Wachstum ist überhitzt Studie: Russischer Kriegswirtschaft geht die Puste aus
30.01.2024, 14:03 Uhr Artikel anhören
Russische Sicherheitsmitarbeiter auf einer Waffenmesse in St. Petersburg.
(Foto: REUTERS)
Zwei Jahre Invasion in der Ukraine und westliche Sanktionen: Die russische Wirtschaft floriert dennoch. Aber damit könnte bald Schluss sein. Einer Prognose zufolge dürfte das Wachstum deutlich schrumpfen. Mittlerweile brauche Moskau den Krieg, so die Einschätzung.
Die vom Rüstungsboom befeuerte russische Wirtschaft kann ihr rasantes Wachstum laut einer Prognose nicht mehr fortsetzen. "Mittlerweile operiert sie an der Kapazitätsgrenze und zeigt zunehmende Überhitzungserscheinungen", hieß es vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW).
Laut der auf Osteuropa spezialisierten Denkfabrik expandierte die Volkswirtschaft voriges Jahr um 3,5 Prozent. Wegen der hohen Inflation und der auf 16 Prozent angehobenen Leitzinsen erwartet das WIIW dieses Jahr nur ein Wachstum von 1,5 Prozent.
"Russland ist immer mehr davon abhängig, dass der Krieg weitergeht. Die enormen Ausgaben dafür wirken wie eine Droge auf die Wirtschaft", sagte Vasily Astrov, ein Russland-Experte des WIIW. Etwa 29 Prozent des föderalen Haushalts würden dieses Jahr in das Wehr-Budget fließen, hieß es.
Nachfrage übersteigt Defizit
Auf die Frage, was die Umstellung auf Kriegswirtschaft bedeute, antwortete Russland-Experte Michael Rochlitz im Interview mit ntv.de Anfang Januar: "Putin hat die Investitionen in den Rüstungssektor massiv angehoben. Das hat erst mal zu einem großen Defizit, aber gleichzeitig auch zu einer Nachfrage nach Arbeitskräften geführt. Anfang 2023 hat man gedacht: Das kann die russische Wirtschaft nicht durchhalten. Inzwischen ist klar, im vergangenen Jahr hat der Investitionsanstieg im Rüstungssektor die russische Wirtschaft um 3,5 Prozent wachsen lassen."
Allerdings betonte er auch die Gefahren dieser Strategie: "Russland opfert momentan außerdem die Diversifizierung seiner Wirtschaft. Putin baut mit der Rüstungsindustrie gerade einen Sektor auf, der keine Zukunft hat. Sobald der Krieg vorbei ist, muss die Rüstungsindustrie wieder schrumpfen. Das wird ein großes innenpolitisches Problem, weil sehr viele Lobbygruppen daran interessiert sind, diese Pfründe zu behalten."
Das WIIW reduzierte seine Wachstumsprognose für die unter dem russischen Angriffskrieg leidende Ukraine für dieses Jahr um 1,2 Prozentpunkte auf 3 Prozent. Ein möglicher Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl in den USA mache die Zukunft westlicher Finanzhilfen für die Ukraine unsicherer, argumentierte das Institut.
Quelle: ntv.de, als/dpa