Wirtschaft

Steuern für die Kriegskasse Warum Metro in Russland weiter Geld verdient

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Metro-Filiale in Wladikawkas. Der Düsseldorfer Konzern erwirtschaftet über zehn Prozent des Gesamtumsatzes auf dem russischen Markt.

Metro-Filiale in Wladikawkas. Der Düsseldorfer Konzern erwirtschaftet über zehn Prozent des Gesamtumsatzes auf dem russischen Markt.

(Foto: picture alliance / Anton Novoderezhkin/TASS/dpa)

Der deutsche Großhändler Metro versteht sich als Unterstützer der Ukraine, macht aber zugleich "business as usual" in Russland. Der Kreml verdient ordentlich mit. Kritik an diesem Spagat wehrt die Konzernführung ab, denn noch lohnt sich das Geschäft.

Auf den Tag genau ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hält der deutsche Großhandelsriese Metro seine Hauptversammlung ab. "Die Metro verurteilt ohne Wenn und Aber den Krieg Russlands gegen die Ukraine", sagte Konzern-Chef Steffen Greubel laut einem Auszug aus seiner Rede - und hängt gleich ein "Aber" hinterher.

Greubel zufolge sei "ein Festhalten an unserem Geschäft in Russland für Metro die richtige Entscheidung". Der Milliardenkonzern, der Gewerbetreibende mit Lebensmitteln versorgt, trage Verantwortung für seine zehntausend Mitarbeiter vor Ort. Zudem sei Russland "ein großes Geschäft mit Bedeutung für das Gesamtportfolio". Meint: In Russland lässt sich offenbar noch gutes Geld verdienen, auf das man nicht verzichten will.

Wie viel Geld, das zeigt eine neue Untersuchung der Kiew School of Economics und der Nichtregierungsorganisation B4Ukraine. Vier von fünf westlichen Unternehmen sind demnach weiterhin in Russland vertreten, darunter 262 aus Deutschland. Besonders heraus sticht die Metro AG. Umgerechnet rund 3,4 Milliarden Dollar sollen die Düsseldorfer dort im vergangenen Jahr eingenommen haben - deutscher Höchstwert und Platz acht auf der Gesamtliste.

Millionen gehen an den Kreml

Trotz der Sanktionen gegen Russland ist das völlig legal, wie auch Metro betont. Aber die dort verbliebenen Unternehmen würden über ihre Gewinnsteuer den Krieg mitfinanzieren, lautet der Vorwurf der Studienautoren. So hätten allein die deutschen Firmen im vergangenen Jahr umgerechnet 405 Millionen US-Dollar an ein Regime überwiesen, das sein Nachbarland seit knapp anderthalb Jahren mit Raketen und Bomben überzieht.

Der Konzern hält seinem Russlandgeschäft jedoch die Treue. "Wir reden hier über zehn Prozent des Umsatzes und 13 bis 14 Prozent des operativen Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen", sagte Greubel der "Welt". 93 Metro-Märkte gibt es in Russland, in Deutschland sind es mit 102 nicht viel mehr. Dem Konzern würden 150 Immobilien in Russland gehören, die Greubel "nicht einfach einem Oligarchen schenken" wolle.

Tatsächlich bemüht sich Russland, abzugswilligen Unternehmen Steine in den Weg zu legen. Jeder Verkauf muss vom Kreml bewilligt werden, dazu fehlt es oftmals an Käufern. Die Folge sind Deals jenseits vom eigentlichen Wert: Renault etwa hatte nach Kriegsbeginn seine russische Tochter Avtovaz für einen symbolischen Rubel verschenkt und damit einen Milliardenverlust erlitten.

Metro spielt auf Zeit

Eine Enteignung der wertvollen Immobilien in Russland will Metro um jeden Preis vermeiden. Auch würde "ein Marktaustritt einen späteren Wiedereintritt unmöglich machen", sagte der Marktanalyst Volker Bosse der "Süddeutschen Zeitung" vor rund einem Jahr. "Metro spielt in Russland in gewisser Weise auf Zeit."

Ein riskantes Spiel, wie sich heute zeigt. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres berichtete Metro in einer Pressemitteilung von "steigenden Umsätzen in allen Segmenten außer Russland". Auch für das weitere Jahr erwarte man, dass "der Umsatz in Russland im Vergleich zum Vorjahr zurückgehen wird". Selbst vom exklusiven Geschäftsmodell, nur Gewerbetreibende und Selbstständige in den Laden zu lassen, ist Metro abgerückt. Seit März können Russen ohne Kundenkarte einkaufen. Doch je länger sich der Krieg hinzieht und die russische Wirtschaft aufzehrt, desto höher dürften die Verluste für Metro ausfallen.

Noch aber hängt Metro am russischen Markt. Auch, weil der Konzern nach der Annexion der Krim 2014 das Russlandgeschäft keinem kritischen Blick unterzogen, sondern weiter vorangetrieben hat. Die beiden Filialen in Sewastopol und Simferopol wurden kurzzeitig geschlossen, öffneten aber bald wieder, ungeachtet der Besatzer, die sich auf der Halbinsel breitgemacht hatten.

"Sponsor des Krieges"

Vor allem in der Ukraine stößt das auf heftige Kritik. Ukrainische Mitarbeiter des Unternehmens protestierten schon kurz nach Kriegsausbruch gegen den Verbleib in Russland, stießen bei Chefetage und Aktionären aber auf taube Ohren. Erst im Mai veröffentlichte die Korruptionsbehörde in Kiew eine "Schwarze Liste", in der sie neben 25 weiteren Konzernen auch Metro als "Sponsor des Krieges" bezeichnete.

Am Russlandgeschäft ändert das nichts. Auf Anfrage von ntv.de verweist Metro auf die Rede von CEO Greubel im Februar. Zugleich betont der Konzern das eigene Engagement für die Ukraine. 525 Tonnen Lebensmittel etwa habe man den ukrainischen Streitkräften im vergangenen Jahr gespendet. Es seien große Anstrengungen unternommen worden, um 24 der 26 Filialen im Land auch unter Kriegsbedingungen offenhalten zu können. "We stand with Ukraine" - Wir stehen an der Seite der Ukraine -, schreibt Metro.

Quelle: ntv.de

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