Wirtschaft

"Blick hat sich sehr verändert" Scholz will in China auch über Marktöffnung sprechen

Bereits in seiner Rolle als Finanzminister war Scholz in China zu Gast - damals noch an der Seite von Ex-Kanzlerin Angela Merkel.

Bereits in seiner Rolle als Finanzminister war Scholz in China zu Gast - damals noch an der Seite von Ex-Kanzlerin Angela Merkel.

(Foto: picture alliance/dpa)

Deutschlands wichtigster Handelspartner China bekommt Besuch vom Kanzler. Doch die Weltlage hat sich geändert. Die weltgrößte Autokratie wird im Westen mit anderen Augen gesehen. Kritiker fordern von Scholz eine härtere Gangart. Dieser will eine chinesische Marktöffnung ansprechen.

Bundeskanzler Olaf Scholz will kommenden Freitag bei seinem Besuch in China neben internationalen Themen wie der Bekämpfung des Klimawandels und dem Ukraine-Krieg auch Menschenrechtsthemen und Fragen chinesischer Marktöffnung ansprechen. Das kündigte Regierungssprecher Steffen Hebestreit an. "Am Freitag, 4. November, wird der Bundeskanzler zu einem eintägigen Antrittsbesuch in China erwartet", erklärte der Sprecher. Zunächst werde Scholz in Peking Präsident Xi Jinping treffen und im Anschluss daran werde der Kanzler ein Gespräch mit Ministerpräsident Li Keqiang führen.

Gegenstand der Gespräche sei "die ganze Bandbreite" der Beziehungen, sagte Hebestreit. Dabei solle es auch um autokratische Bestrebungen innerhalb Chinas und die Frage der Menschenrechte insbesondere mit Blick auf den Umgang mit Minderheiten und die "Reziprozität für die Öffnung der chinesischen Märkte" gehen.

Hebestreit bestätigte, dass Scholz auf seiner Reise, zu der er bereits am Donnerstag in Berlin aufbricht, von einer Wirtschaftsdelegation begleitet wird. Er ging davon aus, dass es im Rahmen der Gespräche eine Pressekonferenz geben werde. Auf Nachfrage betonte Hebestreit, "dass der Blick, den wir auf China haben, sich in den letzten Monaten und Jahren schon verändert hat". Die veränderte Weltlage und die von Scholz benannte "Zeitenwende" seien Dinge, die berücksichtigt werden müssten.

Klare Positionierung von Scholz gefordert

Politikerinnen und Politiker der Ampel-Koalition forderten von Scholz eine klare Positionierung in Bezug auf die Volksrepublik. Scholz müsse "ganz deutlich machen, wo die Grenzen bei Geschäften mit einer Demokratie sind", sagte Juso-Chefin Jessica Rosenthal der "Rheinischen Post". Der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte forderte mit Blick auf die Entscheidung zum Hamburger Hafen, Scholz müsse bei seinem Antrittsbesuch eine "deutlich härtere Gangart gegenüber China" einschlagen.

Aus der Union kam grundsätzliche Kritik an der Reise des SPD-Politikers. "Der Bundeskanzler tut so, als habe sich in China unter Xi Jinping nichts geändert, und reist wie eh und je mit einer riesigen Wirtschaftsdelegation nach China", sagte CDU-Außenexperte Norbert Röttgen den RND-Zeitungen. "Das ist das falsche Signal nach innen und außen."

Im Zentrum der Kritik steht die Entscheidung des Bundeskabinetts vom Mittwoch, das trotz breiter politischer Bedenken grünes Licht für einen Einstieg der staatlichen chinesische Reederei Cosco beim Hamburger Hafen gegeben hatte. Auf Druck mehrerer Ministerien, allen voran des Bundeswirtschaftsministeriums von Robert Habeck von den Grünen, wurde dem Staatskonzern nur eine Beteiligung von weniger als 25 Prozent erlaubt.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Rosenthal sagte: "Es kann nicht sein, dass China glaubt, mit Druck seinen Einfluss derart ausbauen zu können, ohne auch deutschen oder europäischen Unternehmen solche Investitionen in chinesische Infrastruktur zu gewähren." Sie fügte hinzu: "Da muss man es als Bundesregierung auch mal aushalten, wenn man den Diktator Xi Jinping vor den Kopf stößt. Denn gibt man dem Druck nach, vertieft sich die Abhängigkeit nur immer mehr." Im Umgang mit China dürfe Deutschland "nicht die gleichen Fehler wiederholen, die wir mit Russland gemacht haben", warnte Rosenthal.

Scholz "kein Freund von chinesischem Decoupling"

Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Lechte, nannte es nicht nachvollziehbar, dass Scholz trotz Warnungen dem Verkauf der Anteile zugestimmt habe. "Sich von einem autoritären System ohne Not abhängig zu machen, finde ich fahrlässig und kurzsichtig", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer sagte den RND-Zeitungen, es bringe Scholz in Peking vielleicht ein paar Punkte, dass er einem "offenen chinesischen Erpressungsversuch in Sachen Cosco" nachgegeben habe. Es schade aber Deutschlands Ansehen bei anderen Verbündeten.

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Scholz' Sprecher Hebestreit betonte als Reaktion auf die Kritik, der Kanzler habe "grundsätzlich immer wieder gesagt, dass er kein Freund davon ist, chinesisches Decoupling zu betreiben", also sich von China abzuwenden. Er strebe aber eine Diversifizierung an und gehe davon aus, dass man in eine multipolare Welt übergehe, in der eine ganze Reihe von Machtzentren bestimmend sein würde - China, Europa, die USA, aber auch andere Länder.

Unterdessen bestätigte das Wirtschaftsministerium, dass auch eine chinesische Übernahme im Bereich der Chipfertigung geprüft werde. Derzeit laufe ein Investitionsprüfverfahren zum Erwerb der Dortmund Semiconductor GmbH durch die schwedische Silex Microsystems AB, deren mittelbare Gesellschafterin die chinesische Sai MicroElectronics Inc sei. Jedoch sei das Verfahren noch nicht abgeschlossen. Ob dies noch vor der Kanzlerreise der Fall sein werde, konnte ein Ministeriumssprecher bei derselben Pressekonferenz nicht sagen.

Quelle: ntv.de, kst/DJ/AFP

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