Wirtschaft

Athen dementiert Rentenkürzungen Tsipras ruft Kabinett zusammen

Alexis Tsipras hat derzeit eine Menge Abstimmungsbedarf.

Alexis Tsipras hat derzeit eine Menge Abstimmungsbedarf.

(Foto: REUTERS)

Schon am Sonntag könnte Griechenlands Ministerpräsident Tsipras nach Brüssel reisen. Dort muss er sich am Montag den Forderungen der Gläubiger stellen. Zuvor gibt es letzte Abstimmungen innerhalb der Regierung. Derweil ärgert sich Athen über einen deutschen Zeitungsartikel.

In Athen laufen die Vorbereitungen für den EU-Sondergipfel am Montag auf Hochtouren. Regierungskreisen zufolge tritt noch am Sonntag das Kabinett zusammen. Ministerpräsident Alexis Tsipras will den übrigen Regierungsmitgliedern die Position Athens schildern. Am Vortag hatte es im Regierungssitz mehrere Stunden lang Beratungen zu den von den Gläubigern geforderten Sparmaßnahmen gegeben. Tsipras könnte Regierungsinsidern zufolge schon heute nach Brüssel reisen, wo morgen die Staats- und Regierungschefs zusammenkommen.

Derweil verursacht ein Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" Aufregung in Athen. Demzufolge müssten sich griechische Rentner und Staatsbedienstete darauf einstellen, dass ihre Bezüge für Juni nicht voll ausgezahlt werden. Wegen stark gesunkener Steuereinnahmen dürften Athen bis zum Monatsende zwischen 2 Milliarden und 3,6 Milliarden Euro fehlen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf interne Berechnungen der internationalen Geldgeber. Die Regierung könne dann auch eine fällige Rate von 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds nicht begleichen.

Auch eine Einigung Athens mit den Geldgebern auf Reformen in der kommenden Woche würde an den Kürzungen dem Bericht zufolge nichts ändern. Da die Reformen erst noch im griechischen Parlament beschlossen werden und fünf nationale Parlamente einer Auszahlung zustimmen müssten, werde Athen frühestens Mitte Juli wieder liquide sein, hieß es.

Varoufakis appelliert an Merkel

Athen dementierte den Bericht: "Die Renten sind gesichert und werden an dem Tag gezahlt, an dem sie ausgezahlt werden müssen", sagte der Chef der größten griechischen Rentenkasse IKA, Yanis Theonas, im griechischen Fernsehen MEGA. "Die deutschen Zeitungen betreiben ihre eigene Politik." Vize-Finanzminister Dimitris Mardas sagte im Staatsfernsehen ERT1: "Ich weiß nicht, woher diese Fakten kommen. Wir werden die Renten und Löhne normal zahlen."

Ebenfalls in der "FAS" wendet sich Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis in einem Gastbeitrag direkt an Kanzlerin Angela Merkel. "Die deutsche Kanzlerin steht am Montag vor einer entscheidenden Wahl", schrieb er. Sie könne in eine "ehrenvolle Einigung" mit einer Regierung eintreten, die die "Rettungspakete" abgelehnt habe und eine Verhandlungslösung anstrebe. Oder sie könne "den Sirenen aus ihrer Regierung folgen", die einzige griechische Regierung über Bord zu werfen, die prinzipientreu sei und die das griechische Volk mitnehmen könne auf einen Pfad der Reform.

"Nun hängt alles an dem außerordentlichen EU-Gipfel am Montag", schrieb Varoufakis weiter. Er zeigte sich zu weiteren Kompromissen bereit, sollte die Kanzlerin in Brüssel ein deutliches Zeichen aussenden. "Wir von unserer Seite aus werden mit dem Entschluss nach Brüssel kommen, weiter Kompromisse einzugehen, solange wir nicht gefragt werden, das zu tun, was die vorherigen Regierungen taten - neue Schulden zu akzeptieren unter Bedingungen, die wenig Hoffnung bieten, dass Griechenland seine Schulden zurückzahlen kann", schrieb Varoufakis. Details zu einem Kompromissangebot nannte er nicht.

Schulz: Kein Grexit ohne EU-Austritt

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, warnte die griechische Regierung in der Zeitung eindringlich vor einem Bruch mit der Eurozone in der Annahme, anschließend Hilfsmittel aus dem EU-Budget zu erhalten. "Was nicht geht: Aus dem Euro ausscheiden, seine Schulden nicht zurückzahlen, aber erwarten, dass die Mittel aus dem EU-Haushalt weiter fröhlich fließen", sagte Schulz dem Blatt. Sprich: Für Schulz geht ein Grexit auch mit einem Ausscheiden Griechenlands aus der Europäischen Union einher.

Griechenland verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Geldgebern über die Bedingungen zur Auszahlung ausstehender Finanzhilfen von 7,2 Milliarden Euro. Streit gibt es vor allem über von den Gläubigern geforderte Einschnitte bei den Renten und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Gibt es in den kommenden Tagen keine Einigung mit den Gläubigern, drohen Griechenland die Pleite und womöglich ein Ausscheiden aus der Eurozone. Am Montag treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel zu einem außerplanmäßigen Gipfel, um über die Lage zu beraten.

Zuvor wird vermutlich die Europäische Zentralbank erneut über die Bewilligung sogenannter ELA-Kredite zur Überbrückungsfinanzierung der maroden griechischen Banken entscheiden. Den Instituten geht das Geld aus, da die Menschen in Griechenland in Massen ihr Erspartes von den Konten abheben - alleine am Freitag waren es 1,7 Milliarden Euro. Kommt es zu einem Kollaps aufgrund mangelnder Liquidität, müsste sich die EZB den Vorwurf gefallen lassen, Griechenland noch vor der politischen Entscheidung bei dem Gipfel fallen gelassen zu haben. Daher gilt als sicher, dass die Notkredite am Montag bei Bedarf aufgestockt werden.

Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP

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