Nachfrage ist schwach Stimmungstief in der Chemiebranche weitet sich aus
04.07.2023, 08:36 Uhr Artikel anhören
Allein in den ersten drei Monaten fiel die Produktion der Branche um mehr als ein Sechstel.
(Foto: picture alliance / Panama Pictures)
Dass die Lieferengpässe überwunden sind, ist beinahe die einzige gute Nachricht in der Chemieindustrie. Geschäftsaussichten und Auftragslage sind mehr als mau. Die Unternehmen wollen nun mit Preissenkungen die Geschäfte ankurbeln.
Die Stimmung in den Chefetagen der exportstarken deutschen Chemieindustrie ist im Juni eingebrochen. Das Barometer für das Geschäftsklima fiel auf minus 28,3 Punkte, nach minus 12,5 im Mai, wie das Münchner IFO-Institut zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte. Besonders die Aussichten für die kommenden sechs Monate haben sich weiter verschlechtert: Dieses Barometer fiel um mehr als 20 Punkte auf minus 25,6 Zähler.
"Es sind nicht nur die hohen Energie- und Produktionskosten, die die Geschäfte der Chemie belasten", sagte IFO-Branchenexpertin Anna Wolf. "Auch die Auftragslage vieler Unternehmen hat sich weiter verschlechtert, denn die globale Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen ist immer noch schwach." Auch die aktuelle Geschäftslage wird nun noch schlechter beurteilt: Der Indikator fiel auf minus 31 Punkte und somit auf den tiefsten Wert seit Juni 2020. Eine der wenigen positiven Entwicklungen ist dem IFO-Institut zufolge die Versorgung mit Vorprodukten: Nur noch jedes achte Unternehmen meldeten hier Engpässe. Das ist der niedrigste Wert seit 2021.
Bei den Preisen zeichnet sich ein Ende der Aufwärtsspirale ab: Die Mehrheit der Unternehmen will inzwischen ihre Preise senken, wie die IFO-Forscher herausfanden. Ihre Wettbewerbsposition beurteilten die Unternehmen weniger negativ als noch im ersten Quartal 2023.
Zwischen Januar und Ende März fiel die Produktion in der Chemieindustrie nach Angaben des Branchenverbandes VCI um fast 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für 2023 rechnete der VCI zuletzt mit einem Rückgang der chemisch-pharmazeutischen Produktion von fünf Prozent. Er äußerte mehrfach Kritik am Industriestandort Deutschland. Dieser werde international immer weniger wettbewerbsfähig. "Die Gefahr ist groß, dass in der energieintensiven Chemie Investitionen und Arbeitsplätze immer stärker ins Ausland abwandern", warnte kürzlich VCI-Präsident Markus Steilemann, der auch Vorstandschef beim Kunststoffkonzern Covestro ist.
Quelle: ntv.de, jwu/rts