Gabriel ermahnt Konzernspitze Schüchtert die Deutsche Post Streikende ein?
13.05.2015, 01:22 Uhr
In dem derzeitigen Tarifkonflikt geht es um Löhne, Arbeitszeiten sowie den Plan der Post, einen Teil des Paketgeschäfts in Billig-Gesellschaften auszulagern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Arbeitskampf bei der Deutschen Post gewinnt an Schärfe. Schuld ist offenbar der Konzern. Er soll laut Verdi Streikenden mit dem Verlust ihrer Jobs drohen - und ihnen zu viel Lohn abziehen.
Die Gewerkschaft Verdi wirft der Deutschen Post einem Zeitungsbericht zufolge Einschüchterung von Streikenden vor. Ihnen werde mit dem Verlust ihres Jobs gedroht, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf die Gewerkschaft. Betroffen seien Mitarbeiter mit befristeten Verträgen.
Verdi hat den Angaben zufolge Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingeschaltet. Dieser halte die Vorwürfe für glaubhaft. In seiner Eigenschaft als SPD-Vorsitzender habe Gabriel den Vorstandschef der Post, Frank Appel, zur Stellungnahme aufgefordert. Die Post bestreitet die Vorwürfe nicht ausdrücklich, wie die Zeitung weiter schreibt.
"Einige sind total eingeschüchtert"
Verdi stützt sich demnach auf Anrufe, Gedächtnisprotokolle und Vermerke von Betroffenen. Eine Arbeitnehmerin zitierte eine Führungskraft mit den Worten, die "übergeordneten Stellen" schauten darauf, wer streike und wer nicht: "Und die haben auch schon den Hinweis gegeben, dass sie gerade bei befristeten Kräften genau auf die Verträge schauen." In einem Zustellstützpunkt habe der Leiter mit allen befristet Beschäftigten, die an einem Warnstreik teilnahmen, Einzelgespräche geführt. "Einige sind total eingeschüchtert und erklärten mir, dass sie an keinem Streik mehr teilnehmen", berichtete daraufhin eine Betriebsrätin der Gewerkschaft.
Verdi-Vize Andrea Kocsis stellte die Vorwürfe in anonymisierten Zitaten in einem vierseitigen Brief an SPD-Chef Gabriel zusammen und sagte der "Süddeutschen Zeitung", Zeitpunkt, Wortwahl und Argumentationsketten fügten sich zu einem "systematisch gesteuerten Bild".
Nicht der einzige Vorwurf gegen die Post-Spitze
Dass Gabriel die Vorwürfe für zutreffend hält, wird aus der Wortwahl des Briefes deutlich, den er am 4. Mai an Post-Chef Appel schrieb und der dem Blatt vorliegt. Darin formulierte er: "Offenbar haben Vorgesetzte Druck ausgeübt, um Verdi-Mitglieder gegen ihre Gewerkschaft in Stellung zu bringen." Allen Arbeitgebern, "ganz besonders aber den großen Unternehmen mit Bundesbeteiligung", müsse jedoch die "unbedingte Achtung sowohl persönlicher wie kollektiver Arbeitnehmerrechte abverlangt werden". Der Bund hält an der Deutschen Post AG noch 21 Prozent.
Die Deutsche Post reagierte auf Anfrage der "Süddeutschen Zeitung" mit einem schriftlichen Statement eines Sprechers. Es sei "nicht Teil unseres Führungs- und Kommunikationsverständnisses, Druck auf Verdi-Mitglieder auszuüben", hieß es darin. Es sei "jedoch selbstverständlich, dass unsere Führungskräfte unseren Beschäftigten die Auffassung des Unternehmens zur Notwendigkeit der Schaffung wettbewerbsfähiger Löhne intensiv erläutern und mit ihnen diskutieren". In dem derzeitigen Tarifkonflikt geht es um Löhne, Arbeitszeiten sowie den Plan der Post, einen Teil des Paketgeschäfts in Billig-Gesellschaften auszulagern.
Es gibt aber noch weitere Anschuldigungen gegen das Unternehmen. Verdi wirft dem Konzern vor, im April Streikenden zu viel Lohn abgezogen zu haben - und zwar pro Streiktag 1/23 ihres Lohns, obwohl nur 1/30 zulässig gewesen wären. Dazu erklärte die Post auf Anfrage der Zeitung, sie werde ihre Praxis nun umstellen. Mit der Lohnzahlung im Juni werde die April-Auszahlung "korrigiert" und die Differenz erstattet.
Die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Arbeitnehmerrechte, Beate Müller-Gemmeke, sagte dem Blatt, die Bundesregierung müsse "endlich ihren Einfluss im Aufsichtsrat nutzen, damit die Post zu einem fairen Umgang zurückfindet".
Quelle: ntv.de