Wirtschaft

Reale Einkommen sinken Studie: Inflation frisst Tariferhöhungen

Unter Berücksichtigung der Inflationsrate sinken die Tariflöhne real um 3,6 Prozent. 

Unter Berücksichtigung der Inflationsrate sinken die Tariflöhne real um 3,6 Prozent. 

(Foto: picture alliance/dpa)

Die vereinbarten Tariferhöhungen gleichen einer Studie zufolge den Inflationsanstieg nicht aus. Beschäftigten droht ein Reallohnminus in diesem Jahr. Ausgerechnet eine Reihe von klassischen Niedriglohnbranchen steuert gegen.

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kritisiert in den aktuellen Lohnverhandlungen die Maßhalteappelle an die Gewerkschaften. Statt einer Lohn-Preis-Spirale drohten vielen Beschäftigten im zweiten Jahr in Folge deutliche Reallohnverluste. Nach Berechnungen des Instituts steigen die bislang vereinbarten Tariflöhne für 2022 durchschnittlich nominal um 2,9 Prozent. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate sinken die Tariflöhne damit real um 3,6 Prozent.

Die Berechnungen basieren auf den im ersten Halbjahr 2022 abgeschlossenen Tarifverträgen und den in den Vorjahren für 2022 bereits vereinbarten Tariferhöhungen. "Nachdem die Tariflöhne in den 2010er Jahren real relativ deutlich zugenommen haben, drohen 2022 für viele Beschäftigte im zweiten Jahr in Folge Reallohnverluste", sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. "Ein nüchterner Blick auf die Tarifdaten zeigt: Die viel beschworene Lohn-Preis-Spirale ist eine Fata Morgana.

Es besteht im Gegenteil die Gefahr, dass Reallohnverluste die private Nachfrage weiter schwächen und damit die wirtschaftliche Entwicklung zusätzlich beschädigen." Die bereits vor diesem Jahr vereinbarten Tarifabschlüsse für 2022 sehen nach Berechnungen des Instituts Lohnerhöhungen von lediglich 2,5 Prozent vor. Allerdings sei angesichts der im Zuge des Ukraine-Krieges deutlich gestiegenen Inflationsraten bei den im ersten Halbjahr 2022 erzielten Tarifabschlüssen auch ein Trend zu höheren Tarifzuwächsen erkennbar.

Mindestlohn ist wichtiges Instrument

Sie bleiben laut WSI aber mit durchschnittlich 4,5 Prozent hinter der aktuellen Preisentwicklung zurück. Dennoch gebe es auch einige Tarifbranchen, in denen gegen den Trend nicht nur die Preisentwicklung ausgeglichen werde, sondern darüber hinaus auch Reallohnzuwächse zu beobachten seien. Hierzu gehören laut WSI vor allem eine Reihe von klassischen Niedriglohnbranchen wie etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe, das Gebäudereinigungshandwerk oder die Leiharbeit.

"Mit außergewöhnlich hohen Entgeltzuwächsen reagieren diese Tarifbranchen auf den zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangel. Zugleich nutzen sie die von der Bundesregierung beschlossene Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro, um oberhalb dessen die tarifvertraglichen Entgeltstrukturen neu aufzubauen", sagte Schulten. "Entgegen mancher Kritik aus den Arbeitgeberverbänden erweist sich der Mindestlohn damit als ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Tarifvertragsbeziehungen."

Insgesamt deuteten die bisherigen Tariflohnvereinbarungen auf Reallohnverluste hin. Das WSI betonte allerdings, dass die Tarifrunde 2022 im zweiten Halbjahr durch eine Reihe weiterer Tarifverhandlungen komplettiert werde, die insgesamt die Tarifbilanz des Jahres noch verschieben könnten.

Quelle: ntv.de, Andrea Thomas

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