Angst vor Corona-Quarantäne Riesenstau von Containerschiffen vor Shanghai
19.04.2022, 13:31 Uhr Artikel anhören
Chinas rigorose Null-Covid-Strategie bringt den weltweit größten Hafen an die Kapazitätsgrenze. Lkw-Fahrer weigern sich aus Angst vor dem Quarantäne-Lager, durch Shanghai zu fahren. Warenlager sind dicht, Hafenarbeiter können das Gelände nicht verlassen.
Während in Deutschland die Inflation angesichts kräftig steigender Energiepreise nach oben schießt, baut sich bereits die nächste Welle auf. Der weltweit größte Hafen Shanghai nähert sich dem Stillstand – und damit droht eine massive Störung der weltweiten Lieferketten, die für einen neuerlichen Preisschub sorgen dürfte.
Der Grund: Das Wirtschafts- und Finanzzentrum im Osten Chinas steht im Fokus der schlimmsten Corona-Infektionswelle in der Volksrepublik seit Beginn der Pandemie. Die Regierung setzt auf eine kompromisslose Null-Covid-Strategie und hat deshalb die meisten der 26 Millionen Einwohner der Stadt in einen harten Lockdown gesteckt. Ein Ende des Lockdowns ist nicht in Sicht. Offiziellen Angaben zufolge gibt es in der Stadt derzeit täglich 20.000 neue Infektionen. Auch wenn die meisten asymptomatisch sind, wird die Regierung an ihrer Null-Covid-Strategie festhalten.
Der Lockdown wurde vor rund drei Wochen verhängt, und die Auswirkungen sind mittlerweile auch im Hafen zu spüren. An der Küste stauen sich von Tag zu Tag mehr Frachtschiffe, um entladen zu werden.
Der riesige Hafen ist zwar von den Behörden nicht geschlossen worden, doch seine Funktionsfähigkeit ist massiv eingeschränkt. Schätzungen zufolge stehen derzeit rund 300 Schiffe – darunter viele Container-Riesen – im Stau. In normalen Zeiten sind es zu dieser Zeit im Jahr viel weniger.
Die Hafenarbeiter arbeiten und schlafen auf dem Gelände. Damit soll verhindert werden, dass sie mit der Außenwelt in Berührung kommen und sich mit dem Coronavirus infizieren. Denn wer positiv getestet wird, muss in ein zentrales Lager – etwa in Messehallen.
Diese harten Maßnahmen führen unter anderem dazu, dass viel zu wenig Lastwagen in den Hafen kommen, um die gelieferten Güter von Eisenerz bis Getreide abzuholen. Viele Spediteure und ihre Fahrer wollen nicht das Risiko eingehen, in Shanghai zu fahren. Denn wird bei einem der obligatorischen Massentests bei ihnen eine Corona-Infektion festgestellt, müssen sie für bis zu drei Wochen in strikte Quarantäne.
Hinzu kommt, dass einige Fabriken die Produktion ausgesetzt haben. Außerdem sind viele Lagerhäuser geschlossen. Insgesamt führt das dazu, dass sich immer mehr Container in den Hafen-Terminals stauen und die Abstellflächen knapp werden. Es dauert tagelang, bevor angelieferte Güter den Hafen verlassen. Reedereien lenken ihre Container-Riesen deshalb in andere chinesische Häfen um, denen damit langsam auch die Überlastung droht.
Wie stark das die weltweiten Lieferketten stören kann, hat sich gezeigt, als Corona-Maßnahmen die Container-Terminals in den Häfen von Shenzen und Ningbo weitgehend lahmlegten. Zehntausende Container steckten in den Terminals und auf Schiffen fest – und fehlten damit an anderer Stelle. Es dauerte Wochen, bis die Staus in den Häfen abgebaut waren. Die Störungen waren weltweit zu spüren. Fehlende Ware und steigende Transportkosten heizten die Inflation an.
Shanghai ist der wichtigste Hafen Chinas, die Region ist ein Zentrum der Automobilproduktion und Zulieferer für die Elektroindustrie. Den Analysten der spanischen Bank BBVA zufolge werden 20 Prozent der Exporte, die China in Containern verlassen, über Shanghai verschifft.
Quelle: ntv.de