im vergangenen Jahr viermal Geld aufgenommen - obwohl das Unternehmen eigenen Angaben zufolge kein weiteres Kapital benötigt hat.

Hochkarätige Finanzierungsrunden bieten Startups darüber hinaus auch die Möglichkeit, sich in einem hart umkämpften Markt für KI-Ingenieure bei potenziellen Kunden und Mitarbeitern zu präsentieren. "Als Start-up muss ich zeigen, dass mein Eigenkapital mehr wert ist als ein Gehaltsscheck", sagte Swisher der "FT" und nannte den Finanztechnologiekonzern Ramp als Beispiel für ein Start-up, das seine steigende Bewertung als Instrument zur Talentakquise genutzt hat.

Die viele Milliarden Dollar schweren Investitionen zahlreicher Unternehmen in Künstliche Intelligenz haben zuletzt Sorgen über eine Spekulationsblase geschürt. Einige Beobachter und Beteiligte verweisen auf das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Damals waren Aktienkurse auf breiter Front abgestürzt, nachdem sich die hohen Erwartungen von Anlegern in die damaligen Technologieunternehmen nicht erfüllt hatten.

Einige Großinvestoren haben kürzlich einen Teil ihrer KI-Bestände abgestoßen, was Befürchtungen schürt, dass ein Ausverkauf am Markt unmittelbar bevorsteht. Der Hedgefonds des Tech-Milliardärs Peter Thiel verkaufte im dritten Quartal seine gesamte Beteiligung an Nvidia, ebenso wie SoftBank-Geschäftsführer Masayoshi Son, obwohl er diese Erträge in eine massive Wette auf OpenAI gesteckt hat.

Auch wenn der Chipkonzern Nvidia zuletzt mit starken Zahlen die KI-Sorgen bremste: Die mahnenden Stimmen zum Boom verstummen nicht. So wird gemutmaßt, dass sich die Investitionen in KI für viele Unternehmen abseits der US-Tech-Riesen erst später als gedacht oder nur kaum in barer Münze auszahlen. Andere wie EZB-Vizepräsident Luis de Guindos kritisieren die zunehmende Marktkonzentration und Vernetzung zwischen einer Handvoll großer Techunternehmen. Er warnte wiederholt vor einer Börsenkorrektur.

Auch die Deutsche Bank mahnt zur Vorsicht, sieht aber keine Blase. "KI ist ein Game-Changer und wird auch 2026 ein strukturelles Wachstumsthema bleiben", sagt Christian Nolting, weltweiter Chefanlagestratege für Privatkunden. Vor allem in den USA und China werde enorm investiert.

Quelle: ntv.de, jki

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